Dettlings Chaos, Mazzones Verantwortung – das haben SVP und Grüne heute entschieden
So unterschiedliche Realitäten sehen die Grünen und die SVP an ihren Delegiertenversammlungen vom Samstag. Doch haben sie auch Gemeinsamkeiten?
Migration: Zwischen Schutz und Abschottung
Die Grünen sehen Migration als notwendige und bereichernde Realität in einer globalisierten Schweiz. Präsidentin Lisa Mazzone verweist auf die wirtschaftliche Abhängigkeit des Landes von Zuwanderung und kritisiert den selektiven Umgang mit Migrantinnen und Migranten.
Die Genferin prangerte die «Angriffe» der rechten Parteien an und bekräftigte, «dass es nicht zu viele Flüchtlinge gibt, aber nicht genug Schutz für diejenigen, die ihn brauchen». Mazzone kritisierte die FDP, die im Wissen, dass die Schweiz ohne Migration «nicht läuft», die «nutzbringende Einreise» einiger Ausländer «legitimiert», aber «die Schwächsten opfert».
Die SVP malt ein anderes Bild: Asylpolitik als Sicherheitsrisiko. Präsident Marcel Dettling spricht von einem «Chaos» und wiederholt die Forderung nach sofortiger Ausschaffung krimineller Ausländer. Denn ihretwegen komme es «fast täglich zu Gewalttaten oder schweren Sexualverbrechen, Diebstählen und Einbrüchen», wie Dettling betonte. Seine Argumentation liess er untermauern von Gastreferent und Forensiker Frank Urbaniok, der vor einer «überdurchschnittlichen Gewaltbereitschaft» gewisser Gruppen warnte – eine These, die statistisch zwar oft diskutiert, aber auch stark kontextualisiert werden muss.
Statt Kontext zu geben, griff SVP-Präsident Dettling aber lieber den für Asylfragen zuständigen Bundesrat Beat Jans an. «Sollte er nicht für unsere Sicherheit sorgen? Aber er kümmert sich lieber um die offizielle Anerkennung eines dritten Geschlechts und feiert den muslimischen Ramadan, während die Weihnachtslieder immer mehr aus unseren Schulen verbannt werden.»
Klimawandel: Anpassung oder Ausblendung
Keine Gemeinsamkeiten fanden die zwei Parteien auch bei der Klimafrage.
Die Grünen verabschiedeten in Brig eine Resolution, die eine umfassende Anpassung der Schweiz an die Folgen der Klimakrise fordert: von einer Versicherung gegen Naturkatastrophen bis zu einem nationalen Hitzeaktionsplan. Zudem will die Partei künftige Freihandelsabkommen an Umwelt- und Menschenrechtsstandards knüpfen.
Bei der SVP war die Klimathematik, Hitzesommer oder Unwetterereignisse am Samstag kein Thema. Stattdessen lag der Fokus auf nationaler Sicherheit und Verteidigung – etwa in der Forderung nach einer «starken Armee» im Zeichen der bewaffneten Neutralität.
Gleichzeitig prangerte die SVP «eine lange Liste von Fehlentscheidungen» an, die von der ehemaligen Bundesrätin Viola Amherd und dem zurückgetretenen Armeechef Thomas Süssli getroffen worden seien.
Eigenmietwert: Systemwechsel ja oder nein?
Auf der politischen Agenda fand sich bei beiden Parteien aber auch eine Gemeinsamkeit: der Eigenmietwert. Doch auch hier herrscht inhaltlich keine Einigkeit.
Die Grünen empfehlen ein Nein zur Abschaffung – sie fürchten Steuerausfälle und weniger Anreize für ökologische Sanierungen für Hauseigentümer.
Die SVP fasste erwartungsgemäss die Ja-Parole – mit dem Argument, Eigenheimbesitzende zu entlasten.
So verschieden die Ansichten aus beiden Delegiertenversammlungen, so unvereinbar sind die Rezepte. Die Schweiz muss sich entscheiden – nicht nur zwischen links und rechts. Sondern auch: zwischen Angst und Verantwortung, zwischen Abschottung und Offenheit. Zwischen zwei politischen Sprachen, die kaum noch dieselbe Realität meinen.
(Mit Material der sda)