Am Sonntag sorgte ein Artikel aus der «NZZ am Sonntag» für reichlich Ärger in der Schweiz. Der deutsche Zoll blockierte eine Lieferung mit 240'000 Schutzmasken, die für die Schweiz bestimmt waren. Laut dem Staatssekretariats für Wirtschaft (Seco) sei es kein Einzelfall, weitere Transporte seien blockiert.
Dahinter steckt der Entschluss Deutschlands von letzter Woche, dass die Versorgung der eigenen Bevölkerung im Kampf gegen das Coronavirus Priorität habe. Der grosse Kanton verbot deswegen die Ausfuhr von medizinischen Schutzmaterialien.
Nun berichtet der «Tagesanzeiger» von einem weiteren Fall, der noch gravierender ist. Gemäss mehreren voneinander unabhängigen Quellen blockiert der deutsche Zoll in Hamburg einen Schiffscontainer mit Medizinalgütern. Ein Schweizer Importeur hatte die Lieferung in China bestellt, der Container wäre also nur zu Transitzwecken durch Deutschland. Rechtlich gesehen, war der Container also gar nicht in die Bundesrepublik eingeführt worden. Gemäss «Tagi» befinden sich im Container Operationshandschuhe aus asiatischer Produktion.
Das Wirtschaftsdepartement bestätigte den Lastwagenfall vom Sonntag, zum neuen Fall in Hamburg will es sich aber nicht äussern. Gegenüber dem «Tagi» sagte das Departement jedoch, dass man von mehreren blockierten Lieferungen Kenntnis habe und man unter Hochdruck an einer Lösung arbeite.
So habe Bundesrat Parmelin am Montag persönlich in Berlin interveniert und mit seinem deutschen Amtskollegen Peter Altmaier telefoniert. Parmelins Kommunikationschef Urs Wiedmer sagte, die Gespräche laufen «lösungsorientiert auf höchster Ebene weiter.» Laut «Tagesanzeiger» mit Erfolg: Eine Quelle beim deutschen Zoll berichtete, dass der Container in Hamburg wieder freigegeben wurde und es sich dabei nur um ein Versehen gehandelt hätte. Offiziell bestätigt ist dies aber nicht.
Das Dekret des deutschen Wirtschaftsministerium vom 4. März verbietet jegliche Ausfuhr von Schutzbrillen, Masken, Schutzanzügen und weiterem Schutzmaterial in andere EU-Länder oder Drittstaaten.
Da die Schweiz fast das gesamte medizinische Schutzmaterial importiert, hat Dekret besonders harte Auswirkungen. Gut möglich, dass jetzt aber Bewegung in die Sache kommt. Die deutsche Botschaft sagte auf Anfrage, dass das Dekret «noch diese Woche angepasst werde, um im Einzelfall Exporte genehmigen zu können.» Es seien mehrere Ministerien in den Prozess involviert.
Am Montag hiess es bei einer Pressekonferenz des Auswärtigen Amts in Berlin: Man stehe «in einem engen Austausch mit unseren europäischen Partnern, eben auch mit der Schweiz. Klar ist natürlich: Wir wollen hier in Europa solidarisch sein.»
Nun wird auch die Politik in der Schweiz aktiv: Der Zürcher FDP-Nationalrat Hans-Peter Portmann habe in der aussenpolitischen Kommission mehrere Fragen eingereicht, so verlange er etwa vom Bundesrat, eine Klage bei der Welthandelsorganisation (WTO) zu prüfen. Auf Twitter schrieb er: «Internationale Klagen sind vorzubereiten!»
Wenn das Schutzmaterial nach internationalem Recht legal erworben wurde, dann kommt eine Ausfuhrsperre einer Enteignung gleich. Auch würde sich Deutschland schuldig an der Gefährdung von Menschenleben machen. Internationale Klagen sind vorzubereiten! https://t.co/y43QqPSZw5
— Hans-Peter Portmann (@HPPortmann) March 8, 2020
(jaw)
Die Schweiz muss reagieren. Gelder nach Deutschland blockieren.