Der Bund hat IV-Leistungen gestrichen. Das zeigt eine Recherche der «NZZ am Sonntag». Von der Kürzung betroffen sind unter anderem Kinder und Jugendliche, die durch Geburtsgebrechen stark behindert und darum auf lebenswichtige Geräte angewiesen sind.
Jahrelang hat die Invalidenversicherung (IV) die Miete dieser Geräte gedeckt, jetzt müssen die Eltern selbst dafür aufkommen – und geraten deswegen in finanzielle Not. Laut der «NZZ am Sonntag» geht es dabei in manchen Fällen um über 10'000 Franken im Jahr.
Diese Änderung ist offenbar ohne Vorwarnung passiert – und gegen den Willen des Parlaments. Eine Übersicht in drei Punkten.
2019 wurde im Parlament die IV überarbeitet. Das Parlament unterstützte viele vom Bundesrat vorgeschlagene Änderungen, ausser eine: Leistungen für Kinder und Jugendliche mit Geburtsgebrechen sollten nicht mittels einer Liste eingeschränkt werden.
Doch das Innendepartement von Alain Berset (SP) hat genau das getan – laut der «NZZ am Sonntag» mittels einer Verordnung, zu der das Parlament nichts zu sagen hat. Ab sofort zahlt die IV nur noch das, was auf der sogenannten Mittel- und Geräteliste (MiGeL) steht.
Bei Erwachsenen wird das schon lange so gehandhabt. Für Kinder sei eine solche Regelung jedoch nicht geeignet, sagen Expertinnen und Experten, mit denen die «NZZ am Sonntag» gesprochen hat.
Politiker und Politikerinnen sind aufgebracht. Mitte-Nationalrat Christian Lohr hat 2019 damals als Kommissionssprecher durch die IV-Debatte geführt und sagt in der «NZZ am Sonntag»: «Es kann nicht angehen, dass sich irgendwelche Bundesstellen über Parlamentsbeschlüsse stellen.» Es sei ihm schleierhaft, woher der Bundesrat nach der Streichung dieses Artikels die Kompetenz hernehme, die Einschränkung doch vorzunehmen.
Die Reaktionen auf den Artikel am Sonntag fielen heftig aus. Gerhard Pfister, Nationalrat und Präsident der Mitte, twitterte: «Wie arrogant und unsozial dürfen sich Bundesbeamte gegen den Willen des Parlaments stellen, ohne dass es Folgen hat? Alain Berset muss das sofort korrigieren. Wer in vier Tagen Milliarden für Banken beschliessen kann, sollte das auch können.»
Wie arrogant und unsozial dürfen sich Bundesbeamte gegen den Willen des Parlaments stellen, ohne dass es Folgen hat? @alain_berset muss das sofort korrigieren. Wer in 4 Tagen Milliarden für Banken beschliessen kann, sollte das auch können. https://t.co/sE5Op4yJ6E
— Gerhard Pfister 💙💛 (@gerhardpfister) April 16, 2023
Das zuständige Bundesamt für Sozialversicherungen antwortet auf eine Anfrage der «NZZ am Sonntag», es habe ja gar keine neue Liste eingeführt, sondern lediglich eine bestehende ausgeweitet. Die Praxisänderung führte «entgegen gewissen Behauptungen nicht zu Leistungseinschränkungen». Es sei bloss so, dass die Firmen nun «keine beliebigen Preise mehr in Rechnung stellen» könnten, sondern sich an die MiGeL-Tarife halten müssten. Dies könnte im Einzelfall durchaus zur Folge haben, dass Eltern zu einem anderen, günstigeren Anbieter wechseln müssen.
Wirklich Zeit hatten sie dafür aber nicht. Und für Alex Fischer von Procap ist diese Überlegung überhaupt ein Trugschluss: Günstigere Firmen würden meist nur ein Teilangebot liefern, sagt er in der «NZZ am Sonntag», und gewisse Geräte und Leistungen seien gar nicht oder nur ungenügend gedeckt.
(lyn)
Grrrrr.
Jetzt noch Kindern mit Gebrechen und Barrieren die Unterstützung kürzen??
Aber der CS Milliarden in den A schieben und Grossfirmen Steuergschenkli machen?
Geistiges Armutszeugnis?
Hallo?