Schweiz
Familie

Kinderbonus bei der AHV-Rente für Eltern fällt im Parlament durch

Gute Rahmenbedingungen für berufstätige Eltern: eine von sechs Forderungen der SP-Bundeshausfraktion zur Gleichstellung für die kommende Legislatur. (Themenbild)
Nachwuchs wird rar: Angesichts der sinkenden Geburtsrate wollen Ökonomen Eltern mit einem Bonus bei der AHV belohnen.Bild: KEYSTONE

«Total daneben»: Kinderbonus bei der AHV-Rente für Eltern fällt im Parlament durch

Im Kampf gegen die sinkende Geburtenrate fordern Ökonomen höhere Renten für Eltern. Im Parlament wird die Idee von links bis rechts zerzaust.
16.07.2023, 17:2416.07.2023, 17:30
Christoph Bernet / ch media
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Die Geburtenrate in der Schweiz ist auf einen historischen Tiefstwert gesunken: Gemäss den jüngsten Zahlen des Bundesamts für Statistik (BFS) kamen letztes Jahr pro Frau nur noch 1.39 Kinder zur Welt. Dies hat Konsequenzen auf die Altersvorsorge. Der demografische Wandel macht die nachhaltige Finanzierung insbesondere der AHV in Zukunft noch anspruchsvoller.

Derzeit finanzieren 3.1 erwerbstätige Personen eine Altersrente. Das BFS geht in seinen Prognosen bis 2050 mit einer Geburtenrate von im Vergleich zu heute optimistischen 1.62 Kindern pro Frau aus. Doch selbst dann kämen im Jahr 2058 nur noch zwei Beitragszahlende auf eine Rentnerin oder einen Rentner.

In der «NZZ am Sonntag» schlägt der Ökonom Wolfram Kägi vom Basler Beratungsbüro BSS – gemeinsam mit anderen Berufskollegen – deshalb vor, die Höhe der AHV-Rente an die Zahl der eigenen Kinder zu koppeln. «In der AHV wird die Rendite der Kinder sozialisiert, während die Kinderkosten zum grossen Teil privat zu tragen sind». Eine kinderabhängige Rente bringe somit nicht nur mehr Gerechtigkeit, sondern verbessere ebenso die finanzielle Nachhaltigkeit der AHV.

«Staat soll keine Geburtenpolitik machen»

Thomas Aeschi, SVP-ZG, spricht waehrend der Debatte um die BVG-Reform, waehrend der Fruehlingssession der Eidgenoessischen Raete, am Dienstag, 28. Februar 2023, in Bern. (KEYSTONE/Peter Klaunzer)
SVP-Fraktionschef Thomas Aeschi ist nicht überzeugt von der Idee.Bild: keystone

Bei der Politik hingegen fällt der Vorschlag querbeet durch. SVP-Fraktionschef Thomas Aeschi kann mit der Idee wenig anfangen. Er gibt zu bedenken: Ein AHV-Bonus für Eltern differenziere nicht, ob deren Kinder gut verdienten und ergo gute AHV-Beitragszahler oder lebenslange Sozialhilfebezüger seien. «Im Kampf gegen die sinkende Geburtenrate müsse man die traditionelle Familie stärken, statt in der Altersvorsorge ein systemfremdes Element wie den Kinderbonus einzuführen», sagt Aeschi. Mehrheitsfähige Reformen bei der AHV seien ohnehin schon schwierig zu bewerkstelligen.

Andri Silberschmidt, FDP-ZH, spricht waehrend der Debatte um die Renteninitiative, waehrend der Sommersession der Eidgenoessischen Raete, am Montag, 5. Juni 2023, in Bern. (KEYSTONE/Peter Klaunzer)
FDP-Nationalrat Andri Silberschmidt ist der Meinung, dass der Staat keine Geburtenpolitik machen solle.Bild: keystone

Für FDP-Nationalrat Andri Silberschmidt muss die Finanzierungsgrundlage der AHV der Geburtenrate angepasst werden, nicht umgekehrt: «Der Staat soll keine Geburtenpolitik machen. Das hat für mich nichts mit einer liberalen Gesellschaft zu tun.» Die AHV soll Grundsicherung im Alter für alle da sein. «Ich finde es falsch, sie an Bedingungen wie die Anzahl Kinder zu knüpfen», so Silberschmidt.

Für Mitte-Nationalrat Thomas Rechsteiner passt der Vorschlag der Ökonomen, die Rentenhöhe an die Anzahl Kinder zu binden, nicht zum breit anerkannten Grundprinzip der ersten Säule, das er als «Leistungsprinzip mit grosser Solidarität» bezeichnet. Hinzu komme, dass viele Menschen auch unfreiwillig kinderlos blieben. «Das macht die vorgeschlagene Diskriminierung der Kinderlosen noch zusätzlich unpraktikabel.»

Die unterlegene Kandidatin Barbara Gysi (SP), am Sonntag, 30. April 2023, im Pfalzkeller in St. Gallen. Im Kanton findet heute der zweite Wahlgang fuer die Nachfolge des zurueckgetretenen Staenderates ...
Auch SP-Nationalrätin Barbara Gysi hält nichts von dem Vorschlag.Bild: keystone

SP-Nationalrätin Barbara Gysi findet den Vorschlag «total daneben». Dieser spiele Familien gegen Kinderlose aus und befeure die gesellschaftliche Entsolidarisierung: «Wenn Kinderlose in der Altersvorsorge diskriminiert werden, könnten diese die Finanzierung der Schulbildung mit ihren Steuergeldern oder anderes infrage stellen.» Die finanzielle Entlastung von Eltern müsse über höhere Kinderzulagen und bei den Kita-Kosten geschehen, nicht mit einem neuen AHV-Bonus.

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282 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Overton Window
16.07.2023 18:08registriert August 2022
Die sinkende Geburtenrate ist die Lösung, nicht das Problem.
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chicadeltren
16.07.2023 18:45registriert Dezember 2015
Also sorry, aber das Kinder kriegen wird ja bereits massiv subventioniert: Krankenkasse, Kinderbetreuung, Schuldbildunt sowieso, Steuerabzüge, Kinderzulagen usw. Und jetzt will man noch die, die viel in die AHV einzahlen (Kinderlose machen keine Kinderpause) noch zusätzlich bestrafen?! Mal abgesehen von all den Menschen, die eh schon damit zu kämpfen haben, unfreiwillig kinderlos zu sein und dann auch noch dafür bestraft würden. Komplett absurd.
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bettilue
16.07.2023 19:56registriert Dezember 2022
wieviele Junge wollen keine Kinder mehr in diese verkorkste Welt setzen? Ich gehöre dazu. Um die AHV zu retten braucht es ganz andere Ansätze als noch mehr Menschen in die Welt zu setzen. Wie wärs mit einer Transaktionssteuer, Luxussteuer usw...
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