Kleiner, schlagkräftiger und teurer als heute: So lässt sich die Stossrichtung von Ueli Maurers «Weiterentwicklung der Armee» zusammenfassen. Sie ist in zahlreichen Punkten eine Abkehr von den Vorgaben der Armee 95 und der Armee XXI, die noch ganz den Geist des Falls der Berliner Mauer atmeten. Die Friedenseuphorie in Europa ist verflogen – oder wie Ueli Maurer sagt: «Im Nachhinein ist man immer schlauer.»
Kernpunkt der Reform ist die rasche Mobilisierung. Künftig sollen innert 10 Tagen bis zu 35'000 Soldaten aufgeboten werden können. Heute ist die Armee nicht in der Lage, rasch Truppen ausgerüstet in den Einsatz zu bringen. «Die Ukraine zeigt, wie rasch sich die Situation ändern kann», sagt Maurer. Insgesamt wird die Armee von heute fast 200 000 auf künftig 100 000 Mann verkleinert.
Das Budget soll neu nicht mehr jährlich, sondern in einem Vier-Jahres-Rhythmus festgelegt werden. Der Bundesrat will bis 2020 dafür 4,875 Milliarden Franken pro Jahr zur Verfügung stellen – etwas weniger als die vom Parlament geforderten 5 Milliarden. Grund für diese Abweichung sind fehlende Rüstungsprojekte, die bereits zahlungsreif wären.
Weitere wichtige Neuerungen betreffen die Verkürzung der Rekrutenschulen von 21 auf 18 Wochen sowie der Wiederholungskurse von 3 auf 2 Wochen. Die Zahl der Soldaten im Ausland soll von heute 300 auf 500 erhöht werden. In diesem Zusammenhang wird auch der Kauf von neuen Transportflugzeugen geprüft. Die Zusammenarbeit mit der Nato soll im Bereich des Luftdaten-Austausches intensiviert werden.
Punkto Rüstung will die Landesregierung in die Feuerunterstützung für Bodentruppen, Boden-Luft-Abwehrsysteme, Cyber-Defence und neue Drohnen investieren. Maurer muss dem Bundesrat bis Ende Jahr eine Auflistung der Beschaffungsvorhaben präsentieren.
Die Reform geht SP und Grünen zu wenig weit. Sie fordern eine weitere Verkleinerung der Bestände und Kürzung des Budgets. SVP und anderen rechtsbürgerlichen Gruppierungen geht sie indes zu weit. Die Armee brauche mehr Soldaten und Geld, lautet der Tenor. Mehrheitlich zufrieden sind FDP und Grünliberale. «Die Reform zielt in die richtige Richtung, doch es fehlt eine militärische Lageanalyse und davon abgeleitete Bedrohungsszenarien», sagt etwa Nationalrat Roland Fischer (GLP, LU).
Diese Kritik teilt auch der Luftwaffenexperte Georges Bridel: «Bevor konkrete Beschaffungen gemacht werden, muss doch klar sein, wofür das neue Gerät genau gebraucht wird.» Das Verteidigungsdepartement habe es verpasst aufzuzeigen, welches die wahrscheinlichsten Bedrohungen sind und wie sich die Schweiz dagegen zu wappnen habe.
Bridel verweist auf eine Passage im neuen Konzept für die Luftwaffe. Darin heisst es: «Die Luftwaffe muss fähig sein, sowohl angreifende Ziele zu bekämpfen (defensive Luftverteidigung), als auch die gegnerische Luftwaffe in deren Raum anzugreifen (offensive Luftverteidigung).» Solche Aussagen hält Bridel, der seit 1980 international in der Entwicklung und Analyse von Militärflugzeugen tätig ist, für «völlig absurd».
Dies bedeute, dass die Schweizer Luftwaffe etwa über Mailand oder Dijon Offensivaktionen durchführen würde – für Bridel Ausdruck einer fehlenden Gesamtstrategie, gegen wen und was man sich wie verteidigen wolle. Ueli Maurer weist solche Vorwürfe zurück und verweist auf den sicherheitspolitischen Bericht 2010. Die nächste umfassende Bedrohungsanalyse will der Bundesrat 2016 vornehmen.