Vier Mitglieder einer reichen indischen Familie haben sich nicht des Menschenhandels schuldig gemacht. Das Genfer Strafgericht hat sie am Freitag von diesem Vorwurf freigesprochen. Sie wurden jedoch des gewerbsmässigen Wuchers schuldig gesprochen.
Den Angeklagten war vorgeworfen worden, in ihrer Villa in Cologny GE Hauspersonal ausgebeutet zu haben. Das Gericht stellte fest, dass die indischen Hausangestellten nicht gezwungen wurden, in die Schweiz zu kommen, um hier zu arbeiten. Sie hätten gewusst, was sie am Genfersee erwarte.
Sie erhielten allerdings selbst unter Berücksichtigung der Tatsache, dass sie Kost und Logis erhielten, Löhne von durchschnittlich 325 Franken pro Montag. Kost und Logis inbegriffen, entspricht das einem Salär von zwischen 1000 und 1400 Franken.
Zudem konnten sich die Hausangestellten nur beschränkt bewegen. Ihre Pässe wurde von der indischen Familie eingezogen. Die Angestellten schliefen in einem Zimmer im Untergeschoss des Hauses; einem Raum ohne Tageslicht und ohne Frischluftzufuhr.
Nach Ansicht der Richter hat die Familie Hinduja die schwache Position dieser indischen Angestellten, von denen einige Analphabeten waren, in charakteristischer Weise ausgenutzt.
Die Eltern, 75 und 79 Jahre alt, wurden zu viereinhalb Jahren Freiheitsstrafe verurteilt. Ihre Schwiegertochter und ihr Sohn im Alter von 50 und 56 Jahren erhielten vier Jahre Gefängnis. Die Angeklagten waren bei der Urteilsverkündung nicht anwesend.
Das Gericht befand, aus Schweizer Sicht sei ein solches Salär «extrem». Die indische Familie habe durch ihren Entscheid, nicht Schweizer Löhne auszuzahlen, zwischen Juni 2009 und April 2018 2,5 Millionen Franken eingespart.
Das Gericht wies auch darauf hin, dass die indische Familie unterdessen die Schweizer Staatsangehörigkeit besitzt. Insofern habe sie in voller Kenntnis der hiesigen Verhältnisse gehandelt. Sie könnten sich nicht auf die Situation in Indien berufen. «Ihr Verschulden wiegt sehr schwer», so das Gericht.
Die Familie Hinduja wurde auch zur Zahlung einer Ersatzforderung von 850'000 Franken verurteilt. Diese Summe soll die Hausangestellten entschädigen und kommt zur Vereinbarung dazu, welche die Angeschuldigten während des Prozesses mit den Klägern als Wiedergutmachung vereinbarten.
Die Eltern der Familie Hinduja machten für ihr Fernbleiben vom Prozess gesundheitliche Gründe geltend. Sohn und Schwiegertochter hingegen fehlten nur am Freitag - wegen eines Besuchs bei der hospitalisierten Mutter respektive Schwiegermutter in Monaco. Das sagten die Anwälte.
Der Genfer Staatsanwalt Yves Bertossa forderte die Festnahme von Sohn und Schwiegertochter. Das lehnte aber das Gericht ab - mit der Begründung, das Paar habe seinen Lebensmittelpunkt in der Schweiz. Das Fluchtrisiko sei minim.
Die Anwälte der Familie Hinduja gaben am Freitagabend in einer Medienmitteilung bekannt, das Urteil werde angefochten. Die Unschuldsvermutung für die Familie habe weiterhin zu gelten. Die Anwälte wiesen ausserdem darauf hin, dass es während des Verfahrens zu Rückzügen von Klagen kam. (sda/lyn)
"...wegen eines Besuchs der hospitalisierten Mutter ... in Monaco."
"Das Fluchtrisiko sei minim."
🤣 Alle sind schon im Ausland.
Dann hat es sich ja gelohnt!