Schweiz
International

So sehr er es sich auch wünscht: Asyl für Edward Snowden in der Schweiz bleibt unwahrscheinlich

Snowden in Genf: : «Ich würde liebend gerne in die Schweiz zurückkehren.» Es dürfte ein Wunsch bleiben.
Snowden in Genf: : «Ich würde liebend gerne in die Schweiz zurückkehren.» Es dürfte ein Wunsch bleiben.Bild: watson

So sehr er es sich auch wünscht: Asyl für Edward Snowden in der Schweiz bleibt unwahrscheinlich

Edward Snowden hat auch in der Schweiz Asyl beantragt. Obwohl er gemäss seinem Anwalt ein «interessanter» Fall für die Schweiz wäre, sind die Chancen, dass der Whistleblower hier Asyl erhält, gering.
07.03.2015, 06:5407.03.2015, 09:56
Rafaela Roth
Mehr «Schweiz»

Edward Snowden selber hat es am Donnerstag deutlich ausgedrückt: «Ich würde liebend gerne in die Schweiz zurückkehren», sagte er anlässlich eines Skype-Interviews beim Genfer Menschenrechts-Forum und Filmfestival. «Die Schweiz wäre eine grossartige politische Option. Dank ihrer Neutralität könnte ihr die USA keinen Antiamerikanismus vorwerfen», fügte er an. 

Der ehemalige US-Geheimdienstmitarbeiter, der 2013 den grössten Abhör-Skandal in der Geschichte der USA aufgedeckt hatte, hat vorübergehend in Russland Schutz vor den amerikanischen Strafverfolgungsbehörden gefunden. In 21 Ländern soll er bisher Asyl beantragt haben, unter anderem in der Schweiz. Sich in diesem Fall mit den USA anzulegen und einen der Spionage Angeklagten aufzunehmen, hat sich aber bisher kein Land getraut.

Eine Bestätigung dieses Antrags kann das Bundesamt für Migration nicht geben. Nicht nur werden über laufende Verfahren keine Auskünfte erteilt. Auch könnten seit der Asylgesetzrevision 2013 Asylanträge nicht mehr auf Botschaften im Ausland beantragt werden, sagt Léa Wertheimer, Sprecherin des Bundesamtes für Migration. Snowden müsste also zur Zeit des Antrags in der Schweiz gewesen sein.

«Die Schweiz zieht den Kopf ein vor den USA und der NSA.» 

Asylfall oder nicht?

Dennoch ist die Frage interessant, ob Snowden überhaupt in die Schweiz aufgenommen werden könnte. Der Grüne Nationalrat Balthasar Glättli würde es sich wünschen. Doch für ihn ist klar: «Die Schweiz zieht den Kopf ein vor den USA und der NSA.» Die Hoffnung, dass Snowden hier Asyl erhalten werde, sei sehr klein, sagt der Grüne Nationalrat. 

Dies glaubt auch Anwalt Marcel Bosonnet, der die Interessen Snowdens in der Schweiz vertritt: «Obwohl Russland Snowden die Papiere für die Ein- und Ausreise zur Verfügung stellen will, kommt keine Bewegung in die Sache», sagt er. Dies, obschon sogar ein Gutachten der Freiburger Rechtsprofessorin Sarah Progin-Theuerkauf zum Schluss kommt, dass Edward Snowden die Flüchtlingskriterien der Genfer Konvention erfüllt und die Schweiz ihm Schutz gewähren und ihn vorläufig aufnehmen sollte.

«Herr Snowden ist kein Asylfall. Er ist nicht an Leib und Leben bedroht.»

Das sehen allerdings nicht alle so. «Edward Snowden hat mithilfe illegaler Mittel geheime Staatsdokumente veröffentlicht und wird deshalb rechtlich belangt», sagt SVP-Nationalrat Hans Fehr. «Herr Snowden ist kein Asylfall. Er ist nicht an Leib und Leben bedroht.»

«Offenbar ist die Schweiz bereit (...) Menschenrechtsverletzungen hinzunehmen»

Nichtsdestotrotz wäre Snowden ein interessanter Asylant für die Schweiz, wie sein Anwalt Besonnet ausführt: «Snowden sollte in die Schweiz eingeladen werden, um Aufklärung darüber zu schaffen, wie die konkreten Aktivitäten der NSA in der Schweiz aussehen», sagt Snowden-Anwalt Bosonnet. Ohne die Angaben von Snowden könnten die Aktivitäten der NSA in der Schweiz nicht abgeklärt werden. 

Doch Bosonnet glaubt, dass seitens des Bundesrats wenig Interesse an der Aufklärung des Sachverhaltes besteht: «Aufgrund der vorliegenden Unterlagen liegt ein hinreichender Tatverdacht vor, dass die NSA UN-Organisation am Sitz der UNO in Genf überwacht, Abhörmassnahmen im Umfeld der amerikanischer Botschaften und Konsulate in der Schweiz tätigt und mit dem englischen Geheimdienst im grossen Umfange Schweizer Telefongespräche und Mails kontrolliert», sagt er. «Die Schweiz ist aufgrund dieser konkreten Informationen gezwungen gegen den NSA und allenfalls Dritte Ermittlungen einzuleiten.» 

Hinzu komme, dass das Parlament den Bundesrat schon letzten Sommer mit dem Aufbau einer Expertenkommission beauftragt hat, die sich mit dem Fall Snowden einhergehenden Konsequenzen für den Datenschutz beschäftigen sollte. Bis heute sind nicht einmal die Mitglieder dieser Kommission bestimmt. «Offenbar ist die Schweiz bereit, um der guten Beziehung zu den USA und dem NSA Willen, schwerste Menschenrechtsverletzungen in der Schweiz kommentarlos hin zu nehmen», sagt Bosonnet. 

Whistleblower

1 / 9
Whistleblower
Datendiebe oder Bekämpfer der Korruption – Whistleblower haben einen zwiespältigen Ruf: Sie weisen auf Missstände in Organisationen hin und verraten illegale Aktionen von Unternehmern – nicht aber ohne dabei auch selber die Grenzen der Legalität zu überschreiten. Jüngstes Beispiel: Hervé Falciani, Ex-HSBC-Banker.
quelle: x00303 / philippe wojazer
Auf Facebook teilenAuf X teilen
DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Das könnte dich auch noch interessieren:
Hast du technische Probleme?
Wir sind nur eine E-Mail entfernt. Schreib uns dein Problem einfach auf support@watson.ch und wir melden uns schnellstmöglich bei dir.
4 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
Sigmund Freud
07.03.2015 08:20registriert Dezember 2014
Wahrscheinlich hat Hans Fehr Angst vor der Versuchung Snowden als Putzfrau anzustellen ...
Nein wirklich, gewährt Herrn Snowden Asyl bei uns. Er müsste den Rest seines Lebens nicht bei Putin verbringen, es wäre eine tolle "Werbeaktion" für die Schweiz und es könnte ein Zeichen gegen die kommende Massenüberwachung auch hier zu Lande gesetzt werden(siehe Büpf, etc.)
10
Melden
Zum Kommentar
4
200 Franken Busse: Bundesrat will Nazisymbole in der Öffentlichkeit verbieten

Der Bundesrat will das Verwenden von Nazisymbolen in der Öffentlichkeit verbieten. Wer dagegen verstösst, soll künftig mit 200 Franken gebüsst werden. Erst in einem zweiten Schritt will der Bundesrat auch andere extremistische und gewaltverherrlichende Zeichen untersagen.

Zur Story