Schweiz
Gesellschaft & Politik

Jugendstrafrecht: Parlament bereinigt erste Reformschritte

Parlament will Höchststrafe für jugendliche Mörder vorerst noch nicht erhöhen

12.06.2024, 15:52
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Das Parlament will die Höchststrafe für jugendliche Mörderinnen und Mörder vorerst noch nicht erhöhen. Der Nationalrat ist am Mittwoch dem Ständerat gefolgt und hat damit die Reform des Jugendstrafgesetzes bereinigt.

Die grosse Kammer beschloss im dritten Anlauf bei der letzten offenen Differenz der Vorlage, nicht auf ihrem Standpunkt zu beharren. Ursprünglich wollte sie den möglichen Freiheitsentzug für ab 16-jährige Mörderinnen und Mörder von vier auf sechs Jahre erhöhen. Mit 104 zu 81 Stimmen verzichtete sie nun darauf.

Der Ständerat wollte diese Frage noch nicht in der laufenden Reform klären und verwies auf eine breite Analyse der Strafrahmen im Jugendstrafrecht, die bis Ende Jahr vom Bundesrat vorgelegt werden soll. Es brauche diese Gesamtschau, sagte Andrea Caroni (FDP/AR) im Namen der Ständeratskommission. Die Anhörungen zu allfälligen Verschärfungen würden sofort danach beginnen.

Davon liess sich der Nationalrat überzeugen. Die Vorlage ist damit bereit für die Schlussabstimmungen.

Unbegleiteter Urlaub gestrichen

Der eigentliche Kernpunkt der Revision stand am Mittwoch nicht mehr zur Diskussion. Das Parlament hatte schon länger beschlossen, dass künftig auch Personen, die im Jugendalter einen Mord begangen haben, als Ultima Ratio verwahrt werden können sollen.

Es geht um Personen, die als Minderjährige nach dem 16. Geburtstag einen Mord begangen haben. Bei ihnen muss nach der jugendstrafrechtlichen Sanktion ernsthaft die Gefahr bestehen, dass sie eine weitere solche Tat begehen. Das Jugendstrafgesetz sieht heute keine reine Sicherheitsmassnahme zum Schutz Dritter vor.

Zudem entschieden die Räte, dass Verwahrte im geschlossenen Vollzug in Zukunft nicht mehr unbegleitet in den Urlaub dürfen. Weiter soll künftig die bedingte Entlassung aus der Verwahrung nur noch alle drei Jahre von Amtes wegen überprüft werden, wenn sie zuvor von der zuständigen Behörde mindestens drei Mal in Folge abgelehnt worden ist.

Keine systematischen Verwahrungen

Das Parlament sprach sich schliesslich gegen die systematische Verwahrung von Wiederholungstätern bei schweren Verbrechen aus. Dieser Punkt bei der Revision des Strafgesetzbuchs war lange umstritten. Auch hier setzte sich in der vergangenen Woche der Ständerat durch.

Demnach sollen die Voraussetzungen für systematische Verwahrungen nicht erweitert werden auf Personen, die zum zweiten Mal einen Mord, eine vorsätzliche Tötung oder eine Vergewaltigung begangen haben. Die Mehrheit argumentierte, dass ein solcher Automatismus nicht mit der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) vereinbar wäre. Auch könnte die neue Regel dazu führen, dass therapierbare Straftäter keine Behandlung erhalten würden.

Dadurch würden Täter im Zweifelsfall noch gefährlicher, argumentierte eine Mehrheit im Parlament. Eine Wiederholungstat rechtfertige diesen Schutz vor den gefährlichsten Tätern, hielt eine SVP-Minderheit dagegen. Der Entscheid gegen den Verwahrungs-Automatismus fiel schliesslich mit 120 zu 70 Stimmen.

Auch die Revision des Schweizerischen Strafgesetzbuchs betreffend Massnahmen zum Sanktionsvollzug ist bereit für die Schlussabstimmungen. (hkl/sda)

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11 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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heidimirweidibeidi
12.06.2024 16:12registriert Juni 2024
Wenn jemand mordet - sorry - dann hat er oder sie für mich eigentlich viel verwirkt. Ob man das Therapieren kann? Tötung vielleicht, aber geplanter, eiskalter Mord. Und wieviele Chancen sollen denn die Herrschaften erhalten, unabhängig von schwerer Kindheit, traumatisiert etc. Ich möchte, dass mich die Gesellschaft vor solchen Individuen schützt. Das Wohl der Allgemeinheit ist in jedem Fall höher zu gewichten, Täterschutz muss zwingend beim Opferschutz hintenanstehen, nicht umgekehrt.
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