Grossspender für Service-Citoyen-Initiative: Er kämpft gegen «Männerbenachteiligung»
Im Vergleich zu anderen Abstimmungen wie der 13. AHV-Rente (6,94 Millionen Franken), dem Autobahnausbau (9,73 Mio.) oder der Abschaffung des Eigenmietwerts (7,53 Mio.; provisorische Zahlen) werden bei der Kampagne zur Service-Citoyen-Initiative kleine Brötchen gebacken.
Die Initiative verlangt die Einführung eines Bürgerdienstes – auch für die Frauen. Hier erklären wir dir das Ganze im Video:
Die Befürworter haben gegenüber der Eidgenössischen Finanzkontrolle bislang ein Abstimmungsbudget von knapp 460'000 Franken deklariert, die Gegner eines von 275'000 Franken. Bis zur Abstimmung am 30. November können sich diese Zahlen noch ändern.
Mit Abstand grösster Geldgeber im Ja-Lager ist Leopold (Leo) Brügger. Er steuert mit 255'000 Franken bislang fast die Hälfte des Kampagnenbudgets bei.
Veto-Recht für Männer bei Abtreibungen gefordert
Brügger stand bislang nicht im Scheinwerferlicht. Der 66-jährige Pharmazeut aus Männedorf ZH hat kein öffentliches Amt, keine Parteifunktion und ist nicht Teil des Initiativkomitees.
Dennoch finden sich Spuren, die sein grosszügiges finanzielles Engagement erklären. Bei den Nationalratswahlen 1991 bewarb er sich mit der Liste «Gegen Männer benachteiligende Gesetze/Gegen unmenschliche Tierversuche» erfolglos um einen Sitz im Nationalrat.
Die Beschäftigung mit angeblich männerdiskriminierenden Gesetzen ist Brüggers grosses Thema: Vor den Wahlen 2015 verschickte er allen Kandidierenden einen Fragebogen zum Thema Gleichstellung. Die Auswertung publizierte er auf seiner Website gleichstellung.ch.
Während die Tonalität seriös und weitgehend nüchtern bleibt, ist der Blick auf das Thema klar männlich geprägt: Brüggers Fragen drehen sich um das (damals noch) höhere Rentenalter für Männer, Benachteiligungen im Scheidungs- und Sorgerecht oder die Dienstpflicht.
Bis heute seien fast nur rechtliche Benachteiligungen von Frauen aufgehoben worden, während «noch zahlreiche und gravierende rechtliche Benachteiligungen für Männer bestehen», schreibt Brügger dort.
Eine solche wittert er auch beim Recht auf straffreien Schwangerschaftsabbruch. 2016 forderte Brügger gegenüber «20 Minuten» bei Abtreibungen ein Mitspracherecht für den Erzeuger:
Seit 44 Jahren am Thema dran
Mehrfach reichte Leo Brügger im Kanton Zürich erfolglose Einzelinitiativen ein: So forderte er etwa eine Zivilschutzpflicht für Frauen (1987), geschlechterparitätisch besetzte Gleichstellungsgremien (1993) sowie eine allgemeine Dienstpflicht für beide Geschlechter (2016).
Er setze sich «seit 44 Jahren in seiner freien Zeit ab und zu für gleiches Recht für Frauen und Männer ein», schreibt Brügger auf Anfrage. 1981 hatte die Bevölkerung dem Gleichstellungsartikel in der Bundesverfassung zugestimmt. Ein Bericht des Bundesrats von 1986 habe aufgezeigt, wie die Gesetzgebung Frauen und Männer damals noch ausgehend von ganz unterschiedlichen Rollenverständnissen behandelte, so Brügger.
Teilweise sei die rechtliche Gleichbehandlung auch Jahrzehnte später noch nicht erreicht, so auch bei der Dienstpflicht. Die Service-Citoyen-Initiative biete die «seltene Gelegenheit», das zu ändern.
«Ein sehr überlegter Mann»
Eine erste Tranche von 30'000 Franken spendete Leo Brügger Ende Juli nach einem Spendenaufruf des Initiativkomitees. Dessen Präsidentin Noémie Roten traf sich nach dem Eingang dieser Spende mit Brügger zu einem Gespräch. Sie habe ihn als «ruhigen, sehr überlegten Menschen erlebt, der sich schon lange für Gleichstellung einsetzt». Er habe an seine Spenden keine Vorgaben zur Abstimmungskampagne geknüpft.
Allerdings habe sie mit Brügger darüber diskutiert, welche Rolle das Gleichstellungsargument im Abstimmungskampf spielen soll.
Ebenso zentral sei die Stärkung der Sicherheit, des gesellschaftlichen Zusammenhalts und des Potenzials junger Menschen.
Am 8. Oktober spendete Leo Brügger weitere 100'000 Franken und am 29. Oktober – nachdem die erste SRG-Umfrage einen leichten Vorsprung des Ja-Lagers erhoben hatte – nochmals 125'000 Franken. Über seine Vermögensverhältnisse erteilt er keine Auskunft. (aargauerzeitung.ch)
