Kurz vor Weihnachten wütet die neue Virusvariante Omikron auch in der Schweiz und treibt die Fallzahlen in die Höhe. In der zweiten Januarwoche könnte es zu 25000 Ansteckungen pro Tag kommen. Das zeigt eines der Szenarien der wissenschaftlichen Taskforce des Bundes.
In einer Lagebeurteilung vom Montag präsentierten die Experten neue Zahlen, die auf der erhöhten Übertragbarkeit von Omikron basieren. In Südafrika, Grossbritannien und Dänemark verdoppelten sich die Omikron-Fallzahlen jeweils innert kürzester Zeit, so die Wissenschafter.
Gleichzeitig haben hierzulande nur 18.8 Prozent die Boosterimpfung erhalten. Das Weihnachtsfest könnte noch glimpflich verlaufen. Patrick Mathys vom BAG bezeichnet diese Tage als «Ruhe vor dem Sturm». Die Frage ist aber: Was passiert, wenn der Sturm losgeht?
Der Solothurner FDP-Nationalrat Kurt Fluri schlägt Alarm:
Omikron verbreite sich dermassen schnell, dass dem Bundesrat wohl keine Zeit bleibe, um Vernehmlassungen in den Kantonen durchzuführen. «Der Bundesrat muss fähig sein, situativ und schnell reagieren und entscheiden zu können, wenn sich die Lage weiter verschlimmert.» Es sei ähnlich wie in der ersten Welle, und wenn die Fallzahlen und Hospitalisierungen weiterhin steigen, dann könnte es noch dramatischer werden.
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Der Schweizer Staatsrechtler René Rhinow sagt im Interview: «Ich gehe davon aus, dass die Voraussetzungen für die ausserordentliche Lage erfüllt wären, jedenfalls angesichts der drohenden Entwicklung.» Ein anderer prominenter Staatsrechtler, Rainer J. Schweizer, sagte gegenüber dem «Blick»: «Wenn ich sehe, dass die Intensivstationen zahlreicher Spitäler schon wieder voll sind und wir mehr Todesfälle zu beklagen haben als bei anderen Wellen, dann ist es eindeutig: Wir befinden uns wieder in der ausserordentlichen Lage.»
Am Mittwoch haben Medizinethiker einen Appell mit hoher Dringlichkeit veröffentlicht. Sie warnen vor Triagen in den Spitälern. «Wir sind erneut in einer sehr kritischen Phase», schreiben sie. Die neue Virusvariante könne zu einem plötzlichen und starken Wiederanstieg der Fallzahlen und Spitaleinweisungen führen. «Ein zu langes Zögern hat fatale Folgen», so die Medizinethiker an die Adresse der Behörden.
Auch FDP-Nationalrat Philippe Nantermod zeigt sich besorgt. Die Zahl der Hospitalisierungen sei ausschlaggebend.
Denn vor allem Ungeimpfte hätten schwere Verläufe. Nicht nur, so die Medizinethiker: «Durch die hohen Ansteckungsraten erkranken auch geimpfte, medizinisch vulnerable Personen, wieder schwer an Covid.»
Ausserdem werden aufgrund der erwarteten Neuinfektionen auch viele arbeitstätige Personen erkranken, die dann wegen Isolation oder Quarantäne ausfallen. Es stellt sich die Frage, ob die sogenannte «kritische Infrastruktur» noch ausreichend betrieben werden kann. Ohne Pflegende, Busfahrer, Lokführerinnen, Müllmänner und AKW-Mitarbeitende – also ohne all die systemrelevanten Arbeitstätigen – dürfte der Alltag in der Schweiz rasch zusammenbrechen.
Beim Bund sei man darauf vorbereitet, betont Patrick Mathys, Leiter der Sektion Krisenbewältigung beim BAG. Nach zwei Jahren Pandemie gehe er davon aus, dass die betroffenen Betriebe Vorkehrungen getroffen und eine Planung für die Aufrechterhaltung des Betriebs im Notfall ausgearbeitet hätten.
Mathys zeigt sich verhalten optimistisch: «Die erwarteten hohen Fallzahlen können eine Herausforderung werden, aber ich glaube nicht, dass wir in eine Situation kommen, wo dann nichts mehr funktioniert.»
Danke an alle die sich impfen lassen haben. Leider haben nicht alle das herz auf dem rechten fleck...