Schweiz
Gesellschaft & Politik

Schweiz: Parlamentarier wollen Samenspende für Single-Frauen vereinfachen

Single-Frauen bleiben von Samenspenden ausgeschlossen – im Parlament regt sich Widerstand

Der Bundesrat will das Fortpflanzungsgesetz der Realität anpassen. Für sechs Nationalratsmitglieder fehlt hierfür allerdings ein zentraler Aspekt. Sie fordern den Zugang zur Fortpflanzungsmedizin auch für Single-Frauen - zum Wohl der Frauen, aber auch für das der Kinder.
28.03.2025, 13:3528.03.2025, 13:35
Viviane Vogel / ch media
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In der Schweiz soll bald eine «Ungleichbehandlung», wie es Innenministerin Elisabeth Baume-Schneider (SP) formulierte, aus dem Weg geräumt werden: Wenn bei einem Paar der Mann unfruchtbar ist, darf es nämlich auf eine Samenspende zurückgreifen. Ist allerdings die Frau unfruchtbar, gibt es für das Paar keine Möglichkeit der künstlichen Befruchtung, weil die Eizellenspende hierzulande unter Strafe steht.

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In der Schweiz erhält eine Frau keinen Zugang zur Fortpflanzungsmedizin, wenn sie keinen Lebenspartner hat.Bild: shutterstock

Jetzt soll genau das legalisiert werden. Baume-Schneider sagte an der Medienkonferenz Ende Januar: «Es ist eine Anpassung an die Realität unserer Zeit.» Damit meinte sie auch, dass nicht mehr länger nur verheiratete Paare Zugang zur Fortpflanzungsmedizin erhalten sollen. Mit der Gesetzesänderung sollen auch unverheiratete Paare künstliche Befruchtung in Anspruch nehmen können.

Alleinstehenden Frauen wird dieser Zugang jedoch weiterhin verwehrt bleiben. Darauf angesprochen begründete Baume-Schneider dies damit, dass diese Möglichkeit in der Verfassung nicht vorgesehen sei.

Bundesraetin Elisabeth Baume-Schneider spricht zum Tabakgesetz, an der Fruehjahrssession der Eidgenoessischen Raete, am Donnerstag, 13. Maerz 2025 im Nationalrat in Bern. (KEYSTONE/Alessandro della Va ...
Bundesrätin Elisabeth Baume-Schneider.Bild: keystone

Breite Koalition setzt sich für Alleinstehende ein

Dagegen wehren sich nun fünf Nationalrätinnen und ein Nationalrat unter der Federführung der Waadtländerin Brigitte Crottaz (SP). Aus SVP, FDP, SP, Grüne, GLP und der Mitte hat je ein Ratsmitglied eine parlamentarische Initiative eingereicht, die verlangt, dass auch Single-Frauen Zugang zur Fortpflanzungsmedizin erhalten. Vier von den sechs Ratsmitgliedern stammen aus der Westschweiz.

Die Schweiz sei nebst Italien eines der einzigen europäischen Länder, in welchen alleinstehenden Frauen der Zugang zur Fortpflanzungsmedizin verwehrt wird, schreiben die Initiantinnen und der Initiant. Wer in der Schweiz eine alleinerziehende Mutter werden möchte, muss sich deshalb informeller Lösungen bedienen.

Brigitte Crottaz, SP-VD, spricht waehrend der Fruehlingssession der Eidgenoessischen Raete, am Donnerstag, 29. Februar 2024 im Nationalrat in Bern. (KEYSTONE/Anthony Anex)
Brigitte Crottaz will Single-Frauen den Zugang zur Fortpflanzungsmedizin ermöglichen.Bild: keystone

Man muss sich entweder den Zugang zu künstlicher Befruchtung im Ausland suchen, Samenspenden im Internet bestellen oder sich auf eine Zufallsbekanntschaft einlassen – alles Methoden, die gesundheitliche und psychologische Risiken bergen, wie es im Initiativtext steht.

Freiwillig alleinstehende Frauen mit Kinderwunsch sind eine Realität

Gemäss Bundesamt für Statistik sind 16,6 Prozent der Haushalte mit Kindern Einelternhaushalte. Zudem gebe es finanziell unabhängige Single-Frauen, die sich bewusst ihren Kinderwunsch allein erfüllen wollen. Die Ratsmitglieder schreiben: «Die Gesetzgebung muss diese wachsende soziale Realität anerkennen.»

Sie stützen sich auf die Nationale Ethikkommission, die schon 2019 zum Schluss kam, dass nebst den unverheirateten und gleichgeschlechtlichen Paaren auch Solo-Frauen den Zugang zu Samenspenden erhalten sollten.

Die Initiantinnen und Initianten wollen auch die Rechte der Kinder schützen. Dazu gehört, die eigene genetische Abstammung zu kennen. «Wer in der legalen Grauzone gezeugt wurde, geniesst nicht dieselben Rechte wie legal gezeugte Kinder», schreiben die Ratsmitglieder.

Das ist auch das Hauptmotiv einer der Initiantinnen, Mitte-Nationalrätin Nicole Barandun: «Wir brauchen jetzt gewisse Schutzbestimmungen für alle Beteiligten.» Sie vertraut darauf, dass eine pragmatische Diskussion möglich ist: «Ich finde es wichtig, dass wir das jetzt thematisieren.» (aargauerzeitung.ch)

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265 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Donny Drumpf
28.03.2025 14:14registriert November 2019
Ich weiss wie schlimm ein Kinderwunsch sein kann. Oft wird in der grossen Not jedes Mittel recht zur Linderung. Ich stelle es mir aber heftig vor ein Kind alleine gross zu ziehn, den passenden Mann kann man ja nicht einfach bei Amazon bestellen. Die meisten single Mütter die ich kenne, wünschen sich sehnlichst einen Partner. Nicht nur um das Glück zu teilen, auch weils einfach saumässig anstrengend ist ein Kind alleine gross zu ziehn. Ich bin dagegen, dass man aus der Not heraus eine Entscheidung treffen darf, die auch gleich noch das Leben eines Kindes versauen könnte.
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Henzo
28.03.2025 14:28registriert August 2014
An oberster Stelle steht das Wohl des Kindes und nicht das Wohl der Erwachsenen mit Kinderwunsch.
Ein Kind zu haben ist auch als Paar kein Zuckerschlecken und ich weiss, dass es keine Garantie dafür gibt, dass das ein Paar das gut hinbekommt und eine alleinerziehende Person das nicht schafft ...aber das Risiko bei einer alleinerziehenden Person ist ungemein höher. Zum einen die psychische Belastung mit dem wenigen Schlaf aber dann auch die finanziellen Aspekte:
Wer sollte in diesem Fall die Alimente zahlen? Der Staat? Wann muss die Frau wieder zur Arbeit? Wer übernimmt Kosten für Unterkunft?
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just right
28.03.2025 14:07registriert Februar 2025
Wenn sie alleinerziehende Mütter werden wollen bitteschön. Sollen aber dann auch selber schauen.
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