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Gesundheit

Schweiz: Menschen mit Behinderungen fühlen sich sozial ausgeschlossen

Die meisten Menschen mit Behinderungen fühlen sich in der Schweiz sozial ausgeschlossen

19.09.2023, 19:17
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Vier von fünf Menschen mit Behinderungen fühlen sich stark von der Gesellschaft ausgeschlossen. Besonders deutlich ist ihr Ausschluss in Politik, Arbeit und Mobilität. Das zeigt der erste Schweizer Inklusions-Index der Organisation Pro Infirmis.

ZUM THEMA MENSCHEN MIT BEHINDERUNG IM OEFFENTLICHEN VERKEHR STELLEN WIR IHNEN HEUTE DIESES NEUE BILDMATERIAL ZUR VERFUEGUNG --- The wheelchair user Ms. Koerner uses a pedestrian underpass at the train ...
Eine Frau im Rollstuhl unterwegs am Bahnhof in Baden. Bild: KEYSTONE

Die grösste Fachorganisation für Menschen mit einer Behinderung unterzog die Inklusion in der Schweiz einem Realitätscheck und legte am Dienstag die erste repräsentative Studie zu dem Thema vor. Wie sie mitteilte, attestierte die Uno der Schweiz bereits 2022 grossen Nachholbedarf bei der Inklusion.

Eine Einschätzung aus Sicht der Betroffenen gab es bisher jedoch nicht. Die erste repräsentative Umfrage bei Menschen mit Behinderungen schliesst die Lücke und kommt zu ernüchternden Befunden: Die Schweiz schliesst Menschen mit Behinderungen in vielen Lebensbereichen aus.

Drei Viertel der Befragten fühlen sich in der Politik ungenügend vertreten und berücksichtigt sind. Die Hälfte sieht für sich nur geringe Chancen auf dem Arbeitsmarkt. Haupthindernis ist die geringe Bereitschaft der Unternehmen, Menschen mit Behinderungen anzustellen. Zudem gibt es der Umfrage zufolge zu wenig geeignete Arbeitsplätze.

Mühe mit öffentlichem Verkehr

Schliesslich hat ein Drittel der Befragten Schwierigkeiten, den öffentlichen Verkehr zu nutzen. Physische Hindernisse wie zu hohe oder zu niedrige Perrons oder Haltestellen sind die Hauptgründe.

Für Pro Infirmis ergibt sich aus dem ersten Inklusions-Index klarer Handlungsbedarf. Die 20 Prozent der Schweizer Bevölkerung, die mit Behinderungen leben, dürften nicht weiter ausgeschlossen sein. Sie seien zwar im Prinzip, nicht aber in Realität rechtlich gleichgestellt.

Um die Teilhabe aller Menschen ungeachtet ihrer Behinderung zu garantieren, müsse die ganze Gesellschaft zusammenarbeiten. Es gelte, Barrieren abzubauen. Im Hinblick auf die eidgenössischen Wahlen am 22. Oktober verschafft Pro Infirmis kandidierenden Menschen mit Behinderungen Sichtbarkeit mit der Behindertenliste.

Die Studie liess Pro Infirmis durch die Sozialforschungs- und Beratungsfirma Grünenfelder Zumbach erheben. Befragt wurden 1433 Personen mit Behinderungen im Alter von 16 bis 64 Jahren in der ganzen Schweiz. (sda)

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90 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Ja genau
19.09.2023 19:53registriert April 2022
Alles schon längst bekannt. Die Schweiz gibt ihr Geld lieber für Anderes, als die eigenen behinderten Menschen aus.
Der Anteil an behinderten Menschen in der Schweiz ist sehr hoch! Sichtbar sind sie kaum, da sie separiert und ausgeschlossen werden, obwohl Inclusion seit mindestens 15 Jahren per Gesetz Pflicht wäre.
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@Jeff
19.09.2023 20:01registriert Juli 2023
Ja, es besteht noch viel Potential für eine bessere Inklusion. Ein freiwilliger Einsatz für z.B. Insieme Cerebral zeigt einem wo überall.

Zwar gibt es rollstuhlgängie Züge und Perrons, aber nicht jeder Zug ist rollstuhlgängig. Bei Bus oder Tram dasselbe und zusätzlich sind die Haltstellen nur teilweise rollstuhlgängig.

Arbeitsstellen gibt es zu wenig für kleine Pensen oder kognitiv eingeschränkte Personen oder Blinde.

Vielleicht wären ab einer gewissen Firmengrösse Inklusionsquotenvorgaben eine Idee, z.B. auf 250 Mitarbeiter eine Inklusionsstelle?
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Monsterius1
19.09.2023 21:58registriert März 2023
Ich bin schockiert wie selbst Staatsfirmen wie Spitäler zb keine tauben Menschen oder blinde zb in der Küche anstellt.
Und immer noch nicht behindertengerechte Zugämge zu Häusern gebaut werden, selbst Mehrfamilienhäuser und Firmen. Dabei sollte das längst obligatorisch sein mit 10% Alten und Behindertenwohnungen.
Zumindest Eingang, WC, Türen, Gänge können Rollstuhlgerecht gebaut werden, ist auch sehr viel angenehmer.
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