Schweiz
Coop

Lieferanten unter Druck gesetzt: Jetzt gibt Coop nach

Lieferanten unter Druck gesetzt: Jetzt gibt Coop nach – und kommt damit Untersuchung zuvor

Der Grossverteiler nimmt die Zahlungsabwicklung wieder selber vor. Vor zwei Jahren hatte er diese Aufgaben ausgelagert und Lieferanten dazu gedrängt, über eine Inkassofirma abzurechnen.
02.03.2023, 03:5502.03.2023, 03:55
Pascal Michel / ch media
Mehr «Schweiz»

Fast 20 Milliarden Franken setzte Coop im Detailhandel im vergangenen Jahr um. Wer in solchen Dimensionen geschäftet, ist bei der Abwicklung der Lieferantenrechnungen mit einem erheblichen administrativen Aufwand konfrontiert. Diesen wickelte der Detailhändler bis vor zwei Jahren noch im eigenen Haus ab.

The logo of retailer Coop at the Coop branch in the shopping center Seewen Markt in Seewen, Canton of Schwyz, Switzerland, on May 15, 2018. (KEYSTONE/Gaetan Bally)..Das Coop Logo in der Filiale des De ...
Wie bei den Eigenmarken nimmt Coop auch das Heft bei der Zahlungsabwicklung wieder selbst in die Hand.Bild: keystone

Doch offenbar wurde Coop diese Arbeit zu mühsam: Damit sich der Detailhändler nicht mehr selber um die Rechnungsflut oder um die Archivierung von Unterlagen kümmern muss, lagerte er diese Aufgaben 2021 an die Inkassofirma Markant aus. Lieferanten, die Coop Waren verkaufen, stellen seither grossmehrheitlich ihre Rechnungen direkt an die Firma mit Sitz in Pfäffikon SZ.

Zwar räumt Coop seinen Lieferanten weiterhin die Möglichkeit ein, direkt beim Detailhändler abzurechnen. Doch wer dieses Angebot nutzen will, muss einen Aufpreis zahlen, wie die Wettbewerbskommission (Weko) von verschiedenen Lieferanten erfuhr. Coop habe «Druck auf die Lieferanten ausgeübt, damit diese ihre Lieferungen an Coop über Markant abwickeln», erklärt die Weko.

Aus Angst vor Repressalien wollen die Lieferanten nicht namentlich genannt werden. Sie können es sich nicht leisten, Aufträge an Coop zu verlieren. Wie hoch der Zuschlag für Lieferanten ist, die weiterhin über Coop abrechnen, ist nicht bekannt. Nur, dass es sich um einen «wesentlichen» Aufpreis handelt.

Coop macht die Zahlungsabwicklung wieder selber

Wegen Verdachts auf solche missbräuchlichen Bedingungen eröffnete die Wettbewerbskommission eine sogenannte Vorabklärung. Dabei ergaben sich auch Hinweise darauf, dass Coop «auf gewissen Beschaffungsmärkten von Gütern des täglichen Bedarfs eine marktbeherrschende Stellung» einnimmt.

Die Weko empfahl dem Grossverteiler daraufhin, auf eine «kostenneutrale Zahlungsabwicklung» umzustellen. Der Druck zeigte Wirkung: Coop hat sich nun entschieden, den Vertrag mit Markant per Ende 2023 zu kündigen, wie die Weko am Mittwoch mitteilte. Eine Coop-Sprecherin bestätigt die Umstellung. Künftig werde wieder direkt über Coop abgerechnet. Man werde die Lieferanten rechtzeitig informieren.

Damit entgeht Coop einer formellen Untersuchung durch die Wettbewerbshüter. Diese hätte auch die Frage beleuchtet, «ob und auf welchen Beschaffungsmärkten Coop tatsächlich eine marktbeherrschende Stellung aufweist und ob Coop diese Stellung missbrauchte».

Das ist insofern relevant, weil die beiden grossen Detailhändler Migros und Coop immer wieder im Verdacht stehen, ihre Marktmacht auszuspielen. Zuletzt stellte der Preisüberwacher mit Blick auf die Margen bei Bioprodukten die Frage, ob man bei den beiden Grossverteilern von «kollektiver Marktbeherrschung» ausgehen müsse, die den wirksamen Wettbewerb massiv behindere. Wäre die Weko im Rahmen einer Untersuchung zur Zahlungsabwicklung auf eine marktbeherrschende Stellung gestossen, hätte dies den Druck auf Coop und seine Preisgestaltung weiter erhöht.

Zogen Händler und Markant ein Kartell auf?

Während diese heiklen Fragen für Coop vorerst vom Tisch sind, stehen der Zahlungsabwickler Markant sowie einige Gross- und Einzelhändler weiter im Visier der Weko. Sie hatte unabhängig von der Vorabklärung bei Coop im September 2020 eine Untersuchung eröffnet und auch Hausdurchsuchungen durchgeführt. Der Vorwurf: Markant habe sich mit den Händlern abgesprochen, um Lieferanten zur Zahlungsabwicklung mit Markant zu drängen. Wollte ein Lieferant nicht mitmachen, drohte ihm das mutmassliche Kartell damit, seine Produkte aus dem Regal zu kippen. Diese Untersuchung dauert noch an. (bzbasel.ch)

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Das könnte dich auch noch interessieren:
48 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
OrDa84
02.03.2023 06:44registriert August 2021
Mir leuchtet nicht ganz ein, warum die Untersuchung wegen marktbeherrschender Stellung eingestellt wird. Die Zahlungsabwicklung hat ja damit nicht so viel zu tun. Oder ist das das "Zückerchen" der WEKO, weil Coop ohne grosses Murren eingelenkt hat?
752
Melden
Zum Kommentar
avatar
MacB
02.03.2023 05:59registriert Oktober 2015
Gut, wird diesem modernen Raubrittertum namens Markant Einhalt geboten.
705
Melden
Zum Kommentar
avatar
Bürgerliche wollen nur Steuergeschenke für Reich
02.03.2023 07:49registriert Mai 2015
Coop hat die Lieferanten gezwungen, die Zahlungsabwicklung über Markant zu tätigen, damit Coop via Markant noch mehr Marge von den Lieferanten erhält. Das ist der wahre Grund für die Einbindung von Markant.
Markant hat für die Bezahlung der Lieferantenrechnungen 2-3% des Rechnungsbetrages verlangt und 1% davon ging an Coop.
Damit hat Coop unerlaubterweise seine Marge erhöht, die sowieso schon bei rund 45% liegt, und Markant hat wie die Mafia Geld für keine Dienstleistungen erpresst.
607
Melden
Zum Kommentar
48
Britischer Basejump-Champion stirbt bei Sprung in der Schweiz
Der britische Meister im Wingsuit-Fliegen, Liam Byrne, ist bei einem Sprung in den Urner Alpen ums Leben gekommen. Er wurde nur 24 Jahre alt.

Byrne wollte mit zwei Kollegen aus 2400 Metern Höhe vom Gitschen, einem Berg in den Urner Alpen, springen. Dabei ist er am vergangenen Wochenende verunfallt, wie die BBC berichtet. Die Kantonspolizei Uri untersucht den Unfall.

Zur Story