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SVP und FDP haben im Kampf gegen die SRG einen Teilsieg errungen. Nach der gestrigen, von der SVP anberaumten Service-Public-Sondersitzung, hat der Nationalrat den Bundesrat beauftragt, vier verschiedene Budgethöhen für die SRG zu präsentieren und sämtliche zur SRG und zum Service Public eingegangenen Motionen zu berücksichtigen. Sowohl die Budgetvarianten wie auch die Motionen soll der Bundesrat in einem Bericht zum Zustand des Service Public im nächsten Jahr berücksichtigen.
Heute hat der Ständerat diesen Antrag von Natalie Rickli (SVP, ZH) ebenfalls diskutiert – und abgelehnt. Die Angestellte des SRG-Konkurrenten Goldbach Media und der Zürcher Kommunikationsberater Gregor Rutz (SVP, ZH) sind die rechten Meinungsführer in der Service-Public-Debatte. Diese gestaltet sich seit dem knappen Abstimmungsergebnis über das Gebühreneinzugs-Modell (50,08 Prozent Ja) für die SRG je länger je ungemütlicher.
Herr Rutz, der Nationalrat ist Ihren Anträgen bezüglich Bundesratsbericht zur SRG gefolgt. Der Ständerat hat diese nun abgelehnt. Eine Niederlage.
Das mag sein, aber die Argumente sind auf unserer Seite. Die Service-Public-Debatte muss geführt werden und zwar auch vom Bundesrat. Das sieht der Ständerat hoffentlich gleich. Der Bundesrat argumentiert anachronistisch und will eigentlich nur den Status Quo besprechen. Den technologischen Wandel scheint man nicht mitbekommen zu haben. Entsprechend fehlen Perspektiven in der Diskussion. Die unzähligen neuen Möglichkeiten im Medienbereich scheint man ausblenden zu wollen.
Das ist jetzt aber nicht Ihr ernst, oder? Oberstes Ziel der SRG-Gegner ist es doch, die SRG neuer Möglichkeiten im Medienbereich zu berauben. Das Internetangebot auf eine Audio- und Videothek beschränken zu wollen …
… die Motion von Marco Romano, CVP…
... ja, das verlangt nur jemand, der die SRG schädigen will oder von der Medienwelt grad gar keine Ahnung hat.
Warum?
Weil man Radio, TV und Internet doch schon heute nicht mehr getrennt betrachten kann. Schon gar nicht in der Vermarktung.
Es ist nicht die Aufgabe der SRG, auf das Internet zugeschnittene redaktionelle Vollangebote zu machen. Es gibt heute Serien, die einzig für das Internet produziert werden. Das ist falsch und widerspricht dem Konzessionsauftrag. Die SRG hat den Auftrag, Radio- und Fernsehsendungen zu machen. Diese soll man im Internet abrufen können. Redaktionelle Beiträge auf dem Internet und eigentliche Newsportale sind aber nicht Aufgabe der SRG und führen zu massiven Wettbewerbsverzerrungen.
Der SRG zu verbieten, andere Formate als Radio- und TV zu produzieren, raubt ihr jedes Entwicklungspotential. Was soll sie tun, wenn Radio- und TV nicht mehr die Formate sind, über die die Leute sich informieren?
Die SRG muss sich nicht entwickeln und in neue Märkte vorstossen. Sie steht auch nicht im Wettbewerb. Die SRG hat ihren gesetzlichen Leistungsauftrag zu erfüllen. Dafür erhält sie Gebührengelder und wird vom Staat entschädigt. Innovation zu betreiben, ist Sache der privaten Anbieter. Sie sollen das in einem möglichst freien Wettbewerb tun können.
Also in einem SRG-freien Wettbewerb.
Die SRG steht nicht im Wettbewerb. Die Konzession hält fest, dass die SRG sich von kommerziellen Veranstaltern unterscheiden soll und dass sich die Akzeptanz ihrer Programme nicht in Marktanteilen bemisst. Die SRG wird dafür entschädigt, ihren Leistungsauftrag zu erfüllen. Nicht, um jede Innovation zu kopieren und den Wettbewerb für unsubventionierte Anbieter zu erschweren oder zu verunmöglichen.
Den Leistungsauftrag wollen Sie ja auch kürzen. Wie stellen Sie sich eigentlich einen Service Public vor? Was ist Ihre Definition davon?
Zum Service Public gehören diejenigen Angebote, welche zwingend erbracht werden müssen und welche Private nicht erbringen können oder wollen.
Das ist sehr unkonkret. Bekennen Sie doch mal Farbe. Was heisst Service Public konkret? Was gehört dazu und was nicht?
Das ist nicht unkonkret, sondern ein sehr konkreter Grundsatz. In der Praxis heisst dies: Kochsendungen gehören beispielsweise sicher nicht zum Service Public. Eingekaufte amerikanische Spielfilme und Serien auch nicht. Eingekaufte Unterhaltungsshows auch nicht. Drei TV- und sechs Radiokanäle für die Deutschschweiz sind sicher auch zu viel. Zum Service Public zählen Inhalte aus dem Nachrichten-, dem politischen und kulturellen Bereich oder solche, die der nationalen Kohäsion dienen – wie es die Verfassung festhält.
Aber der Mix lässt die SRG-Sender doch erst ihre demokratiewichtige Wirkung entfalten. Wie sollen Sender, die keinen relevanten Marktanteil mehr haben, weil nur noch Echo der Zeit und Sternstunde Philosophie laufen, der nationalen Kohäsion dienen? Zur politischen Debatte beitragen?
Die Marktanteile sind für die SRG nicht entscheidend. Sie steht nicht im Wettbewerb. Sie hat einen Leistungsauftrag zu erfüllen, für welchen sie entschädigt wird.
Also ist es eigentlich am besten, wenn gar niemand mehr SRG-Programme sieht oder hört. Können Sie es einmal on the Record sagen?
Was?
«Für die finanzkräftigen und rechten Kräfte im Land wird alles einfacher, wenn der unabhängige Medien-Player SRG vom Markt verschwindet.»
So ein Quatsch. Erstens bin ich nicht für die Abschaffung der SRG. Zweitens sind staatlich finanzierte Unternehmen nur bedingt unabhängig. Und drittens muss es meines Erachtens unser Hauptziel sein, den Wettbewerb wieder vermehrt spielen zu lassen, denn mehr Wettbewerb führt zu mehr Innovation und einem qualitativ besseren Angebot.
Das behaupten Sie einfach und stimmt vielleicht in HSG-Theorien, aber können Sie einen Beispiel-Markt nennen, in dem das so ist? Mir kommt keiner in den Sinn.
Die Geschichte hat immer wieder bewiesen, dass der Wettbewerb die besten Resultate hervorbringt.
Das heisst, Sie finden, Sat1, Pro7 und RTL trügen viel zum demokratierelevanten gesellschaftlich-politischen Diskurs in Deutschland bei?
Jedes Programm trägt auf seine Art zum gesellschaftlichen Diskurs bei. Die genauen Inhalte politischer Sendungen auf deutschen Fernsehkanälen kann ich nicht beurteilen – da fehlt mir schlicht die Zeit, diese zu schauen. Noch einmal: Mir geht es nicht um die Abschaffung der SRG, sondern um Medienvielfalt und ein möglichst breites Angebot für die Konsumenten.
Aber das stellt doch die Verteilung der Restgebühren unter den Privaten sicher?
In einer Demokratie ist jeder staatliche Eingriff im Medienbereich heikel. Wir haben heute schon etliche private Sender, welche massgeblich von Subventionen aus dem Gebührensplitting profitieren. Bei Unternehmen, die sich zum grössten Teil aus staatlichen Geldern finanzieren, kann man aber nicht mehr von Unabhängigkeit sprechen. Im Gegenteil.
Wenn die SRG sich mit Privaten zusammentut, wie jetzt mit Ringier im Joint Venture (siehe Infobox) mit der Swisscom ist es aber auch nicht gut?
Nein, sicher nicht. Ich halte dieses Joint Venture für ein ordnungspolitisches Ärgernis. Der Entscheid der Wettbewerbskommission, diese Konstruktion einfach so zuzulassen, ist bedenklich. Immerhin hat das Bundesamt für Kommunikation betreffend der SRG nun noch interveniert. Werbevermarktung gehört nicht zum Auftrag von SRG und Swisscom. Zudem gibt es hier genügend private Angebote.
Was gedenken Sie zu unternehmen?
Ich habe eine parlamentarische Initiative eingereicht, um der SRG konzessionsfremde Tätigkeiten nur noch zu erlauben, wenn sie volkswirtschaftlich notwendig sind und nicht schon privaten Dienstleister im selben Sektor tätig sind. Aus dem Kreise von FDP und SVP rechne ich zudem auch noch mit Interpellationen zum Thema «Joint Venture».
* Das Interview ist vor der Abstimmung im Ständerat geführt worden. Der Ständerat hat die Motion Rickli am Morgen des 17.12.2015 abgelehnt.
Ja, es muss diskutiert werden, was zum Service Public gehört. Aber Rickli, Rutz & Co. wollen etwas anderes. Sie wollen, dass die Meinungsbildung privatwirtschaftlich kontrolliert wird, um die Entscheidungen in der direkten Demokratie noch effizienter zu steuern.
Treffer, versenkt.