Nein, zufällig verirrt sich niemand in diesen Flecken des Landes. Dichte Wälder verstecken das Dorf Bellelay im Berner Jura. ÖV-Verbindungen, um in die 30 Kilometer entfernten Delsberg und Biel zu gelangen, gibt es bestenfalls stündlich. Und das traditionsreiche Kloster beherbergt längst keine Mönche mehr, sondern Flüchtlinge.
Gerade deshalb kommt Bellelay eine nationale Ausstrahlung zu, findet Asylminister Beat Jans (SP). Denn bei der Einrichtung handelt es sich um ein Ausbildungszentrum, das Geflüchtete fit für den Pflegeberuf macht – in 20 Monaten. «Der Kanton Bern geht mit diesem Projekt, das gezielt auf das Prinzip ‹Integration von Anfang an› setzt, neue Wege», sagte Jans am Dienstag vor Ort. Er wünscht sich, dass Bellelay dem Bund und den Kantonen als «Vorbild» dient. Die Erfahrungen des Projekts fliessen zudem in die Ausarbeitung der neuen Asylstrategie ein.
Integrationsbemühungen gibt es zwar im ganzen Land. Neu in Bellelay ist, dass die Teilnehmenden eine standardisierte Ausbildung mit vier Modulen durchlaufen, bis sie das national anerkannte Pflegehelfer-Diplom des Schweizerischen Roten Kreuzes in den Händen halten. Zur Ausbildung gehören auch Sprachkurse (auf Französisch) und Praktika.
Seit der Eröffnung vor 16 Monaten hat das Zentrum 100 Personen aufgenommen: Manche kamen direkt vom Bundesasylzentrum, andere haben den Status als vorläufig Aufgenommene oder sind anerkannte Flüchtlinge. Die ersten schliessen die Ausbildung bald ab. Bei Andrea-Frida Mayala (39) aus der Demokratischen Republik Kongo ist es nächsten Frühling so weit. Im Unterschied zu den meisten anderen Teilnehmenden lebt sie nicht in den Zimmern mit vier bis sechs Betten im ehemaligen Kloster, das noch bis 2021 eine psychiatrische Klinik war. Vielmehr hat Mayala schon eine eigene Wohnung. Sie hat klare Vorstellungen für die Zukunft.« Ich will in der Pflege arbeiten und finanziell unabhängig sein», sagt die Kongolesin.
Mayala kam vor zweieinhalb Jahren in die Schweiz. In ihrem Heimatland hat sie nie im Pflegebereich gearbeitet. Das Praktika im Altersheim habe sie aber schnell überzeugt, zumal es in diesem Bereich viele Jobs gebe. Stichwort: Fachkräftemangel.
Gemäss der aktuellsten Ausgabe des Jobradars, welche die Arbeitsmarkt-Forschungsfirma X28 quartalsweise veröffentlicht, gibt es derzeit im Pflegebereich 14'166 offene Stellen. Das Bevölkerungswachstum und die Alterung führen dazu, dass sich die Situation weiter zu verschärfen droht.
Gleichzeitig liegt Potenzial brach: Bei den Menschen, die 2017 in die Schweiz flüchteten und vorläufig aufgenommen oder als Flüchtlinge anerkannt wurden, hat nach sieben Jahren nur die Hälfte eine Arbeit. Das zeigt die Statistik des Staatssekretariats für Migration. Bei später angekommenen Flüchtlingen dürften die Zahlen besser ausfallen, was mitunter den Anstrengungen in den letzten Jahren zu verdanken ist.
Das Ausbildungszentrum in Bellelay reiht sich in diese Entwicklung ein: Mit ihm – sowie einem zweiten eröffneten Zentrum in Ringgenberg bei Interlaken – wolle man die Integration verbessern und «den Personalmangel im Gesundheitswesen lindern», so der Berner Gesundheitsdirektor Pierre Alain Schnegg (SVP). Er hat das Projekt initiiert und kündigte am Dienstag an, das Modell auch auf andere Berufe ausdehnen zu wollen.
Nur wenige Stunden zuvor hatte sich seine Partei in Bundesbern ebenfalls die Zuwanderung vorgeknöpft. Sie macht diese für die steigenden Gesundheitskosten verantwortlich und fordert eine höhere Kostenbeteiligung von Zuwanderern sowie eingeschränkte Leistungen für Asylbewerbende.
Angriffige Rhetorik in Bundesbern, Optimismus in Bellelay: Der Kontrast könnte grösser nicht sein. Doch was ist mit den Kosten des Pionierprojekts? Während der Kanton Bern keine Zahlen liefern konnte, betonte Bundesrat Jans: «Die Rechnung geht für den Bund definitiv auf.» Dies, weil die Kantone Integrationspauschalen pro Person ausbezahlt erhalten. Wenn jemand eine Arbeit findet, werden diese hinfällig – und der Bund spart.
Natürlich sollen Geflüchtete Arbeit haben aber der SRK-Kurs ist (und ja denn habe ich absolviert) eher Augenwischerei. Lieber Intensiv Deutsch/Französich/Ital Unterricht und danach FaGe oder Dipl. ausbilden.