Warum Ueli Maurer nicht an Boykott-Aktionen gegen den Kreml teilnahm
Die Schweiz als neutraler Staat habe eine Rolle als Zuhörer und Brückenbauer. Mit diesen Worten hat Bundesrat Ueli Maurer am Freitag seine Entscheidung begründet, während den aktuellen Tagungen der Bretton Woods-Institutionen nicht an zwei Protestaktionen gegen die russische Regierung teilzunehmen. So verliess rund die Hälfte der Teilnehmer am Donnerstag eine Sitzung des Internationalen Währungsfonds, als der russische Finanzminister Anton Siluanow virtuell das Wort ergriff.
Er verstehe die Emotionen, sagte Maurer an einer Pressekonferenz, der Ukraine-Krieg gehe allen nahe. «Ich muss hier aber nicht meine persönliche Betroffenheit markieren, sondern einen Staat repräsentieren, der neutral ist», sagte der Schweizer Finanzminister. Deshalb sei während der Protestaktion «selbstverständlich» sitzen geblieben.
Die Schweiz praktiziert grundsätzlich keine «Politik des leeren Stuhles» in multilateralen Institutionen und nimmt damit gemäss dem Aussendepartement EDA nur in Ausnahmefällen an Protestaktionen teil. Maurer sagte, er habe Finanzminister Siluanow aufmerksam zugehört.
Dieser habe während seinen Ausführungen aber auf Provokationen verzichtet und stattdessen die wirtschaftliche Situation in Russland beschrieben und die Auswirkungen der Sanktionen gegen den Kreml. Ähnliche Angaben machten am Freitag Nationalbank-Präsident Thomas Jordan und Bundesrat Guy Parmelin, die ebenfalls am Treffen von Währungsfonds und Weltbank in der amerikanischen Hauptstadt teilnehmen.
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Keine Reaktionen auf Verhalten der Schweiz
Maurer bezeichnete an der Schweizer Pressekonferenz die kanadische Finanzministerin Chrystia Freeland als die eigentliche Organisatorin des «Walk-outs». Freeland, die familiäre Wurzeln in der heutigen Ukraine hat, setzt sich für einen Ausschluss Russlands aus der G-20 – der Gruppe der grössten Industrienationen – ein.
Während der ersten Protestkundgebung im Rahmen der G-20-Sitzung beteiligten sich nur eine kleine Zahl von Staaten am «Walk-out», darunter die USA. Der zweite Protest, als erneut Finanzminister Siluanow aus Moskau zugeschaltet wurde, stiess auf grössere Beachtung, wohl auch aufgrund des Medienechos auf die erste Aktion. Bundesrat Maurer betonte an der Pressekonferenz, dass er nach Abschluss des Boykotts nicht auf sein Sitzenbleiben angesprochen worden sei. (aargauerzeitung.ch)
