Unabhängig davon, wer am Ende neuer NZZ-Chefredaktor wird: Der Verwaltungsrat steht im Kampf um die künftige Ausrichtung der «alten Tante» bereits als Verlierer fest.
Das neunköpfige Gremium machte in den letzten Tagen keine gute Figur. Es trägt die Verantwortung dafür, dass die Trennung vom bisherigen Chefredaktor Markus Spillmann Knall auf Fall erfolgte. Und dass wegen seines möglichen Nachfolgers ein Aufstand der Redaktion droht.
Auch die Glaubwürdigkeit des Verwaltungsrats hat stark gelitten – vor allem jene von Etienne Jornod. Der Verwaltungsratspräsident sagte am Dienstag, als er der Redaktion die Trennung von Spillmann bekannt gab, dass die Suche nach einem Nachfolger erst angelaufen sei. Mittlerweile gibt es starke Anzeichen dafür, dass es im Verwaltungsrat zu diesem Zeitpunkt bereits eine theoretische Mehrheit für Markus Somm als neuen Chefredaktor gab.
Wer sind die Leute, die komplett unterschätzt haben, welches Sprengpotenzial der Name Markus Somm mit sich bringt? Wussten sie nicht, dass der Blocher-nahe Chefredaktor der «Basler Zeitung» für viele Journalisten – und wohl auch für viele Leser – ein rotes Tuch ist? Oder nehmen sie das Risiko einer Eskalation gar bewusst in Kauf, weil ihnen die Berichterstattung der NZZ zu links geworden ist?
Viele NZZ-Verwaltungsräte sind einer breiteren Öffentlichkeit kaum bekannt. Politisch aktiv ist lediglich die St.Galler FDP-Ständerätin Karin Keller-Sutter. Sie politisiert am rechten Rand der FDP. Wie ticken die anderen Verwaltungsräte? Und welche Abhängigkeiten haben sie? Eine Auslegeordnung.
Der Verwaltungsratspräsident (VRP) soll Somm als möglichen Chefredaktor ins Spiel gebracht haben. Jornod habe im kleinen Kreis immer wieder das unklare politische Profil der NZZ kritisiert, schreibt die «Schweiz am Sonntag». Pikant: Jornod ist auch VRP von Galenica. Dort ist Blocher-Intimus Martin Ebner ein wichtiger Aktionär.