Ihre Tochter sei rebellisch gewesen und habe alles hinterfragt. «Wir waren überfordert und am Anschlag», räumte der 45-jährige Vater bei der Befragung ein. «Ja, ich habe sie geschlagen.» Er habe seine Tochter aber nie gewürgt oder mit der Faust zugeschlagen, wie ihm hier vorgeworfen werde. «Nur mit der flachen Hand.»
Die 44-jährige Mutter gab ebenfalls zu, immer wieder Gewalt angewendet zu haben. «Ich habe ihr aus Überforderung weh getan.» Und das ausgerechnet sie, die als Kind selber immer wieder spitalreif geprügelt worden sei, sagte die Hausfrau weiter.
In ihrer Überforderung hätten sie sich an den Elternnotruf und an den Kinderarzt gewandt, sagte der Vater. Dort sei ihnen geraten worden, die Kinder «zum Abkühlen» auch mal ins Freie zu stellen.
Gemäss Anklage wurde die Tochter aber für ganze Tage nach draussen gesperrt, im Winter ohne Schuhe und Jacke. Die mittlerweile volljährige Tochter erzählte in der Befragung, dass sie dann jeweils im Hasenstall, im Keller oder im Auto Schutz gesucht habe.
Die Studentin sagte aus, dass sie sich an keine Zeit ohne Gewalt erinnern könne. Ab einem Alter von fünf Jahren sei sie immer wieder gewürgt, geschlagen oder getreten worden. «Sie stiessen mich die Treppe hinunter und sperrten mich mit Klebeband gefesselt und geknebelt in den Keller.»
Ihr Vater soll ihr Milchzähne ausgeschlagen haben, zudem habe sie zur Strafe vom Boden essen müssen. Im Jahr 2021, sie war bereits volljährig, zeigte sie ihre Eltern bei der Kantonspolizei an, worauf diese für rund einen Monat in Untersuchungshaft kamen.
Der Vater entgegnete, dass seine Tochter «alles viel zu schlimm in Erinnerung habe». Erklären könne er sich das damit, dass sie immer gerne Polizei-Serien geschaut habe, da schnappe ein Kind ja vieles auf. Milchzähne habe er dem Mädchen sicher nicht ausgeschlagen.
Im Rahmen einer Familienbegleitung hätten sie mit allen vier Kindern ein «Vergebens-Ritual» gemacht, sagte der Vater. «Wir haben unserer Tochter gesagt, dass wir sie immer noch lieben. Sie gehört zu uns.»
Die Tochter leidet gemäss eigenen Aussagen heute noch stark unter den «Erziehungsmethoden». «Es gibt Tage, da schaffe ich es kaum aus dem Bett», sagte sie unter Tränen. Sie sei mit alltäglichen Sachen überfordert, habe Probleme im Studium.
Sie leidet unter einer Posttraumatischen Belastungsstörung und versuchte zwei Mal, sich das Leben zu nehmen. Als die Eltern am Montag diese Suizidversuche herunterspielten, weil diese doch «nicht Ernst genommen werden könnten», verliess die Tochter den Gerichtssaal und kehrte nicht mehr zurück.
Die Staatsanwaltschaft fordert für Vater und Mutter vier Jahre Freiheitsstrafe wegen schwerer Körperverletzung. Der Anwalt des Vaters findet hingegen eine Geldstrafe wegen Körperverletzung angemessen. Die Anwältin der Mutter verlangt einen Freispruch. Das Bezirksgericht Horgen wird das Urteil am kommenden Montag eröffnen. (sda)