Der Bundesrat war dagegen, aber eine Mehrheit des Parlaments liess sich davon nicht beeindrucken: National- und Ständerat haben in der Wintersession im Covid-Gesetz festgehalten, dass der Bund die Kosten für Covid-Tests in den allermeisten Fällen wieder übernimmt. Die Änderung, welche am Freitag in der Schlussabstimmung besiegelt wird, betrifft in erster Linie die Kostenübernahme von Antigen-Schnelltests bei asymptomatischen Personen.
Diese Tests mussten seit dem 11. Oktober aus der eigenen Tasche bezahlt werden. Damals schaffte der Bundesrat mit Verweis auf die hohen, wiederkehrenden Kosten von bis zu 50 Millionen pro Woche die Gratistests ab. Ohne dass er dies offen sagte, wollte er mit dem Schritt auch die Impfquote erhöhen: Wenn Ungeimpfte regelmässig für Tests bezahlen müssen, um an ein gültiges Covid-Zertifikat zu kommen, könnte das zum (kostenlosen) Impfen motivieren, so die Überlegung. Doch einen allzu grossen Run auf die Impfungen löste der Entscheid nicht aus.
Dank dem Entscheid des Parlaments kommen nun auch Ungeimpfte wieder kostenlos zum Zertifikat. Und zwar schon bald: Der Bundesrat hat die entsprechende Änderung der Verordnung unter Vorbehalt des Ausgangs der Parlamentsberatung bereits letzte Woche den Kantonen zur Konsultation vorgelegt. Die Rückmeldungen sind mehrheitlich positiv. Bereits am Samstag soll das neue Testkostenregime in Kraft gesetzt werden. Offiziell entscheidet die Landesregierung an ihrer Sitzung vom Freitag darüber.
Gemäss Schätzungen betragen die wöchentlichen Ausgaben für das neue Testkostenregime 41 Millionen Franken. Im Parlament störten sich nur vereinzelte Stimmen an dieser Summe. Doch jetzt ist vor der Sitzung des Bundesrats eine Diskussion über die finanziellen Folgen des Entscheids entbrannt.
Diese dreht sich um die praktischen Auswirkungen des neuen Testkostenregimes auf die einzelnen «Leistungserbringer». So werden im Verordnungstext Apotheken, Arztpraxen, Spitäler oder private Unternehmen genannt, welche Tests anbieten. Gemäss dem aktuell geltenden «Pandemietarif Coronavirus» können sie dem Bund maximal 36 Franken pro durchgeführtem Antigen-Schnelltest in Rechnung stellen. Bis Mitte November lag der Höchstwert gar bei 47 Franken.
Trotz der Preissenkung: Die Vergütung des Bundes für die Antigen-Schnelltests liegt deutlich über den Preisen, die viele (vor allem privat betriebene) Testzentren heute ihren Kunden in Rechnung stellen. Der Zürcher Nationalrat Nik Gugger (Mitte-EVP) verlangt von Bund und Krankenversicherer, dass sie sich bei der Abrechnung von den Testzentren «nicht über den Tisch ziehen lassen». Er rechnet vor: Wer bisher mit Antigen-Schnelltests für 20 Franken pro Kunde gewinnbringend wirtschaften konnte und neu dem Bund 36 Franken in Rechnung stellen darf, steigert seinen Profit um 16 Franken. «Ein Riesengeschäft ohne wirklichen Mehraufwand», so der Winterthurer.
Für Gugger ist deshalb klar: «Der Bund muss bei der Tarifstruktur und den Kontrollmechanismen nochmals über die Bücher, sonst schütten wir Steuergelder in ein Fass ohne Boden.» Ihm schwebt ein Maximalbetrag von 25 Franken anstatt 36 Franken vor. Den aktuellen Höchstwert hält auch Preisüberwacher Stefan Meierhans für «ziemlich hoch», wie er am Donnerstag dem «Blick» sagte. Er werde dem Bundesrat eine Empfehlung für eine tiefere Vergütung abgeben, gab er an, ohne eine konkrete Zahl zu nennen.
Das zuständige Bundesamt für Gesundheit (BAG) hält auf Anfrage fest, dass der Bund «maximal die effektiven Kosten» von Covid-Tests übernehme, im Falle von Antigen-Schnelltests bis zum erwähnten Höchstbetrag von 36 Franken: «Dem Bund darf nicht mehr verrechnet werden als einem Selbstzahler.» Im November sei die Covid-Verordnung um diese Klarstellung ergänzt worden.
Dennoch: Missbrauch von Bundesgeldern durch Testanbieter ist zukünftig nicht auszuschliessen. Denn zumindest bei den Antigen-Schnelltests gibt es ab Samstag keine Selbstzahler-Preise mehr, mit denen man die dem Bund verrechneten Preise vergleichen könnte – weil sämtliche dieser Tests vergütet werden. Testanbieter könnten versucht sein, mit Verweis auf angeblich gestiegene Fixkosten ihre Preise anzuheben. Das umgekehrte Phänomen war Mitte Oktober zu beobachten: Nachdem der Bund die Testkosten nicht mehr erstattete, sanken die Preise fast flächendeckend.
Systematische Kontrollen gibt es nicht. Ob die Leistungserbringer korrekt abrechnen, müssen die Krankenversicherer überprüfen. Diese bezahlen den Testanbietern die Testkosten und stellen sie später dem Bund in Rechnung. Beim BAG heisst es, dass die Tarife «ständig überprüft und falls angezeigt angepasst» würden. Zum letzten Mal geschah dies im November.
Wie CH Media aus verlässlicher Quelle weiss, wird die Tarifstruktur bereits im Januar wieder einer Prüfung unterzogen. Dabei sollen insbesondere die Folgen der Ausweitung der Testkostenübernahme, allfällige Hinweise auf missbräuchliche Abrechnungen und die Umwälzungen im Testmarkt durch mögliche neue Massnahmen wie der 2G-Regel miteinfliessen.
Sollte die Tarifstruktur nach unten angepasst werden, so hätten insbesondere die Apotheken keine Freude: «Die Apotheken haben eine andere Kostenstruktur und haben viele Ressourcen in die Bekämpfung der Gesundheitskrise gesteckt», sagt Yves Zenger, Sprecher des Branchenverbands PharmaSuisse.
Mit dem vom Bund vergüteten Maximalbetrag von 36 Franken sei es schon schwierig, den grossen Aufwand zu decken. Bei einer weiteren Senkung stehe zu befürchten, dass sich viele Apotheken nicht mehr in der Lage sehen würden, Covid-Tests anzubieten, gibt Zenger zu bedenken.
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