Am Montag Mittag hätte Bundespräsident Ueli Maurer dem Moderator Reto Lipp in der SRF-Wirtschaftssendung «Eco» ein Interview geben sollen. Thema war die anstehende Abstimmung über die Steuerreform und AHV-Finanzierung, kurz STAF.
Kurz vor der Aufzeichnung der Sendung kommt es dann aber zum Eklat. Wie vereinbart erscheint Maurer zwar im Fernsehstudio. Doch weil er sich an den Formulierungen im vorbereiteten Beitrag stört, läuft er Moderator Lipp kurzerhand davon.
Bundespräsident Ueli Maurer liess heute Mittag ein Interview mit #srfeco zur Steuervorlage 17 im Studio platzen. Er erschien zwar im Studio, störte sich aber an der Formulierung "alter Wein in neuen Schläuchen" im Beitrag und verliess das Studio. #srfeco 22.25 Uhr
— Reto Lipp (@retolipp) 8. April 2019
Im Beitrag geht es um die Vorlage zur Steuerreform und AHV-Finanzierung – ein komplexes Thema, über das die Schweizer Bevölkerung am 19. Mai befinden muss. Kritiker sagen, bei der aktuellen Vorlage für die Steuerreform handle es sich um die gescheiterte Unternehmenssteuerreform, die in neuer Verpackung wieder vors Volk komme. Einen ersten Versuch, die Unternehmenssteuer zu reformieren, wurde von der Schweizer Bevölkerung im 2017 abgelehnt.
Um diese Kritik an der Steuervorlage einfacher zu erklären, gebrauchen die Macher des Beitrages das Bild von alten Schläuchen, die mit neuem Wein gefüllt sind. Eingeblendet werden Rebstöcke und Szenen aus einer Weinfabrik.
Daran habe sich Maurer gestört. Er habe Lipp gesagt, das Bild sei falsch. Zudem ärgerte er sich, dass im Beitrag der Professor Christoph Schaltegger von der Universität Luzern zu Wort kommt. Dieser kritisiert die Vorlage zwar leicht, bekämpft sie allerdings nicht.
Obwohl Maurer nach dem Beitrag in einem acht minütigen Interview Zeit gehabt hätte, die Vorlage zu verteidigen, wollte er das nicht mehr tun. Er verliess das Fernsehstudio.
Journalist Reto Lipp musste kurzerhand einen Ersatz für Maurer aufbieten. In die Bresche spring Swissmem-Vizepräsident Philipp Mosimann. Wie Maurer vertritt auch er die STAF-Vorlage. Das Bild von dem alten Wein in neuen Schläuchen findet er nicht so dramatisch. Er habe darüber schmunzeln können, sagt er im Interview mit Lipp.
Der Industrielle Philip Mosimann, Präsident von Bucher Industries und Vizepräsident von Swissmem, vertritt heute die Befürworter der Steuervorlage/AHV #STAF bei mir im Studio. Danke Philip Mosimann für das sehr kurzfristige Einspringen - das war grosse Klasse!
— Reto Lipp (@retolipp) 8. April 2019
Regula Rytz, Präsidentin der Grünen, gibt sich auf Twitter erstaunt. An einer Sitzung des Ständerates im Sommer 2018 habe Maurer selber auf die Schwächen der Vorlage hingewiesen und mit anderen Worten gesagt, dass die STAF im Steuerteil eben doch alter Wein in neuen Schläuchen sei. Er sagte: «Wenn wir die Steuervorlage mit Blick auf eine mögliche Volksabstimmung beurteilen, dann ist festzuhalten, dass sie eigentlich die gleichen Mängel hat, die die Unternehmenssteuerreform hatte.»
Zeit, den Tatsachen ins Auge zu sehen: Die #STAF ist im Steuerteil "alter Wein in neuen Schläuchen", das hat Bundespräsident Maurer im Ständerat selber so gesagt. Und auf weitere Schwächen hingewiesen. So geht man nicht mit einem Volksauftrag um! @GrueneCH @stafnein @retolipp pic.twitter.com/o9t4ajaDMY
— Regula Rytz (@RegulaRytz) 8. April 2019
Der Chefredaktor TV von SRF, Tristan Brenn, stellte klar, dass das Wirtschaftsmagazin «Eco» keine Abmachungen mit Maurer gebrochen habe. Es sei journalistische Pflicht, auf die Argumente der Gegner einzugehen. Insbesondere vor einer Abstimmung. Das gelte auch bei Interviews mit Bundesräten.
Klarstellung: #srfeco hat keine Abmachungen mit Bundespräsident Ueli #Maurer gebrochen. Konfrontation mit Argumenten der Gegner ist journalistische Pflicht, vor Abstimmungen ohnehin. Gilt auch, wenn Bundesräte interviewt werden. #STAF @SRF https://t.co/HFV3c7Zf78
— Tristan Brenn (@brenntr) 8. April 2019
Bundesrat Maurer hat bisher keine Stellung zum Vorfall genommen.
Es ist nicht das erste Mal, dass Maurer ein Fernseh-Interview platzen liess. Bereits nach den Bundesratswahlen 2015 liess er den SRF-Moderator auflaufen, der ihm das Mikrofon hinhielt. «Nei, kä Luscht!», lautete seine etwas unflätige Antwort.
Aus dem Jahr 1999 stammt die Szene, bei der Maurer das Studio von Tele24 wutentbrannt verliess. Moderator Roger Schawinski bezeichnete den damaligen SVP-Parteipräsidenten als Parteipräsident von Blochers Gnaden.
(sar)
Wie feige ist das denn? Ein Politiker, der sich keiner leicht unbequemen Kritik stellen will?
Da hat ja mein 8 jähriger Neffe mehr Rückgrat.
Schande über sein Haupt!