Die FDP ist in Unruhe. «Es wäre schlimm, wenn wir schon wieder einen neuen Parteipräsidenten suchen müssten», sagt ein freisinniger Nationalrat.
Thierry Burkart, FDP-Präsident seit Herbst 2021, hat seinen Rücktritt angekündigt. Der «Sonntags-Zeitung» sagte er: «Ich werde als Parteipräsident spätestens nach den eidgenössischen Wahlen 2027 zurücktreten.»
Das Wort «spätestens» schreckt Politikerinnen und Politiker der FDP auf. Burkart signalisiert damit, dass er sein Amt schon vor 2027 abgeben könnte. Viel Zeit bliebe ihm in diesem Fall nicht mehr: Ein Parteipräsidium benötigt mindestens zwei Jahre, um nationale Wahlen vorzubereiten. Der personelle Wechsel müsste darum diesen Sommer vollzogen werden. In der Mitte ist es so: Die Partei entscheidet Mitte Jahr über die Nachfolge von Gerhard Pfister.
Hört Burkart auf als FDP-Präsident? Im Bundesparlament haben einige den Eindruck: Er hadere manchmal damit, dass der Umbau der Partei nicht so schnell geschehe, wie er sich das vorgestellt habe. Und Burkart gilt als Skeptiker, was das neue Vertragspaket mit der EU anbelangt. Wie gross ist seine Freude darüber, dass er bald überall für das Ja plädieren muss, auf das sich seine Partei wohl festlegt?
Zwei FDP-Parlamentarier erinnern daran: Nach den Wahlen von 2023 habe Burkart ziemlich ermattet gewirkt. Im Dezember jenes Jahres kursierten in der Partei Gerüchte, dass er den Bettel hinwerfen könnte. 2024 liess er sich dann aber für zwei weitere Jahre im Amt bestätigen.
Der Aargauer Ständerat hegt eine neue Ambition: Er will Ständeratspräsident werden. Burkart ist in diesem Jahr Ersatz-Stimmenzähler in der kleinen Kammer. 2026 kann er zum Stimmenzähler aufrücken, 2027 zum zweiten Vizepräsidenten, 2028 zum ersten Vizepräsidenten – und 2029 wäre er dann Präsident des Ständerates.
Das bedeutet: Im Wahljahr 2027 ist der Jurist zweiter Vizepräsident der kleinen Kammer. Zugleich Parteipräsident und zweiter Vizepräsident im Parlament – das ist eine ungewöhnliche Konstellation. Aber rechtlich spricht nichts dagegen. Und die Belastung wäre zu meistern, denn der zweite Vize hat nicht so viel zu tun wie der erste und wie der Präsident.
Die Sorge unter Freisinnigen hängt nun mit drei Faktoren zusammen: Erstens meinen viele, dass eine gewisse Konstanz an der Spitze nötig sei. Zweitens ist die Ansicht verbreitet, dass Burkart einen grossen Einsatz leiste und insgesamt einen guten Job mache. Drittens weisen FDP-Parlamentarier darauf hin, dass es schwierig werde, einen geeigneten Nachfolger zu finden.
Burkart bemüht sich einerseits darum, dass die FDP kompakter auftritt. Einem Positionspapier, das einen härteren Kurs gegen die illegale Zuwanderung verlangt, stimmten die Parteidelegierten ohne Murren zu.
Der FDP-Präsident setzte sich auch dafür ein, dass der Bau neuer Kernkraftwerke in der Schweiz wieder möglich wird. Anfänglich wehrten sich einige Freisinnige gegen diese Positionsänderung – der Widerstand erlahmte aber bald. Der Aargauer Nationalrat Matthias Jauslin wechselte von der FDP zu den Grünliberalen, weil ihm die Umweltpolitik Burkarts nicht behagt.
Zugewinne in den Schaffhauser und den Aargauer Wahlen zeigten im Herbst 2024: Burkarts Kurs, die FDP auf prägnant bürgerliche Positionen auszurichten, könnte funktionieren. Wer würde diese Linie fortsetzen? Ein Name, den man unter Freisinnigen oft hört, ist Andri Silberschmidt.
Der Zürcher Nationalrat ist aber erst 30 und wird demnächst Vater. Ausserdem hat die Kantonalzürcher FDP ein Auge auf ihn geworfen: Die Sektion braucht unbedingt bekannte Gesichter für den Wahlkampf um den Regierungsrat im Frühling 2027.
Thierry Burkart wird derweil nachgesagt, dass er Bundesrat werden will. Mit einer Kandidatur muss er sich allerdings gedulden. Für den Sitz von Ignazio Cassis ist in der FDP eine Nachfolgerin oder ein Nachfolger aus der Romandie oder dem Tessin vorgesehen. Erst wenn Karin Keller-Sutter zurücktritt, kann Burkart seinen Hut in den Ring werfen. Das Ständeratspräsidium kommt da wie gerufen, verheisst es doch Prestige und Medienpräsenz.
Tritt Burkart schon vor 2027 ab? Auf Anfrage erklärt er: «Ich habe aktuell nicht die Absicht, als Präsident der FDP vor den Wahlen 2027 zurückzutreten. Die FDP wird noch intensiver für den Mittelstand und die KMU kämpfen. Um sie geht es bei den Wahlen 2027, denn sie leiden unter immer mehr staatlichen Belastungen und Schikanen. Es braucht dringend einen Politikwechsel in der Schweiz.»
Mit dem Wörtchen «aktuell» lässt sich Burkart alle Optionen offen.
also weg von dem Mehr der Rechtspopulisten Richtung Mitte und Rot/Grün?