«Das VBS ist das Departement, das am einfachsten zu führen ist», sagt ein ehemaliger Oberst und Politiker. Oben werde befohlen, unten gehorcht.
So weit die Theorie. In der Praxis erlebten das die meisten Vorsteher des Verteidigungsdepartements (VBS) anders.
Von Ueli Maurer (SVP), der nach sieben mageren Jahren 2016 ins Finanzdepartement flüchtete, ist überliefert, dass er sich im VBS beklagte: «Ich werde hier nur angelogen.»
Im Bundeshaus fällt heute oft der Ausdruck «Lehmschicht», wenn es um die Frage geht, warum die VBS-Chefs und zuletzt die VBS-Chefin allesamt scheitern oder zumindest auflaufen in diesem Departement.
Demnach gibt es zwischen der Politik und der Generalität eine schwer durchdringbare Materie: Der oder die oben durchschaue nie wirklich, wie das System unten funktioniere, wer sich unten wie bewege.
Zwar: Viola Amherd war insgesamt erfolgreicher und engagierter als ihre letzten Vorgänger. Sie brachte Reformen auf den Weg, auch wenn nicht alle glückten. Sorgte für mehr Geld und einen neuen Kampfjet. Aber letztlich lief auch sie auf, als der Krieg kam.
Kann sich also der nächste VBS-Chef, der neue Bundesrat Martin Pfister (63, Mitte), schon mal auf sein Scheitern einstellen?
Experten kommen alle zum gleichen Schluss: Ja, sofern sich im Bundesrat nichts ändert.
Daniel Eckmann, 74, ist einer der erfahrensten Politbeobachter, er war lange Zeit «Delegierter für Kommunikation» des Luzerner FDP-Bundesrats und Militärministers Kaspar Villiger.
Eckmann sagt: «Es braucht ein Umdenken im Bundesrat: Für Sicherheitspolitik ist der Gesamtbundesrat zuständig. Heute ist beispielsweise Finanzpolitik gleich Keller-Sutter oder Aussenpolitik gleich Cassis. Sicherheitspolitik war Amherd.»
Kaspar Villiger war von 1989 bis 1995 Chef des Militärdepartements EMD (heute VBS) und von 1996 bis 2003 Finanzminister. Das Duo meisterte eine Reihe von Krisen wie den Skandal um die Geheimorganisation P-26, setzte die verkleinerte «Armee 95» durch und den Kampfjet F/A-18, brachte 2001 die Schuldenbremse durch die Volksabstimmung. In dieser Zeit war der Bundesrat viel stärker als heute noch eine Kollegialregierung, deren Mitglieder den Konsens suchten.
Eckmann, heute als Strategieberater tätig, sieht gerade jetzt jedes einzelne Mitglied des Bundesrats gefordert. Er sagt: «Jedes einzelne Mitglied muss die Sicherheitspolitik mitgestalten und mittragen.»
Das «departementale Denken» sei heute zu ausgeprägt, «viel ausgeprägter als früher». Was auch mit der viel stärkeren Mediatisierung, der Fokussierung auf Köpfe, der viel stärkeren Rolle der Parteien zu tun habe. Das sei keine gute Entwicklung. «Heute heisst es: Wer gewinnt? Statt: Was sind gute Lösungen?» Aber: «Gewinnen an sich ist kein politisches Ziel.» Der Bundesrat müsse dem widerstehen: «Er muss in Teamarbeit Lösungen finden, die im Gesamtinteresse stehen.»
«Wenn man Trumps Politik sieht, ist es ein Gebot der Stunde, sogar ein kategorischer Imperativ, dass die Regierungen in Europa Antworten auf die neue Lage geben. Alle reden von einer Zeitenwende – aber es ist eine!»
Jetzt brauche es zwingend «Reformen, neue Antworten»: zum Neutralitätskonzept, zur Zusammenarbeit in Europa und mit der Nato und so weiter.
Eckmann sagt, der Bundesrat müsse zunächst eine gesamtheitliche Analyse der neuen Lage vornehmen. Als Mittel dazu sieht er ein «Grundlagenpapier» zu Fragen wie: «Was ist neu, welche Politikfelder sind betroffen, wo wirkt sich die neue Lage aus?»
In einem zweiten Schritt müssten mögliche Antworten skizziert werden, danach folge die Entscheidphase. «Am besten mit einer Serie von Regierungsklausuren zu den zentralen Themen: Sicherheit, Wirtschaft, Europa, Migration und Finanzen und so weiter. Daraus ergeben sich Leitbilder zu den einzelnen Feldern und ein Dachleitbild.»
Besonders wichtig bei all dem ist für Eckmann: «Insbesondere brauchen wir auch einen Bundesrat, in dem sich alle Gruppen zeitlich zuhören.»
Auch aktuell hohe Verantwortungsträger beim Bund äussern die Hoffnung, dass sich der Gesamtbundesrat jetzt endlich gemeinsam auf die grossen Fragen und Zusammenhänge konzentriere, statt sich in Einzelkämpfertum und Parteipolitik zu verlieren. Gerade im Bereich Sicherheit sei es höchste Zeit für einen gesamtheitlichen Ansatz beim Bund.
«Wer Parteipolitik machen will, der soll Parteipräsident werden. Im Bundesrat hat er jetzt nichts zu suchen», sagt auch der Walliser Nationalrat Philipp Matthias Bregy, Fraktionschef der Mitte-Partei des Neo-Bundesrats Pfister.
«Sicherheitspolitik ist Aufgabe des Gesamtbundesrats.» Es brauche «Konsens, eine gemeinsame Strategie und Haltung, mindestens in den zentralen Punkten». Dazu gehörten unter anderem die Sicherheitspolitik sowie Fragen zur Neutralität, sagt Bregy, und: «Wenn der Bundesrat Orientierung bietet, zeigt er Haltung und gibt den Menschen in unserem Land Halt.» (aargauerzeitung.ch)
Ach ja, schon wieder? Das ist doch seit Jahrzehnten ein runnig gag.
"gesamtheitliche Analyse", "Grundlagenpapier", "Leitbilder zu den einzelnen Feldern" usw. sind doch einfach Worthülsen.
Ich mag's nicht mehr hören und lesen.
Regierungsgeschäfte..