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Du willst nur das Beste? Voilà:
Mit musikalischen
Klängen eröffnete die Bundesversammlung ihre 50.
Legislatur. In der Wintersession stehen gewichtige Geschäfte an,
etwa das Bundesbudget 2016 und die Unternehmenssteuerreform III. Ein
Traktandum allerdings überstrahlt alle anderen: Die
Gesamterneuerungswahl des Bundesrats am 9. Dezember. Dann wird die
Frage beantwortet, die die politische Schweiz bewegt:
Wer folgt auf Eveline Widmer-Schlumpf?
Eine wichtige
Weichenstellung erfolgt heute Dienstag: Die Fraktionen von FDP, CVP,
BDP und GLP laden die drei offiziellen Bewerber der SVP – Thomas
Aeschi, Norman Gobbi und Guy Parmelin – zu Hearings ein, um ihnen
auf den Zahn zu fühlen. Die Grünen dagegen führen keine Anhörungen
durch: «Wir wählen niemanden in den Bundesrat, der aus der
Europäischen Menschenrechtskonvention austreten will», betonte
Co-Präsidentin Regula Rytz am Montag.
Die SP laviert noch,
sie wird erst heute entscheiden, ob sie die drei SVP-Bewerber anhören
will. Dies wäre am 8. Dezember der Fall, einen Tag vor der Wahl.
Auch bei den Sozialdemokraten gibt es kompromisslose Gegner eines
zweiten SVP-Bundesrats, allen voran der Aargauer Nationalrat Cédric
Wermuth. Die Basler Ständerätin Anita Fetz hingegen würde alle
drei Bewerber zum Hearing einladen, wie sie im Gespräch erklärte.
Dieser Standpunkt dürfte sich durchsetzen.
Zwei Punkte sind
absehbar: Wermuth und die Grünen werden mit ihrer Position
chancenlos sein. Der Anspruch der SVP auf einen zweiten Sitz ist bei
den Mitte-Parteien, die den Ausschlag geben werden, unbestritten.
Selbst Regula Rytz macht sich in dieser Hinsicht keine Illusionen.
Ebenso zeigt sich die politische Mitte wenig motiviert, durch die
Wahl eines «wilden» Kandidaten – etwa Thomas Hurter oder Heinz
Brand – eine Kraftprobe mit der SVP zu riskieren.
Falls nicht in der
nächsten Woche etwas ungewöhnliches geschieht, dürfte es auf einen
Bundesrat aus dem SVP-Dreierticket hinaus laufen. Die besten Chancen
scheint derzeit der Waadtländer Nationalrat Guy Parmelin zu haben.
Er gilt vor allem im Mitte-links-Lager als das «kleinste Übel».
Für Gesprächsstoff sorgte am Montag das Gerücht,
die «Weltwoche» wolle in ihrer nächsten Ausgabe ein Alkoholproblem des Winzers aus Bursins thematisieren.
So richtig daran
glauben mag im Bundeshaus niemand. Eine solche Enthüllung käme
einer totalen Desavouierung der SVP-Findungskommission gleich. Sie
wurde gegründet, um «unwählbare» Kandidaten auszusortieren. Ein
einflussreicher Mitte-Parlamentarier nennt ein weiteres Argument: «Wenn die SVP-Fraktion die Wahl eines Welschen verhindern wollte,
hätte sie Oskar Freysinger nominieren müssen.» Der Walliser ist
für die grosse Mehrheit des Parlaments ein rotes Tuch.
Parmelin hat
folglich gute Karten. Die Ausgangslage von Thomas Aeschi dagegen hat
sich verschlechtert. Der Zuger Nationalrat wirkte am Montag sichtlich
nervös. Ihm hängt der Ruf eines Strebers und Rechthabers an. Vor
allem aber gilt er als Zögling von Christoph Blocher, der angeblich
ohne Telefonat nach Herrliberg zu keiner Entscheidung fähig ist. Die
Einschätzung, wonach Aeschi Blochers Wunschkandidat ist, könnte
allerdings ein Irrtum sein.
Eine gewichtige
Stimme im Bundeshaus geht davon aus, dass der SVP-Vordenker den
Tessiner Norman Gobbi bevorzugt. Tatsächlich spricht einiges für
diese Version. Es muss Blocher ein Dorn im Auge sein, dass ihm
ausgerechnet im Südkanton, der bei den SVP-Kernthemen Ausländer-
und Europapolitik weit nach rechts gedriftet ist, die Lega dei Ticinesi vor dem Sünneli steht. Mit der Wahl von Lega-Regierungsrat
Gobbi wäre eine «Eingemeindung» der Protestpartei wohl nur eine Frage der Zeit. Die SVP wäre schlagartig die stärkste
Kraft im Tessin.
Es gibt weitere
Gründe, die für Gobbi sprechen. Mit seiner Mehrsprachigkeit und
seiner Italianità dürfte er in den Hearings punkten. Bereits bei
der Vorstellung des SVP-Dreiertickets am 20. November hinterliess er
den stärksten Eindruck. Ausserdem könnte er das «Tessiner
Problem» lösen. Die italienischsprachige Schweiz, die
sich vom Rest des Landes vernachlässigt fühlt, will nach 16 Jahren
Abwesenheit wieder im Bundesrat vertreten sein.
Wird mit Guy
Parmelin ein dritter Westschweizer gewählt, muss das Tessin wohl auf
Jahre hinaus in die Gotthardröhre schauen. Vier «Lateiner» gleichzeitig im Bundesrat sind kaum vermittelbar. Will man dieses
Szenario verhindern und hält man Aeschi für unwählbar, läuft es
auf einen Bundesrat Gobbi hinaus. So nebenbei liesse sich damit die Wahl des ebenso umtriebigen wie umstrittenen CVP-Ständerats
Filippo Lombardi als Nachfolger von CVP-Bundesrätin Doris Leuthard verhindern.
Noch ist Norman
Gobbi nicht gewählt, denn es spricht : Seine
Vergangenheit als «Eishockey-Hooligan» oder seine Zugehörigkeit
zu einer Partei, die in ihrer Zeitung «Il
Mattino della Domenica» regelmässig gegen die Deutschschweiz
allgemein und Bundesbern im Speziellen polemisiert. Doch selbst aus
den Reihen der SP könnte Gobbi vermutlich mit Stimmen rechnen, weil
er in sozialen Fragen nach links tendiert. auch manches gegen ihn
Nach den heutigen
Hearings wird noch nichts entschieden sein. Es wäre aber keine
Überraschung, wenn die Kurve von Norman Gobbi danach aufwärts
zeigt, jene von Guy Parmelin stabil bleibt und diejenige von Thomas
Aeschi einen Abwärtstrend aufweist.