Im vergangenen September besuchte der nordkoreanische Machthaber Kim Jong Un den russischen Präsidenten Wladimir Putin. Danach lieferte Nordkorea Raketen an Russland. Putin setzt sie in seinem Angriffskrieg gegen die Ukraine ein. Nach Medienberichten feuerte Russland seit Dezember mindestens 20 nordkoreanische Raketen ab.
Bei Angriffen auf Kiew, Charkiw und die Region westlich von Donezk kamen viele Zivilisten ums Leben. Die Ukrainer analysierten die Raketen. Die Ergebnisse liegen nun vor: Laut der Organisation Conflict Armament Research enthalten die Waffen Bauteile aus westlichen Ländern. Unter diesen sei auch die Schweiz.
Das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) hat darum eine Untersuchung gestartet und weitere Behörden kontaktiert. Seco-Sprecher Fabian Maienfisch erklärt auf Anfrage: «Das Seco hat Kenntnis von diesen Funden von Komponenten westlicher Bauart in nordkoreanischen Waffensystemen, die gegen die Ukraine eingesetzt werden. Entsprechende Abklärungen in Zusammenarbeit mit dem Nachrichtendienst des Bundes wurden bereits eingeleitet.»
Maienfisch erklärt ausserdem: Das Staatssekretariat für Wirtschaft stehe in Kontakt mit anderen betroffenen Staaten der Europäischen Union, mit den USA sowie mit der Ukraine. Auch bestehe eine enge Zusammenarbeit mit Nichtregierungsorganisationen.
Weil Nordkorea Nuklearwaffen herstellt, verhängte der UNO-Sicherheitsrat umfassende Sanktionen gegen das Land. Der Bundesrat erliess 2006 in einer Verordnung Massnahmen gegen Nordkorea und revidierte die Bestimmungen 2016. Unter anderem sind der Verkauf, die Lieferung, die Ausfuhr und der Transport von Rüstungsgütern in die asiatische Diktatur verboten.
Hat ein Schweizer Unternehmen auf direktem Weg Bestandteile für Waffen nach Nordkorea geliefert? Das ist wenig wahrscheinlich. Was wohl eher zutrifft: Ein frei handelbares Produkt einer Schweizer Firma ist in eine Waffe eingebaut worden. Oder aber es dreht sich in dieser Angelegenheit um sogenannte Dual-Use-Güter. Das sind Produkte, die sowohl zivil als auch militärisch verwendbar sind.
Möglicherweise sind die Teile eines Schweizer Herstellers von einem Drittland gekauft und dann nach Nordkorea gebracht worden. Länder, gegen die umfassende Handelsbeschränkungen erlassen wurden, sind erfinderisch in der Umgehung von Sanktionen. Und es gibt Staaten, die ihnen dabei helfen.
Wenn es so wäre, hiesse das aber nicht, dass das Schweizer Unternehmen aus dem Schneider wäre. Das Staatssekretariat für Wirtschaft klärt zum Beispiel ab, ob beim Export die Sorgfaltspflicht verletzt worden ist. Die Firmen sollen genau hinschauen, an wen sie ihre Produkte liefern.
Das Seco will nicht sagen, um welche Bauteile es sich im vorliegenden Fall handelt. Auch über den Hersteller schweigt sich das Sekretariat aus. Die Amtsstelle macht mit ihrer Stellungnahme aber klar: Schweizer Teile in nordkoreanischen Raketen - das soll sich nicht wiederholen. Fabian Maienfisch betont: «Das Seco geht allen Hinweisen nach und veranlasst die nötigen Massnahmen, um weitere Beschaffungen zu verhindern. Widerhandlungen gegen Schweizer Recht werden konsequent verfolgt.»
Wladimir Putin hat sich inzwischen bei Kim Jong Un dafür bedankt, dass dieser ihm Raketen für den Krieg gegen die Ukraine liefert. Als Zeichen der besonderen Verbundenheit liess Putin eine Luxuslimousine der Marke Aurus von Moskau nach Pjöngjang transportieren. Das Geschenk ist für den persönlichen Gebrauch des nordkoreanischen Diktators gedacht. Zu hoffen ist, dass der Wagen keine Schweizer Bauteile enthält. (aargauerzeitung.ch)