Die Gefährdungslage oberhalb des Bündner Bergdorfes Brienz hat sich am Freitag weiter verschärft. Experten rechnen mit einem Abbrechen von bis zu zwei Millionen Kubikmetern Gestein in zwei bis sechs Wochen. Die Dorfbewohner sollen die Evakuierung «so rasch wie möglich» vorbereiten.
Seit Freitag gilt die Gefahrenstufe gelb. Beim Eintreten der nächsten Stufe, orange, wird die Evakuierung eingeleitet. Dann haben die Einwohnerinnen und Einwohner von Brienz noch drei Tage Zeit, das Dorf zu verlassen. Deshalb sollen sie jetzt alle Vorbereitungen dazu so rasch wie möglich abschliessen, wie die Gemeinde am Freitag in einer Mitteilung schrieb.
Die Rutschungsgeschwindigkeit beim Teilbereich «Insel» oberhalb des Dorfes sei jetzt so hoch wie noch nie. Ob die zwei Millionen Kubikmeter teilweise oder ganz abbrechen werden, könne aktuell nicht vorhergesagt werden.
Am wahrscheinlichsten seien zahlreiche Felsstürze von einigen Tausend bis mehreren Hunderttausend Kubikmetern. Diese wären für das Dorf harmlos. Halb so wahrscheinlich sei ein langsames, aber lange andauerndes Abrutschen als Schuttstrom, der Brienz erreichen und beschädigen könne. Ein grosser, schneller und weitreichender Bergsturz mit mehr als 500'000 Kubikmetern und verheerenden Folgen sei weniger wahrscheinlich, könne aber nicht ausgeschlossen werden.
Noch vor drei Wochen rechneten die Experten mit einem Ereignis im Frühsommer bis Ende des Jahres. Die Rutschung habe sich jetzt aber weiter beschleunigt. Die Mitglieder des Gemeindeführungsstabs müssten jederzeit einsatzbereit sein, hiess es weiter. Für die Betroffenen wurde eine Hotline eingerichtet, an die sie sich vertraulich und kostenlos wenden können.
«Wir – die Gemeinde und der Kanton – sind für euch da, wir lassen euch nicht allein», sagte der Gemeindepräsident Daniel Albertin den Brienzerinnen und Brienzern an einer Informationsveranstaltung Mitte April. Es würden verschiedene Projektgruppen eine finanzielle Beteiligung und Hilfe bei Umsiedlungen prüfen. Gemäss einer Umfrage von vor zweieinhalb Jahren hätten 17 Personen keine vorübergehende Lösung.
Für die Evakuierung stellten die Behörden den Betroffenen ein Merkblatt zusammen. Es gilt in erster Linie, ein Notgepäck mitzunehmen: persönliche Dokumente, Geld, Mobiltelefon und Ladegerät, Medikamente, Kleider, Spielsachen für Kinder, kleine Wertsachen und Toilettenartikel.
Das Dorf würde anschliessend von der Kantonspolizei komplett gesperrt. An den mit Betonelementen versperrten Strassen würden Check-Points eingerichtet, die zudem für Sicherheit sorgen und vor möglichen Plünderungen schützen sollen.
Anwohnerinnen und Anwohner sollen je nach Situation die Möglichkeit erhalten, einmal pro Tag während eines Zeitfensters ihre Wohnungen und Häuser zu betreten. Erst bei der Gefahrenstufe rot dürfen die Menschen Brienz nicht mehr betreten. Dann wird auch die im Tal verlaufende Bahnstrecke gesperrt.
(yam/sda)
Wie auch immer, ich bin froh muss ich nicht vor einem Bergsturz fliehen und hoffe, die Brienzer kommen halbwegs gut davon und haben danach endlich Ruhe.