Ein bisschen Staatskunde zu Beginn: Die Schweiz hat auf der eidgenössischen Ebene ein Parlament, das in zwei Kammern unterteilt ist. Auf der einen Seite ist der Nationalrat mit seinen 200 Mitgliedern, auf der anderen Seite der Ständerat mit den 46 gewählten Volksvertretern.
Ein Parlament bringt aber nicht viel, wenn es einfach nur existiert. Die Politikerinnen und Politiker müssen sich auch treffen und miteinander reden. Schliesslich kommt das Wort «Parlament» auch von «parlare» oder so. Daran wird man auch an vielen 1. August-Reden erinnert. Wenn sich das Parlament zusammenfindet, dann spricht man in der Schweiz von «Session». Wie häufig das passiert, ist seit 1962 mehr oder wenig unverändert geregelt.
Machen wir ein kurzes Quiz. Wisst ihr es? Ob ihr richtig geklickt habt, seht ihr nach der Galerie mit ein paar historischen Bildern aus dem Bundeshaus.
Das Parlament trifft sich in der Regel vier Mal im Jahr zu jeweils dreiwöchigen Sessionen. Begründet wird das mit dem Milizsystem: Die Schweiz ist stolz darauf, dass die Volksvertreterinnen und Volksvertreter aus dem Volk heraus gewählt werden und ein Parlamentsmandat kein Vollzeit- sondern nur ein Nebenjob ist.
Daran konnte auch die steigende Arbeitsbelastung der Parlamentarier nichts ändern. Versuche, Nationalrätinnen und Ständeräte häufiger ins Bundeshaus zu bringen, um wichtige politische Vorlagen rascher behandeln zu können, scheiterten bislang – doch dann kamen Corona und der Zürcher GLP-Nationalrat Jörg Mäder.
Mäder war einer der gewählten Volksvertreter, der während der Corona-Krise abrupt seine parlamentarische Arbeit auf Eis legen musste. Der Bundesrat übernahm in der ausserordentlichen Lage das politische Zepter, sprach Millionen-Beträge an die Wirtschaft und schränkte Grundrechte ein. Die Nationalräte und Ständerätinnen blieben dem Bundeshaus jedoch fern.
Ihre Frühlingssession wurde abgebrochen. «Dabei wäre es gerade in solchen Situationen zwingend, dass die Legislative die Exekutive eng begleitet und bei Bedarf eingreifen kann», schreibt Mäder jetzt in einem Vorstoss. Er fordert:
Mäder will mit seiner parlamentarischen Initiative erreichen, dass das Parlament während einer ausserordentlichen Lage handlungsfähig bleibt. Durch kürzere und häufigere Sitzungen während einer Pandemie könne der Austausch mit Bundesrat und Verwaltung «stark verbessert» werden. Zudem könnte das Parlament schneller Entscheide fällen.
Im Gespräch mit watson sagt Mäder, dass sein Vorstoss kein Angriff aufs Milizparlament sei. Die Arbeitsbelastung sei zwar während der Pandemie hoch gewesen. Sein Vorschlag würde aber an den Anzahl Sitzungstagen nichts ändern: «Es bleiben nach wie vor zwölf Sessionswochen», sagt er und rechnet vor, dass es während einer einjährigen ausserordentlichen Lage zwölf Einzel-Sessionswochen gäbe – was gleich viel wäre wie vier Mal drei reguläre Sessionswochen. Mehr Spesen gäbe es auch nicht: «Die meisten Ratsmitglieder fahren heute sowieso schon über das Wochenende nach Hause.»
Zwar kommt Mäders Vorstoss zufällig genau zum Zeitpunkt, als im Bundeshaus das umstrittene Covid-19-Gesetz diskutiert wird, mit dem sich der Bundesrat für die kommenden Monate mehr Kompetenz geben will. «Das hat aber damit nichts zu tun», betont der Zürcher GLP-Nationalrat.
Ihm gehe es wirklich nur um die «zeitliche Distanz», die der heutige Sessionsrhytmus während einer Pandemie verursacht. «Wenn eine ausserordentliche Lage im falschen Moment ausgerufen wird, sind National- und Ständerat unter Umständen nirgendwo», sagt Mäder. Das habe man heuer im Frühling bemerkt: Im März wurde die Parlamentssession abrupt abgebrochen, die nächste reguläre Sitzung wäre erst im Juni gewesen.
In dieser Zeit konnte sich der Bundesrat für seine Krisen-Führung nur auf die Stimmen und Meinungen der Parteipräsidien stützen. «Die Volksvertretung im Bundeshaus konnte ihre Rolle gar nicht wahrnehmen – zeitweise kam auch bei der Bevölkerung die Frage: Wo ist denn eigentlich das Parlament?», stellt Mäder fest.
Noch im Frühling verschickten alle Parteien von SP bis SVP ein und dieselbe Medienmitteilung. Voller Pathos verkündete man damals: «Die politischen Parteien stehen vereint und vorbehaltslos hinter dem Bundesrat.» Unklar ist, ob die Parteien auch dann Zusammenstehen werden, wenn sie in einer nächsten ausserordentlichen Lage häufiger nach Bern dürfen.
Für Mäder ist das aber zweitrangig: «Ich erwarte von einem Parlament während einer ausserordentlichen Lage auch ausserordentliche Leistungen.» Das könne es nur tun, wenn es der Sessionrhytmus auch zulässt, so der Nationalrat weiter. Mäder will seinen Vorstoss diese Woche noch einreichen.
Für schnelle Entscheide ist ja der Bundesrat da - und in stürmischen Zeiten wird er auch Entscheide treffen, die allgemein tragfähig sind.
Im Übrigen, kann Herr Nationalrat Mäder dem Bundesrat 365 Tage im Jahr mit einer Abwahl drohen, falls er findet, dass der Bundesrat so falsch liegt.
Warum? Wegen Corona.
Und siehe da, sie kriechen wieder aus ihren Villen und Eigentumswohnungen🤔 dabei ist Corona ja noch nicht mal vorbei🤢
Eigentlich können wir aber froh sein, dass sich die Parlamentarier in Februar als Angsthasen gezeigt haben, denn nur durch ihre Untätigkeit konnte der Bundesrat zusammen mit der Bevölkerung die erste Welle mit Bravour meistern, da die üblichen parteipolitischen Querschläger endlich mal still waren und jede und jeder wusste, was Sache ist.
Als die nationale Politik wieder übernahm, begann sogleich das heutige Massnahmenchaos.