Morde, die nach dem 1. Januar 1995 begangen wurden, sollen in der Schweiz nicht mehr verjähren. Die Rechtskommission des Ständerates (RK-S) hat mit 5 zu 4 Stimmen beschlossen, ihrem Rat einen umstrittenen Entwurf zur Verankerung der Unverjährbarkeit von Mord im Strafgesetzbuch zu unterbreiten, wie sie am Dienstag mitteilte.
Die Vorlage geht zurück auf eine Standesinitiative des Kantons St. Gallen. Zu dieser wurde im ersten Halbjahr 2024 eine Vernehmlassung durchgeführt. Dort wurde eine Unverjährbarkeit von Mord überwiegend abgelehnt. Die RK-S hält nun trotzdem an der Vorlage fest. Die Beratung im Ständerat soll im Frühjahr 2025 stattfinden.
Die kontroversen Diskussionen in der Kommission drehten sich bislang vor allem einerseits um Interessen von Opfer-Angehörigen an Aufklärung und Bestrafung, die auch Jahrzehnte nach der Tat bestehen und andererseits um die Bedeutung der Verjährung für die Wiederherstellung des Rechtsfriedens. Für Verbrechen, die vor 1995 begangen wurden, wäre die Änderung nicht rückwirkend anwendbar, teilte die Kommission mit.
Beiseite gelegt hat die Kommission vorerst eine Motion, die eine Ausweitung der Unverjährbarkeit auf sexuellem Missbrauch von Minderjährigen vorsieht. Sie möchte das Thema vertieft prüfen und wartet eine Stellungnahme des Bundesrats ab.
Der Kanton St. Gallen hatte «keine Verjährungsfristen für Schwerstverbrecher» gefordert und argumentiert, dass dank Technik wie DNA-Analysen lange nach einer Straftat Täter und Täterinnen überführt werden könnten. Heute verjähren Straftaten, die mit lebenslangen Freiheitsstrafen geahndet werden, nach dreissig Jahren.
In den Räten waren die Mehrheiten für das Anliegen knapp. Der Ständerat hatte die St. Galler Initiative zunächst abgelehnt, der Nationalrat dann aber mit 90 zu 89 Stimmen bei 10 Enthaltungen angenommen. In einem zweiten Anlauf im Dezember 2021 gab der Ständerat der Initiative schliesslich mit 21 zu 20 Stimmen Folge. (sda)