Justizfall im Kanton Uri
02.10.2014, 02:4428.10.2015, 09:16
Ignaz Walker: «Ich weiss, dass ich unschuldig bin.»Bild: Screenshot SRf
Der Erstfelder Cabaret-Betreiber Ignaz Walker sitzt seit vier Jahren in Untersuchungshaft. Das Urner Obergericht verurteilte ihn im letzten Herbst zu 15 Jahren Gefängnis: Er soll einen Auftragskiller auf seine Frau angesetzt und 11 Monate zuvor auf einen Gast geschossen haben. Walker beteuerte jedoch stets seine Unschuld.
Die Rundschau im SRF hat den Fall noch einmal aufgerollt und einige Ungereimtheiten entdeckt. Strafrechtsprofessor Christof Riedo wirft der Urner Justiz in der Sendung schwere Versäumnisse vor. Im Konkreten geht es um Folgendes:
- Ein Mann erzählte der Polizei, Walker habe auf ihn geschossen. Während der Tat und bei der darauf folgenden Befragung hatte er jedoch 2,6 Promille Alkohol intus. Der Holländer hat sich wenige Tage später bei Walker für die falsche Anschuldigung entschuldigt. Die Polizei habe ihn dazu überredet. Trotzdem wurde der Zeuge nicht noch einmal befragt. Das ist gemäss Strafrechtsprofessor Christof Riedo eine Rechtsverletzung.
- Im Dezember 2006 artete ein privater Besuch von vier betrunkenen Polizisten in Walkers Striptease-Bar aus. Es kam zum Streit mit Walker, eine Bierflasche flog, Walker reichte später Strafanzeige ein. Im Fall Walker führte nun ausgerechnet einer dieser Polizisten die Spurenermittlung. Walker machte darauf aufmerksam, dass ermittelnde Polizisten befangen seien, nichts geschah. Für den Experten Riedo ist klar: Der Polizist hätte in den Ausstand treten müssen.
- Als Hauptindiz würdigte das Gericht eine DNA-Spur auf der abgefeuerten Patronenhülse. Doch diese DNA fand ausgerechnet derjenige Kriminalpolizist, der gemäss Strafprozess-Professor Riedo wegen Befangenheit gar nicht erst hätte ermitteln dürfen. Und ausgerechnet diesem Kriminalpolizist soll eine forensische Sensation gelungen sein: So hatte er angeblich von der abgefeuerten Patronenhülse vom Tatort Walkers DNA sicherstellen können. Selbst dem renommierten Forensischen Institut Zürich ist dies noch nie gelungen.
«Hier wurde etwas manipuliert zu Ungunsten von Herrn Walker.»
Verteidiger Linus Jaeggi
Walkers Verteidiger Linus Jaeggi spricht in der «Rundschau» Klartext: «Hier wurde etwas manipuliert zu Ungunsten von Herrn Walker.» Er verlangte, dass das Gericht den Polizisten zu diesem gewichtigsten Beweismittel befragt. Doch das Obergericht verweigerte auch dies.
Dazu Strafprozessrechts-Professor Riedo: «Man hat hier tatsächlich das Gefühl, dass Beweismittel teilweise ‹sec› gegen den Strich gebürstet wurden. Man spürt eine Grundtendenz: Das Ziel ist, den Betreffenden schuldig zu sprechen.»
Ignaz Walker hat beim Bundesgericht Beschwerde eingereicht. für ihn ist es die letzte Chance zur Wahrheitsfindung. Die Urner Strafbehörden und das Obergericht äusserten sich gegenüber der «Rundschau» nicht zu dem Fall, denn es sei ein hängiges Verfahren.
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