Der Showdown ist auf den 9. Dezember angesetzt. Zwei Tage nachdem die Bundesversammlung die Nachfolgerin für Simonetta Sommaruga und den Nachfolger von Ueli Maurer gewählt hat, steht die Neuverteilung der Departemente an. Diese erfolgt traditionell im geschlossenen Rahmen der sieben Regierungsmitglieder. Doch nun, eine Woche zuvor, ventilieren Parteistrategen ihre Forderungen, Wünsche und Angebote.
Die Ausgangslage verspricht Spannung. Da ist erstens ein Vorentscheid schon diesen Freitag. Zweitens droht ein Gigantenduell. Und drittens könnte eine neue Wendung Ignazio Cassis Pläne durchkreuzen.
Zunächst zum Vorentscheid von Freitag. Dann dürfte der Bundesrat laut Insidern entscheiden, wo das neue Bundesamt für Cybersicherheit angesiedelt wird: im Verteidigungsdepartement (VBS) von Viola Amherd oder dem Finanzdepartement (EFD). Gespräche zeigen nun, dass dieser Entscheid für Amherd von wegweisender Bedeutung ist: Komme die Cybersicherheit ins VBS, bleibe sie Verteidigungsministerin, heisst es. Werde das neue Bundesamt aber dem EFD angegliedert, hege sie Lust auf einen Wechsel ins Umwelt-, Verkehrs- und Energiedepartement (Uvek).
Dabei käme die Mitte-Bundesrätin den bürgerlichen Parteistrategen von FDP und SVP jedoch in die Quere. Diese haben teils öffentlich bereits Anspruch auf das nach Sommarugas Rücktritt vakante Uvek erhoben, am liebsten für den neuen Bundesrat der SVP, wohl Favorit Albert Rösti.
Das bürgerliche Manöver umfasst allerdings auch die Neubesetzung des Finanzdepartements, das nach Ueli Maurers Rücktritt verwaist ist. Und damit gelangen wir zum zweiten Punkt – dem Gigantenduell.
Denn beide Leitfiguren des Bundesrats, FDP-Bundesrätin Karin Keller-Sutter und SP-Bundesrat Alain Berset, hegen Ambitionen auf das Finanzdepartement. Die St.Gallerin musste nach der Wahl 2018 gegen ihren Willen mit dem Justizdepartement vorliebnehmen. Nun strebt sie einen Wechsel an. Doch auch Berset möchte nach zehn Jahren im Innendepartement eine neue Aufgabe – laut zuverlässigen Quellen am liebsten im Finanzdepartement.
Das Regierungskollegium könnte also schon in seiner ersten Sitzung in neuer Zusammensetzung vor einen heiklen Entscheid gestellt werden: Übergeht man das Anciennitätsprinzip und versagt dem dienstältesten Bundesrat, Alain Berset, seinen Wunschwechsel ins EFD? Oder bindet man schon wieder Keller-Sutter zurück?
Es ist dieses Dilemma, das uns zum dritten Punkt führt: Jener neuen Wendung, die zu einem persönlichen Drama für Bundespräsidenten Ignazio Cassis auswachsen könnte.
Der FDP-Bundesrat hat zuletzt in Interviews betont, ihm gefalle es im Aussendepartement, er habe gerade im Europadossier noch viel vor. Ein Departementswechsel, auch wenn er das nicht direkt sagte, ist für den Tessiner demnach kein Thema. Trotzdem wird er sich in den nächsten Tagen mit dieser Frage auseinandersetzen müssen. Denn im Parlament mehren sich die Stimmen, die auf eine grosse Departementsrochade drängen, die auch das EDA umfasst.
Cassis geniesse weder im Bundesrat noch bei den Sozialpartnern genug Vertrauen, um die Gespräche mit der EU über das künftige bilaterale Verhältnis und die nötigen Diskussionen im Inland zu einem erfolgreichen Abschluss führen zu können, sagen verschiedene Personen aus Parlament und Verwaltung. Untermauert wird diese Kritik mit jüngsten Volten: Nach der letzten Runde der Sondierungsgespräche mit der EU war in Brüssel und Bern von Erfolgen die Rede, man stehe kurz vor der Aufnahme der konkreten Verhandlungen. Doch der Bundesrat entschied, mit den Sondierungen fortzufahren. «Cassis wird vom Bundesrat nie ein Verhandlungsmandat erhalten», sagt ein einflussreicher Parlamentarier.
Vor diesem Hintergrund bringen SP-Kreise nun die Variante ins Spiel, dass Cassis das EDA verlässt und der neuen SP-Bundesrätin Platz macht. Cassis solle ins unbeliebte VBS wechseln und Amherd das Uvek übernehmen. Für Cassis wäre das die Höchststrafe, für Die Linke das Wunschszenario.
Angesichts der Kräfteverhältnisse in der Regierung dürfte sich das aber kaum erfüllen. Trotzdem ist eine Rochade im EDA möglich. Denn wie gut informierte Quellen bestätigen, sei Berset auch am EDA interessiert, sollte sein bevorzugter Wechsel ins EFD nicht zustandekommen.
Damit kommt eine Variante ins Spiel, die auch von wirtschaftsnahen Vertretern schon als Option gehandelt wurde: ein Departementstausch zwischen Berset und Cassis. Der studierte Arzt könnte sich um Gesundheits- und Sozialpolitik kümmern. Berset, der einst die Diplomatenlaufbahn einschlug, die Aussenpolitik lenken.
Doch ist die SP tatsächlich bereit, das Innendepartement abzugeben? Ja, sagen mehrere einflussreiche SP-Parlamentsmitglieder unisono: Politisch sei für die SP dort auf absehbare Zeit nicht viel zu holen. Im Gegenteil: Es sei für die Partei attraktiver, die Sozialpolitik des Bundesrats mit Initiativen und Referenden gegen einen bürgerlichen Magistrat anzugreifen.
Die SVP kriegt die Armee zurück. Da kann sie immerhin nicht zu viel kaputt machen.
Und Herr Cassis, machen Sie im Bundesrat bitte jmd. anderem Platz. Schankedön.