Zum Steigbügelhalter der SVP haben ihn die anderen Parteien erklärt: Mitte-Chef Gerhard Pfister will mit einem Gegenvorschlag zur 10-Millionen-Initiative den Wunsch der SVP aufnehmen und eine Schutzklausel für die Zuwanderung in der Verfassung verankern. Im Unterschied zur Initiative soll die automatische Kündigung der Personenfreizügigkeit weg und der Bruch mit der EU so abgewendet werden.
Bereits Mitte Mai verschickten FDP, SP, GLP und Grüne eine gemeinsame Medienmitteilung, in der sie den Gegenvorschlag als «Verzögerungstaktik» der Mitte anprangerten. Damals hatte eine SVP-Mitte-Mehrheit der Staatspolitischen Kommission Prüfaufträgen zugestimmt, die Fragen der Zuwanderungssteuerung vertiefen sollten. Das wollen die anderen Parteien nicht: Die Diskussion über den inhaltlich schwammigen Gegenvorschlag helfe letztlich nur der SVP, weil sie weitere Unsicherheit schaffe.
FDP-Nationalrat Christian Wasserfallen sagte damals: «Mit dieser Verzögerungstaktik fällt die Mitte auf die SVP herein.» SP-Co-Chefin Mattea Meyer doppelte nach: Indem die Mitte gemeinsame Sache mit der SVP mache, gefährde sie stabile Beziehungen zur EU. «Gerade in der aktuellen Lage ist das ein Hochrisikoexperiment und eine rasche Klärung umso wichtiger.»
Da ist also die zeitliche Schiene: Die Initiative, welche die Bevölkerung in der Schweiz bis 2050 auf 10 Millionen Menschen beschränken will, soll möglichst schnell an die Urne kommen, um Klärung zu schaffen. Es gibt aber auch einen inhaltlichen Aspekt: Ein Gegenvorschlag stärkt die Argumente der SVP und schwächt das Argument der vom Bundesrat neu ausgehandelten Schutzklausel für Zuwanderung.
Doch dazu kommt es wohl nicht: Der Gegenvorschlag scheitert klar in der zuständigen Staatspolitischen Kommission. Mit 19 zu 6 Stimmen tritt sie nicht auf Pfisters Vorschlag ein. Die Mitte-SVP-Koalition ist damit Geschichte. Der Grund: Der Gegenentwurf habe keinen Mehrwert, da er die nicht umsetzbare Obergrenze der Initiative zwar aufnimmt, aber keine griffigen Massnahmen vorschlägt, wie die Kommission mitteilt. Es handle sich um «reine Symbolpolitik».
Offenbar gelang es FDP, SP, GLP und Grünen, die Verzögerungstaktik zu brechen: Gerhard Pfister wurde dazu gedrängt, einen ausformulierten Gegenvorschlag zu präsentieren. Der fiel aber nicht nur bei den Gegnern durch. Auch die SVP bevorzugt letztlich das Original gegenüber einem Gegenvorschlag. Auch inhaltlich überzeugte dieser nicht. FDP-Nationalrat Christian Wasserfallen spricht von einem «Allgemeinplatz sondergleichen». Instrumente, um die Zuwanderung zu beschränken, stehen bereits in der Verfassung.
Für Wasserfallen stand sowieso nicht die inhaltliche Diskussion im Vordergrund. Wichtig sei nun gewesen, den Gegenvorschlag schnell zu bodigen. «Nur so können wir die Reihen schliessen.»