Seit Beginn des Ukraine-Krieges beschäftigen sich die Politikerinnen und Politiker in Bern damit, ob Schweizer Waffen an die Ukraine weitergeleitet werden sollten. Dabei steht eine Grundsatzfrage im Zentrum der Diskussion: Kann eine indirekte Waffenlieferung mit der Schweizer Neutralität vereinbart werden?
Ja, haben nun die Nationalrätinnen und Nationalräte in der Sicherheitspolitischen Kommission (SIK-N) entschieden. Sie wollen, dass die Schweiz der Ukraine künftig indirekt Waffen liefern kann. Das heisst, dass bald Länder wie Deutschland, Dänemark und Spanien Schweizer Kriegsmaterial an die Ukraine weitergeben könnten.
Den Gesetzesentwurf verabschiedete die SIK-N mit 10 zu 10 Stimmen. Dabei gab es 4 Enthaltungen. Die Zürcher SP-Nationalrätin und Präsidentin der Sicherheitspolitischen Kommission, Priska Seiler Graf, war mit ihrem Stichentscheid das Zünglein an der Waage.
Priska Seiler Graf sagt auf Anfrage von watson: «Diese sehr enge Öffnung des Kriegsmaterialgesetzes soll Wiederausfuhren in einem klar definiertem Umfang auch in Konflikten ermöglichen, falls das entsprechende Land von seinem Recht auf Selbstverteidigung Gebrauch macht, gemäss der UNO-Charta.»
Sie ergänzt: «Es ist klar, der Grund für diese Änderung ist die Ukraine. Dank der Rückwirkungsklausel würde diese Änderung ihr auch nützen und Deutschland könnte z. B. die Gepard-Munition in die Ukraine liefern.»
Aber auch für zukünftige ähnliche Situationen würde dieses Gesetz indirekte Waffenlieferungen in ein Land, das völkerrechtswidrig angegriffen wurde, ermöglichen, so Seiler Graf. «Es ist meiner Meinung nach richtig, einem Land, das vom Recht auf Selbstverteidigung Gebrauch macht, auch in diesem Bereich zu helfen.» Zudem würde sich die Schweiz so auch solidarisch gegenüber den Partnerländern in der EU zeigen.
Der Zürcher SVP-Nationalrat Mauro Tuena sitzt ebenfalls in der Sicherheitspolitischen Kommission mit Seiler Graf. «Die Debatte in der Kommission war sehr hitzig», sagt er gegenüber watson. Mit dem Beschluss ist er überhaupt nicht zufrieden.
«Ich finde es nicht richtig, dass die Schweiz der Ukraine indirekt Waffen liefern soll», erklärt er weiter. Neutralitätsrechtlich seien die indirekten Lieferungen zwar vertretbar, aber neutralitätspolitisch würden sie ein völlig falsches Signal senden: «Für die Aussenwirkung der Schweiz wären indirekte Waffenlieferungen verheerend, man würde uns nicht mehr als neutrale Vermittlerin wahrnehmen.»
«Man kann doch nicht nur für die Ukraine – für Waffen, die für diesen Krieg nicht mal relevant sind – das Gesetz rückwirkend ändern», so Tuena. Die SVP lehne den Beschluss ab, die Partei habe diverse Minderheitsanträge eingereicht.
Doch die Sicherheitspolitische Kommission hat in dem Geschäft nicht das letzte Wort. Der Gesetzesentwurf geht nun in die Vernehmlassung und später an den Nationalrat und muss dort abgesegnet werden. Dass der Entwurf in der grossen Kammer akzeptiert werden könnte, denkt Tuena nicht. Schliesslich sei er bereits in der Kommission nur mit einem Stichentscheid der Präsidentin angenommen worden und es habe einige Enthaltungen gegeben, so Tuena.
Die SVP dfand noch vor wenigen jahren jede Verschärfung der Exportgesetze unsinn und wollte Waffen an VAE und Saudi-Arabien liefern, die sie direkt im jemen einsetzten.
Die SVP will plötzlich nicht mehr?
Diktatorenfreunde!