Schweiz
Coronavirus

Parlamentarier boostern nach fünf Monaten

«Machen wir kein Büro auf wegen einem Monat»: Parlamentarier boostern nach fünf Monaten

Die Behörden halten für die Auffrischimpfung noch immer an der Frist von sechs Monaten zwischen zweiter und dritter Impfung fest. Doch die Frist bröckelt. Das zeigt das Parlament. Mit Omikron wächst der Druck.
15.12.2021, 09:57
Othmar von Matt / ch media
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Wird das Parlament privilegiert? Die Verwaltungsdelegation habe diese Frage lange diskutiert, sagt SVP-Ständerat Alex Kuprecht. Die Antwort: Nein. Es gebe genug Impfstoffe und Impftermine.
Wird das Parlament privilegiert? Die Verwaltungsdelegation habe diese Frage lange diskutiert, sagt SVP-Ständerat Alex Kuprecht. Die Antwort: Nein. Es gebe genug Impfstoffe und Impftermine.Bild: Keystone/Montage_CH Media

Wer sich in der Schweiz boostern lassen will, muss sechs Monate warten nach der zweiten Impfung. Die Behörden halten diese Grenze noch immer aufrecht – mit verbalen Seiltänzen. So sagte Patrick Mathys, Leiter Krisenbewältigung beim Bundesamt für Gesundheit (BAG), am Freitag, es sei offen, ob die Frist verkürzt werde. «Grundsätzlich ist das aber möglich.»

Im Parlament ist das bereits der Fall. 58 Parlamentsmitglieder haben sich am Dienstag vor zwei Wochen boostern lassen. Möglich war das für Ratsmitglieder, deren zweite Impfung mindestens fünf Monaten her ist.

Das bestätigt SVP-Nationalrat Thomas Hurter. Er ist einer der Parlamentarier, der die Auffrischimpfung erhielt, obwohl seine zweite Impfung erst fünf Monate und 14 Tage alt war. Er hatte den Parlamentariergrippeimpftag besucht, den die Schweizer Gesundheitstage seit 2012 durchführen. Da wurden erstmals auch Covid-Impfungen verabreicht. Auf der Einladung war von erster und zweiter Impfung die Rede. Doch schnell wurde klar: Alle Ratsmitglieder wollten eine Booster-Impfung.

«Wer sich boostern lassen kann, soll es tun»

«Da ich als Pilot sehr viel international unterwegs bin, lasse ich mich jedes Jahr gegen die Grippe impfen», sagt Nationalrat Hurter. «Als ich sah, dass man sich auch boostern lassen kann, tat ich dies.» Dass dazu nicht die vollen sechs Monate nötig waren, findet er gut: «Wer sich boostern lassen kann und das auch will, soll es tun.»

Boostern liess sich auch SP-Nationalrätin Edith Graf-Litscher – sechs Monate und einen Tag nach der zweiten Impfung. «Als Parlamentarierin kann ich so einen wichtigen Beitrag leisten, um das epidemiologische Geschehen einzudämmen.»

In Absprache mit der Gesundheitsdirektion des Kantons Bern

Leiter des Grippeimpftags war Roger Konrad. Er ist von der medizinischen Kommunikationsagentur Iaculis. Ihr gehört die Plattform Schweizer Gesundheitstage. «Wir verabreichten die Booster-Impfung in Absprache mit der Gesundheitsdirektion des Kantons Bern fünf Monate nach der zweiten Impfung», sagt er.

«Nicht geimpft wurde, wenn die zweite Impfung noch nicht fünf Monate her war.» Im System sei ersichtlich, wer wann geimpft worden sei. «Wir stellten auch gleich das neue Covid-Zertifikat aus.»

Die Schweizer Gesundheitstage führten den Grippeimpftag mit der Klinik für Infektiologie und mit dem Impfzentrum des Inselspitals durch. «Die medizinische Verantwortung für das Boostern lag bei den Fachpersonen von der Klinik für Infektiologie», sagt Konrad.

Über 60 Ratsmitglieder bei der zweiten Booster-Aktion

Die Parlamentsdienste haben nun in Zusammenarbeit mit dem Kanton Bern noch eine zweite Booster-Aktion auf die Beine gestellt. Sie findet am Donnerstag statt. «Stand jetzt haben sich etwas mehr als 60 Ratsmitglieder angemeldet», sagt Lucienne Vaudan, Sprecherin der Parlamentsdienste.

«In der derzeit kritischen Pandemie-Lage hat auch das Parlament einen Beitrag zu leisten, um das epidemische Geschehen möglichst einzudämmen», schreibt die Verwaltungsdelegation des Parlaments im Aufruf an die Ratsmitglieder. Deshalb führe sie eine Booster-Aktion für das Parlament durch. Sie hält im Schreiben fest: «Die Eidgenössische Kommission für Impffragen empfiehlt eine Auffrischungsimpfung sechs Monate nach Erhalt der zweiten Dosis.»

Ärztin vor Ort entscheidet im Zweifelsfall

Damit ist klar: Am Booster-Anlass der Parlamentsdienste dürfte die Sechs-Monate-Regelung weniger flexibel ausgelegt werden als noch am Grippeimpftag. Sprecherin Lucienne Vaudan sagt aber immerhin: «Falls bei einzelnen Ratsmitgliedern seit der zweiten Impfung noch nicht sechs Monate vergangen sind, obliegt es der Ärztin oder dem Arzt, vor Ort zu entscheiden, ob eine frühere Booster-Impfung möglich ist.»

Ähnlich formuliert es Gundekar Giebel, der Leiter Kommunikation der Gesundheitsdirektion des Kantons Bern. «Wer die Frist fast erfüllt, kann sich ausnahmsweise boostern lassen», sagt er, aber er betont: «Off-the-Label, nach einer Beratung und auf eigene Verantwortung.»

Die Booster-Aktion vom Donnerstag war die letzte Amtshandlung von SVP-Ständerat Alex Kuprecht als Präsident der Verwaltungsdelegation des Parlaments. «Machen wir doch kein Büro auf wegen eines Monats», sagt er. Man habe intern lange diskutiert, ob das Parlament mit dieser Aktion privilegiert werde – und sei zum Schluss gekommen: Nein. Es gebe genügend Impfstoff und auch genügend Impftermine. (aargauerzeitung.ch)

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93 Kommentare
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anonymer analphabet
15.12.2021 10:22registriert April 2016
"Es gebe genügend Impfstoff und auch genügend Impftermine"

Nein stimmt so nicht, der stink normale Pöbel wie ich kriegt einen Boostertermin erst nach 6 Monaten.

Solche Herren wie Kuprecht *#°^• mich an!
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Yankee25
15.12.2021 10:34registriert September 2018
Bürokratie so. 30% wollen sich nicht impfen. Ich geimpft, möchte boostern. Muss aber warten bis Tag X durch ist. Also noch 1 Monat warten. Zusammengefasst: Ich will, darf aber nicht.
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Ueli_DeSchwert
15.12.2021 10:19registriert September 2018
Joa, wäre schön wenn man jetzt auch an anderen Orten nicht 1 Monat warten müsste...
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