Zwischen Baden und Frick eskalierte der Streit. An jenem Mittwochmittag im Februar 2018 wies die Zugbegleiterin eine Frau darauf hin, dass ihr Billett zu wenige Zonen abdecke. Es folgte eine Diskussion, die immer lauter und hitziger wurde.
Als die SBB-Mitarbeiterin von der Passagierin eine Unterschrift verlangte, wurde sie von dieser am Handgelenk gepackt. Nachdem sie sich hatte losreissen können, floh sie durch das Zugabteil zur Toilette. Doch die Passagierin folgte ihr und warf sich mit ihrem Körper fünf bis sechs Mal gegen die Toilettentüre, die von der Zugbegleiterin nicht mehr rechtzeitig geschlossen werden konnte.
Von innen stemmte sie sich gegen die Türe, die mehrmals gegen ihren Rücken schlug. Drei Wochen war sie in der Folge arbeitsunfähig, weil sie unter Rückenschmerzen litt.
Die kontrollierte Frau weist die Vorwürfe zurück, ihre Schilderungen weichen in zentralen Punkten von jenen der Zugbegleiterin ab. Sie sei auf dem Weg zu einem Vorstellungsgespräch und dementsprechend nervös gewesen. Der SBB-Mitarbeiterin sei sie gefolgt, weil sie ihren «Swiss Pass» nicht mehr gefunden habe. Sie habe sie aber weder am Handgelenk gepackt, noch habe sie ihr die Toilettentür gegen den Rücken geschlagen.
Der Fall landete bei der Bundesanwaltschaft, die unter anderem für die Verfolgung von Straftaten gegen das SBB-Personal zuständig ist. Weil die Beschuldigte gegen den Strafbefehl Einsprache erhoben hatte, kam es im Juli vor dem Bundesstrafgericht in Bellinzona zum Prozess; am Donnerstagmittag wurde nun das schriftliche Urteil veröffentlicht.
Zwar wurden eine Mitreisende sowie die Zugchefin als Zeuginnen befragt, doch diese hatten nicht den ganzen Streit beobachten können. Aussage gegen Aussage – keine leichte Aufgabe für das Bundesstrafgericht. Die Schilderungen der beiden Direktbeteiligten mussten gegeneinander abgewogen werden.
Das Ergebnis fiel eindeutig aus: Die Aussagen der Zugbegleiterin erachtete der Einzelrichter für wesentlich glaubhafter als jene der Beschuldigten. Diese seien «in sich stimmig, deutlich und anschaulich». Zudem sei kein Motiv erkennbar, warum die SBB-Mitarbeiterin den Vorfall hätte erfinden und die Beschuldigte zu Unrecht hätte belasten sollen. Dazu kommen die ärztlich dokumentierten Rückenverletzungen.
Eine andere Ursache als die Toilettentüre, die mehrmals gegen den Oberkörper geschlagen wurde, hält das Gericht für ausgeschlossen. Es kommt zum Schluss: Ernsthafte Zweifel an der Version der Zugbegleiterin bestünden keine.
Die Passagierin, die für sich einen Freispruch gefordert hatte, wird wegen Gewalt und Drohung gegen Behörden und Beamte zu einer bedingten Geldstrafe von 45 Tagessätzen zu 180 Franken sowie einer Busse von 750 Franken verurteilt.
Deutlich teurer kommt die Frau die Partei-Entschädigung zu stehen: Rund 9000 Franken muss sie der SBB-Mitarbeiterin überweisen. Dazu kommen Genugtuung und Schadenersatz von insgesamt über 1100 Franken sowie die Verfahrenskosten von 3000 Franken. Der Entscheid kann bei der Berufungskammer des Bundesstrafgerichts angefochten werden.
Bundesstrafgerichtsurteil SK.2019.30 vom 9. Juli 2019 (aargauerzeitung.ch)
Und dafür einer bedingten Geldstrafe von 8'000.- (= +/- Monatslohn).
Richtig so, dass Sie nun 13'000.- PLUS Anwaltskosten zahlen muss.
Ja, jeder macht Fehler. Aber eskalieren wenn man eigenverantwortlich (!) Fehler macht und es auch noch haargenau weis? Sorry, das ist mehr als peinlich.