Der Schweizerische Städteverband will, dass Tempo 30 in Städten zur Norm wird. Damit liesse sich der gefühlte Verkehrslärm um die Hälfte reduzieren.
Das geht aus einem neuen Positionspapier hervor, über das die «NZZ am Sonntag» in ihrer aktuellen Ausgabe berichtete und das der Nachrichtenagentur Keystone-SDA vorliegt. Eine Reduktion von Tempo 50 auf Tempo 30 bewirke drei Dezibel weniger Schallpegel, hiess es darin. Dies weil der Verkehr bei Tempo 30 flüssiger werde und lärmintensive Beschleunigungen seltener würden.
Gerade mit zunehmender innerer Verdichtung verstärke sich die Lärmproblematik, argumentierte der Städteverband weiter. Dazu kämen veränderte Lebensstile und eine neue Zusammensetzung der Bevölkerung. Erfahrungen zeigten, dass eine neue Durchmischung und Nutzungsintensivierung von öffentlichen Räumen besser akzeptiert würden, wenn der Lärm nicht zunehme.
Ueli Stückelberger, Direktor Verband öffentlicher Verkehr, hat Verständnis für die Forderungen. Er mahnt aber Ausnahmen an, wie er im Interview sagt.
Tempo 30 auf allen Strassen in den Städten, das hätte auch Auswirkungen auf Trams und Busse. Wie steht der Verband öffentlicher Verkehr (VöV) zur neuen Forderung des Städteverbands?
Wir haben Verständnis für die Anliegen der Städte bezüglich Lärmschutz, Verkehrsberuhigung und Sicherheit. Das wollen wir ja auch. Solche Massnahmen dürfen aber nicht zu Lasten des ÖV gehen: Wenn sich Reisezeiten wegen des tieferen Tempos verlängern und Anschlüsse nicht gewährleistet werden können, verliert der ÖV an Attraktivität und wird für die Besteller teurer. Das ist sicher auch nicht im Interesse der Städte.
Anders Stokholm, der Präsident des Städteverbands, sagt aber, auch der ÖV profitiere, wenn sich der Verkehr dank Tempo 30 verflüssige. Wie beurteilen Sie das?
Auf alle städtischen Strassen ausnahmslos angewendet, können wir das so nicht bestätigen. Wenn man Tempo 30 einführt, braucht es für den ÖV zwingend Begleit-Instrumente, die je nach Situation unterschiedlich eingesetzt werden können.
Was schlagen Sie vor?
Es braucht Ausnahmen von Tempo-30 auf wichtigen Achsen mit hohem ÖV-Aufkommen. Weiter müsste die Einführung von Tempo 30 begleitet werden mit dem Ausbau von separaten Bus-Spuren und Tram-Trassen. Zudem sollten Busse und Trams bei Ampeln bevorzugt werden – der ÖV soll nicht im Stau stehen. Die Einführung von Tempo 30 darf einfach den ÖV nicht unattraktiver machen!
Haben Sie das neue Positionspapier des Städteverbands gelesen?
Wir kennen das Papier nicht, die Forderung aber schon. Wir stehen in Kontakt mit dem Städteverband, zuletzt am Donnerstag. Nun braucht es Gespräche zwischen den ÖV-Unternehmen mit den politisch Zuständigen in den Städten. Ich bin überzeugt, dass wir das gleiche wollen: verkehrsberuhigte Städte mit einem attraktiven ÖV – und weniger motorisiertem Individualverkehr.