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Nach SRF-Doku: Zurich Film Festival beendet Kooperation mit Läderach

Nach SRF-Doku: Zurich Film Festival beendet Partnerschaft mit Läderach

Wie die Organisatoren am Samstagabend mitteilten, ist das eine Reaktion auf die von Schweizer Fernsehen SRF ausgestrahlte Dokumentation über den Missbrauch von Kindern an einer Privatschule.
23.09.2023, 21:0523.09.2023, 21:40
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Das Zurich Film Festival und die Firma Läderach haben gemäss einer am Samstag verschickten Medienmitteilung entschieden, ihre Zusammenarbeit zu beenden.

Die Entscheidung sei «nach einem offenen Austausch» getroffenen worden und gemeinsam erfolgt.

Der SRF-Dokumentarfilm vom Donnerstag über körperliche und psychische Misshandlungen von Kindern an einer vom ehemaligen Firmenchef Jürg Läderach mitgegründeten evangelikalen Privatschule habe «alle aufgewühlt», heisst es in der Mitteilung des Zurich Film Festival (ZFF).

Und weiter:

«Obwohl keine Vorwürfe an die aktuelle Firmenleitung von Läderach im Raum stehen, wird das Leid der mutmasslichen Opfer doch mit dem Familien- und Firmennamen in Verbindung gebracht. Wir möchten mit diesem Entscheid gemeinsam dafür sorgen, dass am Festival allein die Freude am Kino im Zentrum steht.»

Prügelstrafe als Erziehungsmittel

Jürg Läderach, bis 2018 Patron des Chocolatiers, hatte die evangelikale Schule «Domino Servite» (Dient dem Herrn) in Kaltbrunn SG 1995 mitbegründet. Ehemalige Schülerinnen und Schüler berichteten in dem SRF-Sendung «Dok» von Schlägen mit Gürteln sowie von einem Klima der Angst in der strenggläubigen Einrichtung.

Johannes Läderach, seit 2018 Chef des Unternehmens mit Sitz in Bilten GL, erklärte gegenüber den Onlinemedien von Tamedia, er habe diese Schule selbst besucht. Er könne das Klima der Angst bestätigen. Geschlagen worden sei er dort nicht.

Es belaste ihn, dass er die Missbräuche nicht habe verhindern können. Innerhalb der Freikirche habe ein Untersuchungsbericht 2019 einen Wandel angestossen. Die Kirchenleitung sei zurückgetreten. Er selbst trennte sich von dieser Glaubensgemeinschaft.

Evangelikale Welt

Der ehemalige Unternehmenschef Jürg Läderach wies in einer eidestattlichen Erklärung Vorwürfe zurück, er sei persönlich an Misshandlungen beteiligt gewesen. Diskriminierung, Gewalt und Missbrauch seien nicht mit seinem christlichen Glauben vereinbar. Ein Untersuchungsbericht im Auftrag der Schule bestätigte indessen das Fehlverhalten von «ehemaligen Lehrpersonen und Gemeindemitgliedern».

Jürg Läderach schuf in Kaltbrunn eine eigene evangelikale Welt mit einer Freikirche und der Privatschule samt Internat. Zuerst war die Schule ein Schweizer Ableger der südafrikanischen Mission «Kwasizabantu», die unter Fachleuten als Sekte gilt. Seit 2019 ist die Gemeinschaft jedoch unabhängig und heisst seitdem «Evangelische Gemeinde Hof Oberkirch».

Das Zurich Film Festival (ZFF) ist gemäss eigenen Angaben das zweitgrösste Filmfestival im deutschsprachigen Raum. Das ZFF habe in der letztjährigen Ausgabe 137‘000 Besucherinnen und Besucher verzeichnet und tausende akkreditierte Film- und Medienschaffende aus aller Welt angelockt.

Noch am Freitag hatte sich das ZFF hinter seinen Sponsor gestellt.

Quellen

(dsc/sda)

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71 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Pebbles F.
23.09.2023 21:18registriert Mai 2021
Das ZFF ist ja ein voll schneller Verein. Dass die Läderachs Fundis sind, regelmässig den unsäglichen „Marsch fürs Läbe“ organisieren und dass die seit Jahren die Menschen ihrer Belegschaft drangsalierten, die ein Leben führen, dass nicht ihren strengen Richtlinien entspricht, ist wohl ultraspät bei den Festivalverantortlichen bekannt geworden?
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Pafeld
23.09.2023 21:40registriert August 2014
Die "junge" Läderach-Generation hätte die Möglichkeit gehabt, als selbst Betroffene den Laden 2018 rigoros auszumisten und wäre glaubwürdig dagestanden. Stattdessen hat man schonungslose Aufklärung versprochen, ist trotzdem mit vollem Elan in die Fussstapfen vom Alten getreten und hat jeden bekämpft, der es gewagt hatte, den Mund aufzumachen. Jetzt ist die Chance vertan. Johannes, Elias und David sind jetzt die Komplizen von Jürg Läderach. Nochmals fällt hoffentlich niemand mehr auf das salbungsvolle, PR-optimierte Verwedelungsgelafer herein.
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Mira Bond
23.09.2023 21:36registriert Oktober 2016
Eine reichlich späte Einsicht…
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71
Nicht Gendern ist eine Gefahr für die Demokratie, sondern der Passivsatz!
Warnung: Nach diesem Text werden eure Ansprüche an Journalistinnen und Journalisten steigen. Lesen auf eigene Gefahr.

Passivsätze werden von mir gehasst. Das war ein Passivsatz. Und er war grässlich zu lesen, nicht wahr? Viel schöner ist doch: Ich hasse Passivsätze! Gleicher Inhalt. Aber: aktiv formuliert.

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