Lieber Herr Berset
Sie haben heute im Namen des Bundesrates den Drei-Phasen-Öffnungsplan entlang der Durchimpfungsrate vorgestellt.
Dabei sind Sie gefragt worden, ob damit nicht alle jene «bestraft» würden, die sich nicht impfen lassen wollen. Weil sie dann an vielen Orten und vielen Anlässen unerwünscht sein werden.
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Darauf haben Sie das einzig Richtige geantwortet. Nämlich, dass es kein persönlicher Entscheid ist, ob man sich impfen lässt oder nicht. Geimpft wird man so oder so. Entweder via Spritze oder via Infektion, also mit entweder einem kleinen Coronavirus-Bauplanteil – oder halt mit der vollen Dröhnung.
Denn, und das haben Sie auch ziemlich deutlich gesagt, die Öffnungen kommen nicht erst dann, wenn die Herdenimmunität herbeigeimpft ist. Sondern sobald «alle impfwilligen Erwachsenen vollständig durchgeimpft» oder die Durchimpfungsrate bei zwei Dritteln der «erwachsenen Bevölkerung» liegt. Und damit hoch genug, dass eine Überlastung des Gesundheitssystems unwahrscheinlicher wird, wenn das Virus den ungeimpften Rest unkontrolliert durchseucht.
Die Botschaft des Bundesrates ist en bref also schön klar: Wir machen früh auf, entweder man lässt sich vor den Öffnungen impfen oder man infiziert sich danach.
Das macht Sinn. Man kann nicht die impfwillige Mehrheit weiter mit Massnahmen belasten, bloss weil sich eine Minderheit nicht impfen lassen will. Und es ist gleichzeitig bestechend fair. Die Erwachsenen können sich gut aufgeklärt für die Impfung oder die mehr oder weniger garantierte Infektion entscheiden.
Aber was ist mit den Jugendlichen? Von denen ist im Drei-Phasen-Plan keine Rede. Natürlich aus Gründen. Denn wenn man sie erwähnte, müsste man konsequenterweise auch sagen, dass sie ohne Wahl in die Durchseuchungsgruppe eingeteilt werden.
Sehr stilvoll ist diese Nichtkommunikation nicht gerade.
Schliesslich waren es die Jugendlichen, die in dieser Pandemie zugunsten der älteren Generationen auf ziemlich viel verzichtet haben, während sie selbst vor dem Coronavirus nicht viel zu befürchten hatten.
Da wäre es das Mindeste, Ihnen wenigstens reinen Wein einzuschenken. Das wird schräg rüberkommen: «Party läuft wieder, bitte gemäss bundesrätlichem Öffnungsplan infizieren!»
Aber wenigstens wäre es ehrlich.
Dafür könnte man die Jugendlichen im Gegenzug von der Pflicht befreien, irgendwelche Test- oder Genesungs-Atteste vorzeigen zu müssen, wenn sie unverschuldet ungeimpft wieder am prallen Leben teilhaben wollen.
Setzen Sie das doch bei Gelegenheit auf die Bundesrats-Agenda.
Hochachtungsvoll
Ihr Maurice Thiriet
Alle Personen ab 16 Jahren sind bisher für eine Impfung zugelassen und im Moment wird erprobt, ob der Impfstoff auch für Jüngere freigegeben werden kann.