Nach sechs Jahren Studium und weiteren fünf bis sechs Jahren Assistenzzeit plangen die meisten Ärztinnen und Ärzte darauf, in eigener Verantwortung den Beruf auszuüben. Das funktioniert heute allerdings nur mit Verzögerung. Anstatt eine eigene Praxis zu eröffnen oder die Stelle im Spital anzutreten, müssen sie nach dem Abschluss warten. Acht Monate, teilweise sogar zehn.
Denn die Stelle, welche die Facharzttitel überprüft und herausgibt, ist seit Monaten massiv überlastet. Das zuständige Institut für ärztliche Weiter- und Fortbildung (SIWF) warnt auf der eigenen Website:
Wobei die sieben Monate konservativ geschätzt sind. Der Verband der Assistenz- und Oberärzte (VSAO) sagt, es gebe viele Betroffene, die acht oder gar zehn Monate auf ihr Diplom warten.
Der Frust ist gross. Gerade ausgebildete Ärztinnen und Ärzte, die einen Auslandsaufenthalt machen oder eine Praxis übernehmen wollen, müssen aufgrund der langen Wartezeit ihre Pläne begraben. «Ohne Facharzttitel kann eine solche Stelle nicht angetreten werden», sagt Philipp Thüler, Leiter Politik und Kommunikation beim VSAO. Ausnahmen bei Spitälern sind möglich – wobei die Ärztinnen dann die Aufgaben und die Verantwortung einer Oberärztin übernehmen, aber zu einem deutlich tieferen Lohn.
Gegenüber CH Media äussern auch andere Betroffene ihren Ärger: Gegen den Ärztemangel werde jede mögliche Lösung diskutiert. Nur bringe das alles nichts, wenn fertig ausgebildete Ärzte ihre Diplome nicht erhalten.
Zum Vergleich: 2024 hat das Institut 1780 Facharzttitel gutgeheissen, 2023 waren es 1927 und 2022 waren es 1928 Titel. Gemäss SIWF war das ein Rekord. Gleichzeitig wächst die Zahl der Abklärungen, die das Institut wegen Ärzten mit ausländischem Diplom machen muss. Es spricht von «turbulenten Zeiten». Viele personelle Wechsel und auch die Digitalisierung setzen dem Institut offenbar zu.
Laut Verband der Assistenz- und Oberärzte sind aktuell über 2500 Gesuche pendent. Und die Situation scheint sich nicht zu entspannen. Dabei gibt das zuständige Institut an, «mit Hochdruck» neue Fachspezialisten einzuarbeiten, die Prozesse zu verschlanken und an der Digitalisierung und der Transparenz zu arbeiten. Nur hiess es das schon vor einem Jahr, als die Wartefristen markant anstiegen.
Thüler sagt, die von der Weiterbildungsordnung vorgegebene Frist von zwei Monaten zur Beurteilung der Dossiers werde schon lange nicht mehr eingehalten. Im letzten Sommer betrug die Wartezeit 120 Tage, seither hat sie sich nochmals verdoppelt.
Dabei räumt Thüler ein, die Aufgabe des SIWF sei nicht trivial.
Es sei also richtig, dass genau geprüft werde. «Es sollte aber dennoch möglich sein, den Prozess zu beschleunigen.»
Dies auch vor dem Hintergrund, dass das Institut für die Prüfung des Diploms 4000 Franken verlangt. Der Verband der Assistenz- und Oberärzte verlangt darum nicht nur, dass das Institut die Anfragen mit einer höheren Dringlichkeit behandelt und dafür auch Ressourcen aus anderen Bereichen bereitstellt. Der Verband verlangt auch einen Rabatt für jene, die so lange auf den Facharzttitel warten müssen.
Ob ein solcher Rabatt gewährt wird, ist noch nicht entschieden. Yvonne Gilli, Präsidentin des Ärzteverbands FMH, zeigt sich zumindest in Bezug auf die Wartezeiten zuversichtlich: «Das SIWF hat das Problem erkannt und Massnahmen eingeleitet.» Dazu gehören ein Schnellverfahren für dringliche Titelerteilungen sowie Prozessvereinfachungen. Laut Gilli dauert es allerdings «einige Monate», bis die Wirkung sichtbar ist und sich die Wartefristen verkürzen. (aargauerzeitung.ch)
Nicht die Prüfung, sondern das Diplom kostet 4'000.-- CHF, wobei vorhergehende Mitgliedsjahre bei der FMH abgezogen werden.