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Berset: «Ich habe die Wissenschaft zu wenig hinterfragt»

Berset: «Ich habe die Wissenschaft zu wenig hinterfragt»

21.05.2021, 06:3221.05.2021, 13:30
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Gesundheitsminister Alain Berset hat in einem Interview persönliche Fehler in der Bekämpfung der Pandemie eingeräumt. «Ich habe am Anfang die Wissenschaft zu wenig hinterfragt», sagte er am Donnerstagabend in einem Interview mit der SRF-TV-Sendung «Gredig direkt».

Es sei im vergangenen Jahr zu Beginn der Pandemie «sehr angenehm gewesen», als der Bundesrat im Einzelnen einfach die Position der Wissenschaft angehört und diese umgesetzt habe. «Dies hat dazu geführt, dass wir behauptet haben, dass Masken sogar schädlich sein könnten», sagte der 49-jährige SP-Politiker.

Bundesrat Alain Berset aeussert sich an einer Medienkonferenz zu Covid 19 Massnahmen, am Mittwoch, 28. April 2021, in Bern.(KEYSTONE/Peter Schneider)
So viele Pressekonferenzen zu einem Thema gab es noch nie: Innenminister Alain Berset am 28. April in Bern.Bild: keystone

Die offizielle Position von vielen Experten aus der Wissenschaft habe damals gelautet, dass man in der Bevölkerung die korrekte Anwendung der Hygienemasken nicht einfach voraussetzen könne, und eine falsche Handhabung sogar schädlich sein könnte. «Im Nachhinein muss ich sagen, dass ich das mehr hätte hinterfragen müssen», sagte Berset.

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Der Minister verneinte allerdings, dass der Bund zunächst vom Tragen von Masken nur deshalb abgeraten habe, weil zu Beginn in der Schweiz zu wenig Exemplare für alle verfügbar waren. Wäre die Regierung damals der Überzeugung gewesen, dass Masken hilfreich seien, hätte man sich einfach mit dem vorhandenen Material arrangieren müssen, sagte Berset.

Dagegen pries Berset die Entscheide des Bundes in der Impfkampagne. In der Schweiz würden die besten Impfungen gegen das Coronavirus eingesetzt, die es weltweit gebe, sagte der Gesundheitsminister. Es würden nur modernste Impfungen mit der mRNA-Technologie verabreicht. Bis im Sommer könnten das nur sehr wenige Länder überhaupt tun.

Die Krise habe den Teamgeist im Bundesrat gestärkt, meinte Berset weiter. Die Situation sei zeitweise allerdings «physisch sehr brutal» gewesen für alle Mitglieder des Bundesrats. Er habe nicht gewusst, ob er «das aushalten kann», sagte Berset.

Nach dem ersten Schock sei er Ende April und Mitte Mai 2020 «richtig erschöpft» gewesen. Er habe unter sehr starkem Druck gestanden. Schlafen habe er aber glücklicherweise immer sehr gut können. (sda)

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183 Kommentare
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lumpensammlerin
21.05.2021 07:12registriert Mai 2019
"man könne in der Bevölkerung die korrekte Anwendung der Hygienemasken nicht einfach voraussetzen".
Nach bald einem Jahr Masken tragen sehe ich leider immer noch täglich Menschen, die die Aussage immer noch und immer wieder bestätigen.
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MrBlack
21.05.2021 06:55registriert September 2016
Dayls finde ich jetzt aber sehr schwach, die Verantwortung von sich zu weisen und "die Wissenschaft" verantwortlich zu machen. Es war doch vor Allem das BAG, das die ganze Zeit von Masken abgeraten hat.
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Mätse
21.05.2021 09:26registriert September 2015
Es war ein brutaler und sehr schwieriger Job den der Bundesrat hier hatte. Berset hat das grundsätzlich extrem gut gemacht. Dass man im Nachhinein dies und das anders machen würde, gehört zu einer Krise dazu. Berset nimmt sogar Kritik an und reflektiert sein Handeln.
Ich behaupte, Berset wird als grosser Bundesrat "positiv" in die CH-Politikkgeschichte eingehen.
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