Eigentlich sind wir gerüstet: Dank der Impfungen und Infektionen produziert unser Immunsystem neutralisierende Antikörper, die sich an das Spike-Protein heften und damit verhindern, dass das Coronavirus in Zellen eindringen und vermehren kann. Aber das Virus wehrt sich und entwickelt Mutationen, die bewirken, dass die Antikörper weniger gut an das Spike-Protein binden können.
Solche Mutationen und damit neue Varianten gibt es so viele, dass man sich leicht im Varianten-Dschungel verirren könnte. In der Schweiz macht gerade die Omikron-Variante BA.2.75 einen Aufstieg und ihr Anteil beträgt 25 Prozent, während die Dominanz von XBB leicht zurückgeht.
Weltweit auf dem Vormarsch ist aber die Variante EG.5.1, nach der griechischen Göttin der Zwietracht und des Chaos «Eris» genannt. Sie gewinnt im ständigen Wettkampf zwischen Virus und Immunsystem immer mehr an Boden. In der Schweiz liege die Häufigkeit im Moment bei 33 Prozent, sagt Richard Neher, Virenanalyst beim Biozentrum der Universität Basel. Auch EG.5.1 ist eine Nachfahrin der XBB-Varianten. Allerdings hat man ihr einen neuen Namen gegeben, weil durch die dauernde Verästelung des Omikron-Stammbaumes die Bezeichnungen der XBB-Linie immer komplizierter wurden.
Bereits seit Mai ist diese EG.5-Linie von Sars-CoV-2 unterwegs, die Weltgesundheitsorganisation WHO hat sie als «Virusvariante von Interesse» eingestuft. Wissenschafter des Leibniz-Instituts für Primatenforschung in Göttingen wollten nun wissen, warum sich Eris so schnell verbreitet und haben die Ergebnisse in einer Studie im Fachmagazin «The Lancet» publiziert.
Herausgefunden haben sie, dass EG.5.1 nicht infektiöser ist als ihre Vorgängerinnen. Sie befällt die angepeilten Wirtszellen somit nicht effektiver. Die Ursache für die steigende Verbreitung ist, dass Eris den neutralisierenden Antikörpern besser entkommen kann als andere derzeit zirkulierende Sars-CoV-2-Linien. Das bestätigt Richard Neher: «EG.5.1 hat die Veränderung F456L im Spike-Protein, die es dem Virus wohl ermöglicht, die Bindung einiger Antikörper zu verhindern.» Somit hat Eris einen Vorteil bei den Menschen, deren Immunsystem nach Impfung und Infektion neutralisierende Antikörper gebildet hat – also bei sozusagen allen.
Ob EG.5.1 die dominierende Variante werde, könne man trotz ihres «Antikörperfluchterfolgs» nicht sagen. «Es gibt eine Reihe anderer Varianten, die zum Teil ähnliche Mutationen haben. Wer am Ende dominieren wird, ist schwer vorherzusagen», sagt der Virenanalyst.
Die leicht mögliche Ansteckung mit Eris sagt aber wenig über deren Gefährlichkeit aus. «Mir ist nicht bekannt, dass sie sich in der Pathogenität von anderen Varianten unterscheidet», sagt Neher. Auch Studienleiter Markus Hoffmann vom Leibnitz-Institut hält die Fähigkeit zur Antikörperflucht nicht für ausreichend, damit diese die Basisimmunität komplett unterwandern könnte.
Die neuen Impfstoffe, die zurzeit bei Swissmedic im Zulassungsverfahren sind, sind an die Variante XBB.1.5 angepasst. Diese Impfstoffe empfiehlt das Bundesamt für Gesundheit und die Impfkommission für die Herbstimpfung. Dieser Impfstoff wirke wohl auch gegen Eris, erklärt Neher. «XBB.1.5 ist ein direkter Vorfahre von EG.5.1 und somit XBB.1.5 recht ähnlich.»
In England gibt derweil die Variante Pirola zu reden, die an immer mehr Orten nachgewiesen wurde. Vor dieser Variante BA.2.86 haben Virenexperten gewarnt, weil sie zum Teil ähnliche Eigenschaften hat wie die berüchtigten Alpha-Varianten. BA.2.86 wurde gemäss Neher auch im Schweizer Abwasser wiederholt nachgewiesen und in einer klinischen Probe gefunden. «Aber es gibt keine Hinweise, dass die Häufigkeit zunimmt.» (aargauerzeitung.ch)
Bildhafte Sprache ist ja gut und recht, aber das geht etwas zu weit. Das Virus wehrt sich nicht und entwickelt keine Mutationen. Mutierte Varianten setzen sich durch, weil die bestangepassten (aka fittest) überleben. Das ist ein passives Vorgang, kein aktiver.
Selbstverantwortung ist die definitiv nicht.