Gemäss dem Asylgesetz erhalten jene Personen Schutz in der Schweiz, die in ihrem Herkunftsland verfolgt werden und an Leib und Leben bedroht sind. Das Gesetz werde aber «immer mehr auch zu einem Schutzgedanken für medizinische Bedürfnisse von Asylsuchenden ausgeweitet». So lässt sich die Vizedirektorin des Staatssekretariats für Migration (SEM), Esther Maurer, in einer Zeitschrift der Eidgenössischen Migrationskommission zitieren. Menschen mit oftmals «sehr gravierenden medizinischen Problemen» stellten ein Asylgesuch, «um sich hier gratis behandeln zu lassen», sagt Maurer im Interview weiter. Die Schweiz sei aufgrund ihres gut ausgebauten Gesundheitssystems sehr attraktiv – und im Vergleich mit anderen Ländern «recht grosszügig».
Asylsuchende sind in der Schweiz krankenversicherungspflichtig. In der Grundversorgung erhalten sie dieselben Leistungen wie andere Personen mit Wohnsitz in der Schweiz, ohne Einschränkungen des Leistungskatalogs. In der ersten Phase, während der sie sich in einem Zentrum des Bundes aufhalten, sind sämtliche Asylsuchende bei der CSS versichert. Diese Regelung gilt seit Anfang Juni. Nach der Verteilung auf die Kantone kommen auch andere Kassen in Frage, wobei die Auswahl auf Versicherer mit günstigen Konditionen beschränkt werden kann.
Bei sozialhilfeabhängigen Personen im Asylbereich kommt der Kanton für die Prämien, Franchisen und Selbstbehalte auf. Dafür gibt es wiederum Geld vom Bund. 2017 betrugen die Bundessubventionen für die Gesundheitskosten der Asylsuchenden und vorläufig Aufgenommenen 117 Millionen Franken, im vergangenen Jahr waren es 82 Millionen.
Gemäss SEM-Sprecher Daniel Bach kommen die Menschen, die ein Asylgesuch stellen und sich während des Verfahrens medizinisch behandeln lassen wollen, aus Georgien. Zahlen kann Bach nicht nennen. Es handle sich um «wenige, aber zum Teil schwerkranke Personen». Georgier haben keine Aussicht auf Asyl in der Schweiz, das Land gilt als sicherer Herkunftsstaat. Die Rückführung wird aber aufgeschoben, wenn eine Person nicht transportfähig ist oder sich ihr Zustand in Georgien wegen fehlender Behandlungsmöglichkeiten dramatisch verschlechtern würde. Bei einem Besuch in Georgien machte sich SEM-Chef Mario Gattiker im September ein Bild vom medizinischen Angebot. Und er einigte sich mit dem georgischen Innenminister auf eine verstärkte Zusammenarbeit bei der Bekämpfung der irregulären Migration.
Gemäss dem Präsidenten der Vereinigung der kantonalen Migrationsbehörden, Marcel Suter, gibt es vereinzelt auch Fälle aus anderen Ländern, etwa aus Weissrussland und der Ukraine. Die kantonalen Migrationsbehörden hätten aber keine Kenntnis von einer starken Zunahme. Der Krankenversicherer CSS teilt mit, für ein eindeutiges Fazit sei es noch zu früh, weil man die Asylsuchenden erst seit kurzer Zeit versichere. Es handle sich aber nicht um ein sehr verbreitetes Phänomen. «Unsere bisherigen Berechnungen deuten auch nicht darauf hin, dass Asylsuchende überdurchschnittlich hohe Kosten verursachen.»
Zu einem anderen Schluss kam vor rund zwei Jahren der Bundesrat. Auf einen Vorstoss aus der SVP antwortete er, die Durchschnittskosten von Asylsuchenden in der obligatorischen Krankenpflegeversicherung seien im Jahr 2015 um 8,8 Prozent höher gewesen als die Durchschnittskosten der übrigen Versicherten. Gemäss dem Bundesamt für Gesundheit (BAG) gibt es keine neueren Berechnungen. 2015 war zudem ein aussergewöhnliches Jahr mit vielen Asylgesuchen. Die Zahlen seien deshalb nur sehr bedingt aussagekräftig, heisst es beim BAG.
Asylgesuche zwecks medizinischer Behandlung betreffen nicht nur die Schweiz. Auch die französischen Behörden machten kürzlich auf den «Medizintourismus» aufmerksam. Als Gegenmassnahme sollen Asylsuchende künftig erst nach drei Monaten Zugang zum Gesundheitssystem haben – es sei denn, es handle sich um einen Notfall. Der Zürcher SVP-Nationalrat Gregor Rutz ortet auch in der Schweiz Handlungsbedarf. Asylbewerber sollten sich zwar «selbstverständlich behandeln lassen können». Wenn jemand aber nur zu diesem Zweck ein Gesuch einreiche und nicht aus einem eigentlichen Asylgrund, dann sei dies störend, sagt Rutz. «Wir werden dem Staatssekretariat für Migration hierzu sicherlich Fragen stellen.»
Das ist ein Rhetorische Frage...