Schweiz
Gesellschaft & Politik

Migros und Coop wollen keine Dekla­rations­pflicht für Flugimporte

Migros und Coop lehnen Deklarationspflicht für eingeflogene Lebensmittel ab

28.12.2023, 19:4329.12.2023, 15:54
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Papaya aus Brasilien, Bananen aus Kolumbien und Datteln aus Israel. Viele Lebensmittel in unseren Supermärkten haben eine lange Reise hinter sich. Die Schweiz importiert rund die Hälfte der Lebensmittel, wobei der grösste Teil aus Europa stammt.

Wo ein Produkt angebaut oder hergestellt wurde, muss angegeben werden. Nicht aber, wie das Produkt in die Schweiz gelangt ist.

Per Transporter? Schiff? Flugzeug?

Die Information findet man in der Regel nicht. Denn die Kennzeichnung ist nicht obligatorisch.

Nationalrätin Christine Badertscher will dies ändern. Die Grüne-Politikerin hat eine parlamentarische Initiative eingereicht, die auch Bauernverbandspräsident Markus Ritter (Mitte, SG) unterschrieben hat. Konkret soll beim Import von frischen Lebensmitteln die Transportart künftig deklariert werden.

Mehr Transparenz

Konsumentinnen und Konsumenten wären somit besser in der Lage, nachhaltiger einzukaufen. Denn: Lebensmittel, die mit dem Flugzeug importiert werden, weisen eine schlechtere Ökobilanz auf als etwa jene, die mit dem Schiff ankommen.

2021 sind rund 2 Prozent aller importierten Lebensmittel in die Schweiz eingeflogen worden, frischer Fisch am häufigsten. Rund 4 Prozent des importierten Fisches kommt via Flugzeug in die Schweiz. Beim Fleischimport beträgt der Anteil 2 bis 3 Prozent. Bei Früchten und Gemüse liegt er bei unter einem Prozent. Doch das sind immer noch 7357 Tonnen.

At Coop Silhcity in Zurich, pictured on January 29, 2015. (KEYSTONE/Christian Beutler)

Im Coop Sihlcity am 29. Januar 2015 in Zuerich. (KEYSTONE/Christian Beutler)
Beim Import von frischen Lebensmitteln soll die Transportart künftig deklariert werden.Bild: KEYSTONE

Zustimmung gefunden hat die Gesetzesänderung beim WWF und bei der Stiftung für Konsumentenschutz (SKS). «Es macht wenig Sinn, dass auch in diesem Bereich wie bei den Labels jeder Anbieter sein eigenes Süppchen kocht», sagt Josianne Walpen, SKS-Ernährungsexpertin, gegenüber dem «Tagesanzeiger».

Denn die Detailhändler Migros und Coop würde gemäss eigenen Angaben Lebensmittel, die via Luftverkehr importiert wurden, bereits mit einem «By Air»-Kleber versehen. Bei Migros mache der Anteil an Flugware zudem nur 0,27 Prozent der Gesamtabsatzmenge aus. Coop gibt keine Zahlen bekannt.

Detailhändler sehen die Reform als «wenig zielführend»

Der IG Detailhandel Schweiz lehnt eine Kennzeichnungspflicht aus Praktikabilitätsgründen ab und verweist darauf, dass es im Ausland auch keine Pflicht gebe. «Realistisch betrachtet ist aufgrund des kleinen Marktes Schweiz nicht davon auszugehen, dass internationale Hersteller die Deklaration und somit eine spezielle Paketierung nur für den Schweizer Markt aufbringen und wenn ja, dann werden diese zu Preiserhöhungen führen», schreibt die Interessengemeinschaft, welche sich für Migros, Coop und Denner äussert, in einer Stellungnahme.

Lidl und Aldi verzichten auf das Einfliegen von Obst und Gemüse. Anfang 2020 hat Lidl das Flugverbot auch auf Frischfisch, Frischfleisch und frische Kräuter ausgeweitet.

Die Vernehmlassung der Motion dauert bis zum 22. Januar 2024.

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119 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Chill Dude
28.12.2023 19:58registriert März 2020
Eine Deklarationspflicht wäre wünschenswert. Ich befürchte nur, dass Menschen die im Dezember Erdbeeren kaufen, sich nicht dafür interessieren.
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Andi Weibel
28.12.2023 19:49registriert März 2018
Wenn die Deklarationspflicht zu höheren Preisen von eingeflogenen Lebensmitteln führt, ist das nicht ein Problem, sondern ein wünschenswerter Nebeneffekt.
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MartinZH
28.12.2023 20:41registriert Mai 2019
Seit Jahren kämpfen Migros und Coop damit, dass ein immer grösserer Teil des Kuchens zu Aldi und Lidl abwandert...

Offensichtlich machen die beiden Ladenketten, die einst aus DE hervorgegangen sind und ihr Erfolgsmodell in viele Länder der Welt exportieren konnten, weil sie wissen, wie man gut wirtschaftet, eine ganze Menge richtig, weil sie sich u.a. auch bzügl. CSR verantwortungsbewusst und fortschrittlich verhalten.

Neben dem, dass die beiden Ketten in der CH bessere Löhne als Migros und Coop bezahlen, haben sie sich vom Flug-Obst und -Gemüse bereits konsequent verabschiedet. Sympathisch.
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