Der oft zitierte Röstigraben dürfte sich kaum je so klar gezeigt haben wie bei der Stopfleber. 89 Prozent der Deutschschweizer Bevölkerung sind für ein Importverbot von Stopfleber. In der Romandie sind 65 Prozent dagegen. Dies geht aus einer repräsentativen watson-Umfrage hervor.
Die Deutschschweiz unterstützt damit im Gegensatz zur Romandie die Stopfleber-Initiative, die Mitte Februar mit 102'478 gültigen Unterschriften zustande gekommen ist.
«Sprachregionale Unterschiede waren zu erwarten», sagt Initiantin Katharina Büttiker. «Die starke Zustimmung in der Deutschschweiz freut mich jedoch gewaltig.» Wichtig sei nun, dass die Menschen, die hinter dem Verbot stünden, bei der Abstimmung auch an die Urne gingen. Büttiker sagt:
Die Initianten fordern, dass die Schweiz den Import von Stopfleber («Foie gras») und vergleichbaren Produkten, die durch tierquälerische Zwangsfütterung von Tieren gewonnen werden, verbietet.
Auch Meret Schneider zeigt sich über das Resultat der Umfrage von watson positiv überrascht. Die ehemalige Nationalrätin der Grünen hat sich im Parlament stark dafür eingesetzt. «Dass in der Deutschschweiz 90 Prozent ein Importverbot für Stopfleber unterstützen, freut mich sehr. Mit einem so hohen Wert hätte ich nicht gerechnet», so Schneider.
Versuche, welsche Mitglieder des Parlaments mit den Umfrageresultaten zu konfrontieren, führen ins Leere. watson hat zahlreiche Politikerinnen und Politiker aller Parteien aus der Romandie kontaktiert, die sich im Parlament gegen ein Importverbot ausgesprochen haben und damit dieselbe Haltung vertreten wie ihre Wählerschaft. Sonst selten um eine Einschätzung verlegen, möchten sich die gewählten Volksvertreter zur Stopfleber offenbar nicht öffentlich äussern.
Auf E-Mails mit konkreten Fragen und den – kompakt zusammengefasst – wichtigsten Erkenntnissen der Umfrage haben rund 15 Parlamentarier aus der Romandie nicht reagiert.
Hört man sich in der Politlandschaft um, wird schnell klar: Die Stopfleber ist ein höchst emotionales Thema. Eine richtige Auseinandersetzung zwischen Deutschschweizern und Romands finde nicht statt, mit Argumenten komme keine Seite weiter.
Meret Schneider bestätigt: «Die Stopfleber ist kein Thema, über das man diskutiert.» Die ehemalige Grünen-Nationalrätin hatte sich im Parlament stark für ein Importverbot von Stopfleber eingesetzt. Schneider sagt:
Gewiss, nicht alle welschen Parlamentarier sind gegen ein Importverbot von tierquälerisch erzeugter Stopfleber. Diejenigen unter ihnen, die ein solches Verbot unterstützen – grossmehrheitlich Politikerinnen und Politiker der SP, Grünen und GLP –, hängen dies jedoch nicht an die grosse Glocke. Aus gutem Grund.
Als welsches Parlamentsmitglied könne man sich öffentlich fast nicht für ein Importverbot von Stopfleber aussprechen, auch wenn man diese Meinung vertrete, heisst es hinter vorgehaltener Hand. Man verscherze es sich sonst mit der Wählerschaft. Zwar sind sämtliche Abstimmungsresultate des Parlamentes auf der Website einsehbar, die breite Bevölkerung schaut sich diese Dokumente jedoch kaum an.
«Ein Thema wie das Importverbot von Stopfleber, die in der Romandie kulturell tief verankert ist, ist politisch sehr heikel», sagt Polit-Analyst Mark Balsiger. Er führt aus:
Die Zurückhaltung der welschen Parlamentarier, welche den Import von Stopfleber nicht verbieten möchten, kann auch Schneider nachvollziehen. Deren Verhalten sei allerdings «egoistisch». «Sie setzen sich nicht in die Nesseln, indem sie in den Medien als Befürworter eines solch tierquälerischen Produktes vorkommen. Gleichzeitig stimmen sie so ab, wie es die Mehrheit ihrer Wählerschaft in der Romandie tut, was gut ankommt. Es ist eine Win-win-Situation.»
Schneider betont, sie habe sich zu allen für sie relevanten politischen Themen immer geäussert. «Ich bin auch zu meiner Meinung gestanden, wenn diese den Ansichten der Grünen widersprochen hat.»
Polit-Analyst Balsiger bestätigt, was Schneider sagt. Man rede dann mit den Medien, wenn sich ein Vorteil ergebe. «Der Opportunismus bei Politikerinnen und Politikern ist bei allen Parteien sehr ausgeprägt.»
Was gesagt werden muss: Auch zahlreiche Parlamentarierinnen und Parlamentarier aus der Deutschschweiz haben sich im Februar 2022 gegen ein Importverbot für Stopfleber ausgesprochen. Sie stammen fast ausschliesslich aus den Fraktionen der SVP, FDP und Mitte. Auch sie wurden von watson kontaktiert und auch sie hatten kein Interesse oder keine Zeit für ein Gespräch.
Ob sich dies im Abstimmungskampf ändern wird? Geht man von den Umfrageresultaten aus, dürfte es von den Gegnern viel Einsatz brauchen, um die Stopfleber-Initiative zu bodigen. Spätestens dann müssten sie auch öffentlich in Erscheinung treten.
Gehe mal schwer davon aus, dass man ansonsten beim Metzger oder im Deli kaum nach kranken Organen von Tieren verlangt.
Für welche, die nicht auf den vielgepriesenen Genuss verzichten wollen:
Geschmack/Textur kann man aus einer gesunden Leber und Brustfett, natürlich eines toten Tieres vom Bio Hof, im Mixer auch erreichen, ohne dass man Tiere bis zum letzten Atemzug quält. Happy Foie u. a. machen es
vor.
Deshalb klares Ja von mir für ein Importverbot.