Melanie Winiger: «Die Spiritualität hat mir geholfen»
Sie ist Model, Markenbotschafterin, arbeitet als Schauspielerin, Moderatorin – und nun ist sie unter die Schmuckdesigner gegangen: Ex-Miss-Schweiz Melanie Winiger, 46, hat vor wenigen Tagen unter dem Label Purple Connective eine Kollektion mit Amuletten präsentiert. Keine gewöhnliche aber. Wie es dazu gekommen ist.
Seit wenigen Tagen kann man Schmuck von Ihnen kaufen. Was ist das für ein Gefühl?
Melanie Winiger: Ein grosses. Es ist das erste Mal, dass ich beruflich etwas kreiert habe, aus eigenem Wunsch und Antrieb heraus. Etwas, das zu 100 Prozent ich bin. Bis dato habe ich stets im Auftrag einer Firma oder für jemand anderen gearbeitet. Mit Freude zwar, aber eben: Ich wollte kreativ sein.
Was ist auf den Amuletten zu sehen?
Das sind Krafttiere, die in herausfordernden Situationen unterstützen. Ich bin ein Mensch, der persönliche Dinge gerne auf und bei sich trägt. So entstand der Wunsch, meine «Viechli» bei mir zu haben, aber ich fand keinen Schmuck, der mir gefiel. Warum sie also nicht selbst designen?
Wollen Sie damit den Menschen ihre Spiritualität näher bringen?
Ich teile meinen Lebensweg gerne, aber, und das ist mir wichtig: Ich will niemanden mit dieser Kollektion – auch nicht im Allgemeinen – bekehren. Man kann zum Beispiel ein Schmetterlings-Amulett auch einfach so tragen, weil einem das Design gefällt.
Sind Sie abergläubisch?
Krafttiere und Seelentiere haben nichts mit Aberglauben zu tun. Indigene Völker beschäftigten sich bereits mit diesen Lebensbegleitern, bevor es Religionen gab.
Warum Krafttiere?
Die Arbeit mit ihnen zentriert meine Seele. Vor sieben Jahren war ich am Boden, eine sehr schwierige Phase in meinem Leben. Ich fühlte mich machtlos und habe begriffen, dass ich mir noch nie Zeit genommen habe für mich, um Erlebnisse zu verdauen. Ich musste anhalten, reflektieren. Seit ich 17 bin – dem Zeitpunkt, als ich Miss Schweiz wurde –, habe ich das nicht getan.
Sie waren fremdbestimmt.
Das nicht, aber ich hatte viele Schutzmechanismen, die mein Leben mitbestimmt haben.
Zum Beispiel?
Ich gab mich früher burschikos und tough. Das tat ich wohl, um das klischierte Bild der Miss Schweiz loszuwerden. Eine Wand, die mich schützte vor der Meinung der Öffentlichkeit und auch meine Unsicherheit verschleierte. Und dann entstand der Wunsch, mein Leben aktiver zu gestalten. Die Spiritualität hat mir, nach langem Ausprobieren, geholfen. In einer Religion habe ich mich immer sehr in Normen und Konformitäten gefangen gefühlt. Mit Krafttieren ist man frei, sein wahres Ich kennenzulernen, auf die Art, die einem passt. Ich habe viele spannende Facetten an mir entdeckt, geniesse meine Weiblichkeit.
Wie sieht denn Ihr wahres Ich aus?
Ich bin schon eine starke Frau, zuweilen auch unsicher, sensibel, höchst emotional. Und launisch wie selten jemand anders. Zuweilen habe ich mich in der Opferrolle verfangen: Warum passiert das jetzt ausgerechnet mir? Ich allein gegen die Welt, so war das. Mit der Selbstreflektion der letzten Jahre habe ich gelernt, mit all diesen Seiten umzugehen und sie zu hinterfragen. Das ist anstrengend. Aber letztlich wachse ich daran. Ich lasse zum Beispiel meine Launen kaum mehr am engsten Umfeld aus und versuche, meine Sorgen und Ängste nicht mehr auf sie zu projizieren, rede aber mit ihnen darüber.
Zu Ihrem engsten Umfeld gehört Ihr Freund Timo. Sie sind seit mehr als drei Jahren mit ihm zusammen.
Mit ihm reite ich auf derselben Frequenz durch’s Leben. So sind etwa unsere ethischen Vorstellungen dieselben, wir halten uns gegenseitig schonungslos den Spiegel vor, auf eine positive Art, die ich mir immer gewünscht habe.
Klingt gut. Wann läuten die Hochzeitsglocken?
Keine Ahnung.
Aber grundsätzlich würden Sie nochmals vor den Traualtar treten? Es wäre das dritte Mal.
Auf jeden Fall. Ich bin überhaupt nicht traumatisiert von meinen früheren Ehen. Das waren zwei sehr unterschiedliche Männer, und wir sind im Guten auseinander. Elizabeth Taylor hat acht Mal geheiratet, sie hat’s mit Humor genommen.
Gibt es die Liebe, die ein Leben lang hält?
Ich hoffe es, aber das kann ich Ihnen nicht beantworten, weil mein Leben ist ja noch nicht vorbei.
Verlobungsringe sind gerade in aller Munde, nachdem Ronaldo seiner Georgina einen Diamantring im Wert von fünf Millionen geschenkt hat. Was für einen würden Sie sich wünschen?
Also, von Diamanten bin ich kein Fan. Onyx-Steine, Rubine oder Aquamarin finde ich viel schöner. Der Ring müsste mich, meine Persönlichkeit reflektieren. Zeigen, dass sich mein Partner Gedanken gemacht hat. Es müsste übrigens nicht ein Ring sein, auch ein Ketteli wäre schön.
Was gefällt Ihnen an Ihrem jetzigen Leben besonders?
Dass es mehr im Gleichgewicht ist. Ich kann mit meinen Ängsten besser umgehen und habe ein neues Wort für sie gefunden: Respekt vor einer Situation, keine Angst. Ich wurde ja bereits mit 23 Mami und war alleinerziehend. Wurde mit Verantwortungen konfrontiert, die man sonst in diesem Alter nicht hat. Die Geburt meines Sohnes kam mit einem Rucksack voller Ängste: Was, wenn ihm etwas passiert? Wenn mir etwas passiert?
Was haben Sie heute für eine Beziehung zu Ihrem Sohn?
Eine sehr enge, respektvolle und offene. Wir wohnen zu dritt zusammen, mit meinem Freund. Wenn mein Sohn mal auszieht, wird das kein einfacher Tag für mich.
Klingt ausgeglichen und harmonisch. Wofür Sie früher nicht unbedingt bekannt waren.
Ja, es tut so gut! Heute weine ich, wenn ich einen traurigen Film sehe oder ein aufreibendes Buch lese. Und nicht, weil irgendwas Blödes in meinem Leben passiert ist und die Emotionen in mir Ping Pong spielen. Aber es gibt natürlich immer noch Themen, die mir zu schaffen machen. Das wird sich auch nie ändern.
Was für Themen?
Wenn ich mit Schwulenfeindlichkeit, Rassismus und allgemeiner Ungerechtigkeit konfrontiert werde, triggert das meine Emotionen immer noch.
Sie tragen heute ein Amulett mit einer Schlange, warum?
Die Schlange ist das Symbol für Erneuerung. Die alte Haut abzuwerfen, ist ein schmerzvoller Prozess, aber wichtig, um Platz für Neues zu schaffen. Sie unterstützt mich, alte Dinge loszulassen.
Das klingt sehr nach Achtsamkeit. Ein riesiger Lifestyletrend gerade.
Darum habe ich die Schmuckkollektion nicht kreiert. Aber ja, es stimmt: Gerade in solch schwierigen Zeiten, wie wir sie jetzt erleben, streben die Menschen umso mehr nach innerlichem Frieden und Wohlbefinden, denke ich. Dadurch wird der Spiritualität auch nicht mehr so skeptisch begegnet wie noch vor einigen Jahren.
Was kommt als Nächstes? Eine eigene Beautylinie vielleicht?
Nein. Ich bin ein Mensch, der versucht, im Jetzt zu leben, und konzentriere mich deshalb bis auf Weiteres und mit viel Freude auf meine Schmuckkollektion. Was aber nicht heisst, dass ich nicht beauty-affin bin. Ich liebe zum Beispiel Sheet-Masks.
Haben Sie schon mal was an sich machen lassen?
Nein, niemals! Sie sehen ja meine Mimik. Ich finde Falten toll. Sowohl bei Frauen als auch Männern. Keith Richards von den Rolling Stones ist in meinen Augen einer der sexiesten Männer der Welt.
Die Schmuckkollektion von Melanie Winiger ist unter www.purpleconnective.com zu finden. (aargauerzeitung.ch)