Schweiz
Gesellschaft & Politik

Die FDP bangt um Thierry Burkart

Thierry Burkart
Versetzt seine Partei in Aufregung: FDP-Präsident Thierry Burkart.bild: sandra ardizzone

Seinen Rücktritt hat er schon angekündigt: Die FDP bangt um Thierry Burkart

Der Präsident der Freisinnigen gibt bekannt: Spätestens 2027 gebe er sein Amt ab. FDP-Politiker befürchten nun, dass Thierry Burkart bereits früher abtreten könnte.
14.01.2025, 07:21
Francesco Benini / ch media
Mehr «Schweiz»

Die FDP ist in Unruhe. «Es wäre schlimm, wenn wir schon wieder einen neuen Parteipräsidenten suchen müssten», sagt ein freisinniger Nationalrat.

Thierry Burkart, FDP-Präsident seit Herbst 2021, hat seinen Rücktritt angekündigt. Der «Sonntags-Zeitung» sagte er: «Ich werde als Parteipräsident spätestens nach den eidgenössischen Wahlen 2027 zurücktreten.»

Das Wort «spätestens» schreckt Politikerinnen und Politiker der FDP auf. Burkart signalisiert damit, dass er sein Amt schon vor 2027 abgeben könnte. Viel Zeit bliebe ihm in diesem Fall nicht mehr: Ein Parteipräsidium benötigt mindestens zwei Jahre, um nationale Wahlen vorzubereiten. Der personelle Wechsel müsste darum diesen Sommer vollzogen werden. In der Mitte ist es so: Die Partei entscheidet Mitte Jahr über die Nachfolge von Gerhard Pfister.

Er ist vorgesehen als Präsident des Ständerates

Hört Burkart auf als FDP-Präsident? Im Bundesparlament haben einige den Eindruck: Er hadere manchmal damit, dass der Umbau der Partei nicht so schnell geschehe, wie er sich das vorgestellt habe. Und Burkart gilt als Skeptiker, was das neue Vertragspaket mit der EU anbelangt. Wie gross ist seine Freude darüber, dass er bald überall für das Ja plädieren muss, auf das sich seine Partei wohl festlegt?

Zwei FDP-Parlamentarier erinnern daran: Nach den Wahlen von 2023 habe Burkart ziemlich ermattet gewirkt. Im Dezember jenes Jahres kursierten in der Partei Gerüchte, dass er den Bettel hinwerfen könnte. 2024 liess er sich dann aber für zwei weitere Jahre im Amt bestätigen.

Der Aargauer Ständerat hegt eine neue Ambition: Er will Ständeratspräsident werden. Burkart ist in diesem Jahr Ersatz-Stimmenzähler in der kleinen Kammer. 2026 kann er zum Stimmenzähler aufrücken, 2027 zum zweiten Vizepräsidenten, 2028 zum ersten Vizepräsidenten – und 2029 wäre er dann Präsident des Ständerates.

Das bedeutet: Im Wahljahr 2027 ist der Jurist zweiter Vizepräsident der kleinen Kammer. Zugleich Parteipräsident und zweiter Vizepräsident im Parlament – das ist eine ungewöhnliche Konstellation. Aber rechtlich spricht nichts dagegen. Und die Belastung wäre zu meistern, denn der zweite Vize hat nicht so viel zu tun wie der erste und wie der Präsident.

Die Sorge unter Freisinnigen hängt nun mit drei Faktoren zusammen: Erstens meinen viele, dass eine gewisse Konstanz an der Spitze nötig sei. Zweitens ist die Ansicht verbreitet, dass Burkart einen grossen Einsatz leiste und insgesamt einen guten Job mache. Drittens weisen FDP-Parlamentarier darauf hin, dass es schwierig werde, einen geeigneten Nachfolger zu finden.

Burkart bemüht sich einerseits darum, dass die FDP kompakter auftritt. Einem Positionspapier, das einen härteren Kurs gegen die illegale Zuwanderung verlangt, stimmten die Parteidelegierten ohne Murren zu.

Der FDP-Präsident setzte sich auch dafür ein, dass der Bau neuer Kernkraftwerke in der Schweiz wieder möglich wird. Anfänglich wehrten sich einige Freisinnige gegen diese Positionsänderung – der Widerstand erlahmte aber bald. Der Aargauer Nationalrat Matthias Jauslin wechselte von der FDP zu den Grünliberalen, weil ihm die Umweltpolitik Burkarts nicht behagt.

Wenn Keller-Sutter abtritt, dürfte er zur Stelle sein

Zugewinne in den Schaffhauser und den Aargauer Wahlen zeigten im Herbst 2024: Burkarts Kurs, die FDP auf prägnant bürgerliche Positionen auszurichten, könnte funktionieren. Wer würde diese Linie fortsetzen? Ein Name, den man unter Freisinnigen oft hört, ist Andri Silberschmidt.

Der Zürcher Nationalrat ist aber erst 30 und wird demnächst Vater. Ausserdem hat die Kantonalzürcher FDP ein Auge auf ihn geworfen: Die Sektion braucht unbedingt bekannte Gesichter für den Wahlkampf um den Regierungsrat im Frühling 2027.

Nationarat Andri Silberschmidt am Parteitag der FDP Kanton Zuerich, am Samstag, 14. September 2024 im Careum Auditorium in Zuerich. (KEYSTONE/Til Buergy)
Könnte Thierry Burkart beerben: Andri Silberschmidt.Bild: keystone

Thierry Burkart wird derweil nachgesagt, dass er Bundesrat werden will. Mit einer Kandidatur muss er sich allerdings gedulden. Für den Sitz von Ignazio Cassis ist in der FDP eine Nachfolgerin oder ein Nachfolger aus der Romandie oder dem Tessin vorgesehen. Erst wenn Karin Keller-Sutter zurücktritt, kann Burkart seinen Hut in den Ring werfen. Das Ständeratspräsidium kommt da wie gerufen, verheisst es doch Prestige und Medienpräsenz.

Tritt Burkart schon vor 2027 ab? Auf Anfrage erklärt er: «Ich habe aktuell nicht die Absicht, als Präsident der FDP vor den Wahlen 2027 zurückzutreten. Die FDP wird noch intensiver für den Mittelstand und die KMU kämpfen. Um sie geht es bei den Wahlen 2027, denn sie leiden unter immer mehr staatlichen Belastungen und Schikanen. Es braucht dringend einen Politikwechsel in der Schweiz.»

Mit dem Wörtchen «aktuell» lässt sich Burkart alle Optionen offen.

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Das könnte dich auch noch interessieren:
87 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
TRN
14.01.2025 07:33registriert Dezember 2021
Ich denke, den meisten Politikern kann man nicht trauen, denn ihr Job ist Geschwätz zu produzieren und nichts weiter. Wenn Leute wie Thierry Burkhard aber einerseits dauernd von der Notwendigkeit einer starken Armee schwafelt, jedoch geholfen hat, die letzte Munitionsfabrik der Schweiz nach Italien zu verscherbeln, wo seine Schwester im VR sass, dann hat er ganz offiziell sein Gesicht verloren und gehört zur Seite gestellt.
15210
Melden
Zum Kommentar
avatar
ABWESEND
14.01.2025 07:43registriert September 2024
"...Die FDP wird noch intensiver für den Mittelstand und die KMU kämpfen. Um sie geht es bei den Wahlen 2027, denn sie leiden unter immer mehr staatlichen Belastungen und Schikanen. Es braucht dringend einen Politikwechsel in der Schweiz."

also weg von dem Mehr der Rechtspopulisten Richtung Mitte und Rot/Grün?
11820
Melden
Zum Kommentar
avatar
Gurgelhals
14.01.2025 07:38registriert Mai 2015
Moment mal: Ich dachte, die FDP ist die Partei von all diesen von Kraft und Energie nur so strotzenden Superperformer, die sich für die ultimativen Philosophenkönige halten, weil sie in St. Gallen eine glorifizierte KV-Ausbildung gemacht haben und sie in einer Partei sind, die in längst vergessener grauer Vorzeit tatsächlich mal die Partei des Bildungsbürgertums war. Da muss es doch von geeigneten Nachfolgern, die das natürlich mit links im Nebenamt erledigen können, nur so wimmeln, oder nicht? 🤣
10712
Melden
Zum Kommentar
87
    Jelmoli schliesst seine Pforten – die ungewisse Zukunft der Warenhäuser
    Das Traditionswarenhaus Jelmoli schliesst Ende Monat. Es ist aber nicht das einzige Kaufhaus mit Problemen.

    Ende Februar geht mit der Schliessung von Jelmoli eine Ära zu Ende. Wer dem Warenhaus kürzlich einen Besuch abstattete, sah auf nur noch zwei Etagen merklich leerere Regale und Kleiderständer. Die Waren locken mit hohen Rabatten. Rückgabe ist ausgeschlossen.

    Zur Story