Schokolade ist in aller Munde. Seit langem. Nicht, dass das süsse Kakaoprodukt ein sonderlich interessantes Gesprächsthema wäre. Es schmeckt einfach so verdammt gut. Der Durchschnittsschweizer ass in den letzten 10 Jahren durchschnittlich 10 bis 12 Kilo Schokolade jährlich.
Doch damit könnte künftig Schluss sein, denn die Quelle des Schweizer Markenzeichens ist gefährdet: Die Zukunft des Kakaobaums ist unsicher.
Was bedroht den Kakaobaum? Wer ist davon betroffen und vor allem: Sind mögliche Lösungen vorhanden? Eine Übersicht in vier Punkten:
Grundsätzlich ist der Klimawandel das Problem. Dieser führt dazu, dass die Temperaturen – wie fast überall auf der Welt – auch in Westafrika steigen. Die Region ist derzeit für rund drei Viertel der weltweiten Kakao-Produktion verantwortlich.
Die prognostizierten höheren Temperaturen werden jedoch nicht mit höheren Niederschlägen einhergehen. Die amerikanische Wetter-und Ozeanografiebehörde NOAA berechnete, dass 2050 in Ghana und der Elfenbeinküste, den beiden grössten Kakaoproduzenten der Welt, fast 90 Prozent der derzeitigen Ertragsflächen nicht mehr geeignet sein werden. Der gesamte Anbau müsste ins Hochland verlagert werden.
Judith Brown, eine Pflanzenvirologin von der University of Arizona, sagte gegenüber dem Wissenschaftsmagazin Spektrum:
Der Nachrichtendienst Bloomberg prophezeit deshalb, dass bereits im Jahr 2030 der weltweite Kakao-Bedarf nicht mehr gedeckt werden kann. Bis zu zwei Millionen Tonnen Kakao werden fehlen.
Doch der Klimawandel ist nicht die einzige Bedrohung für die Kakaobäume. Auch Krankheiten machen den Pflanzen extrem zu schaffen. Die grösste Gefahr stellt momentan die Cacao Swollen Shoot Disease (CSSD) dar.
CSSD ist eine Viruserkrankung der Kakaobäume, die vor allem in Ghana ihr Unwesen treibt. Bereits 16 Prozent aller Kakaobäume sind dort infiziert.
Die Inkubationszeit beträgt bis zu sieben Wochen, danach werden erste Symptome sichtbar: Die Venen der Blätter verfärben sich, später schwellen der Stamm und junge Triebe an (shoot swelling), was der Krankheit ihren Namen gibt. Das Wachstum der Früchte und die Qualität der Bohnen verringert sich. Der Baum stirbt nach ein bis drei Jahren.
Es ist extrem schwierig, die Krankheit zu erkennen, da eine Vielzahl unterschiedlicher Viren CSSD auslösen können.
Die Krankheit selbst wurde bereits 1936 das erste Mal in Ghana entdeckt, richtig gefährlich wird sie jedoch erst heute.
Der Grund dafür ist einfach: Weil die Nachfrage nach Schokolade explodiert, wachsen die Kakaoplantagen in Westafrika immer weiter.
CSSD selbst wird von Schmierläusen übertragen. Auf immer grösser werdenden Feldern, auf denen die Bäume immer näher zusammenstehen, haben die Läuse leichtes Spiel. Ob ein Baum krank ist oder nicht, lässt sich zudem erst relativ spät erkennen.
Ein weiteres Problem: Die CSSD auslösenden Viren sind in Afrika heimisch. Der Kakaobaum nicht. Er stammt ursprünglich aus dem Amazonasgebiet und wurde von den Kolonialmächten Mitte des 19. Jahrhunderts nach Westafrika gebracht. Der Baum hat keinerlei natürliche Resistenz gegenüber den afrikanischen Viren, die ihn befallen.
Neben der Tatsache, dass wir vielleicht bald nicht mehr genügend Schokolade haben, müssen vor allem die Auswirkungen auf die lokalen Bauern berücksichtigt werden. Kakao ist ein 100-Milliarden-Dollar-Business.
Laut der World Cocoa Foundation sind 50 Millionen Menschen abhängig vom Kakao-Anbau. Allein in der Elfenbeinküste arbeiten sechs Millionen Menschen in der Kakao-Industrie.
Die Pflanzenvirologin Judith Brown sagte dazu gegenüber «Spektrum»:
Lösungsansätze, um den Klimawandel zu stoppen, gibt es viele. Diese sollten auch bereits bekannt sein.
Bei CSSD kämpft man an verschiedenen Fronten: Forscher an der University of Queensland in Australien arbeiten derzeit an einem mobilen DNA-Testgerät, das die Bauern direkt an den Bäumen anwenden können. Daneben laufen verschiedene weitere Projekte, um die Badnaviren effizienter nachweisen zu können.
Einen anderen Ansatz verfolgt das World Agroforestry Center: Gemeinsam mit der Regierung der Elfenbeinküste will man «grüne Barrieren» rund um die Kakaoplantagen anpflanzen. Diese Barrieren sollen aus Gewächsen bestehen, die immun sind gegen CSSD. Zitruspflanzen oder Kautschuk zum Beispiel.
Viele Forscher sind sich jedoch einig, dass kein Weg an der Genforschung vorbeiführt. Der Kakaobaum soll auf genetischer Ebene widerstandsfähiger werden.
Die besten Erfolgsaussichten bietet dabei das umstrittenste Verfahren: genetische Modifizierung (GMO). Gerade in westlichen Ländern sind genetisch modifizierte Lebensmittel jedoch extrem verpönt, in der Schweiz und Teilen der EU sogar verboten. Vielleicht ändert sich dies ja, wenn die Schokoladenregale sich in Zukunft allmählich leeren.