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Bedingte Freiheitsstrafe von acht Monaten für SVP-Kantonsrat

Bedingte Freiheitsstrafe von acht Monaten – SVP-Kantonsrat weitgehend freigesprochen

03.07.2023, 11:4203.07.2023, 20:32
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Der Schwyzer Kantonsrat Bernhard Diethelm informiert an einer Medienkonferenz die ueber die ihn betreffende Anklage der Staatsanwaltschaft, am Mittwoch, 28. Juni 2023 im Rathaus in Schwyz. Diethelm mu ...
Diethelm vor den Medien vergangene Woche.Bild: keystone

Der Schwyzer Kantonsrat Bernhard Diethelm (SVP) hat die schweren Vergewaltigungsvorwürfe am Montag in Zürich abgestritten. Es habe Streit um Geld gegeben, dabei habe er sich gegen die Prostituierte gewehrt. Sie habe ihn gebissen.

Als er sich gewehrt habe, habe er die Frau möglicherweise verletzt, sagte Diethelm vor Gericht. Sie habe ihn zuvor in den Finger gebissen. Vergewaltigen habe er sie aber sicher nicht wollen, beteuerte der Kantonsrat. «Ich habe Rot gesehen, dafür habe ich mich entschuldigt», hielt Diethelm fest.

«Schwierige Situation»

Er habe die Frau geschubst, sie sei zu Boden gefallen. Das könne auch heftiger gewesen sein. Mehr habe er aber nicht getan. Als sie lauthals zu schreien begonnen habe, habe er die Flucht ergriffen. Als Mann sei eine solche Situation eben schwierig, erklärte er.

Die Verätzung an der Nase der Klägerin könne er nicht erklären. Chloroform oder Ähnliches habe er nicht dabeigehabt.

«Chloroform kaufen legal»

Dem SVP-Politiker konnte jedoch nachgewiesen werden, dass er 45 Minuten vor dem Treffen «Chloroform kaufen legal» gegoogelt hatte, hielt ihm ein Richter vor. «Das kann ich mir nicht mehr erklären», sagte Diethelm.

Er selber habe mehr Verletzungen aufgewiesen, als von einem Biss möglich sei, sagte der Richter weiter. Das könne von weiteren Handgreiflichkeiten stammen, so Diethelm.

Dass er bei dem Treffen eine FFP2-Maske getragen haben soll, wies der erklärte Corona-Massnahmengegner zurück. Diese habe er bloss unter Zwang bei der Arbeit getragen.

Alles Teil des Rollenspiels

Der hohe Preis von 4200 Franken, der in Chats belegt ist, sei Teil des Rollenspiels gewesen, betonte der 40-Jährige. Das habe auch die Prostituierte gewusst. Der richtige Preis sei 1500 Franken gewesen. «Was mit diesem Geld passiert ist, weiss ich nicht», sagte er.

Bernhard Diethelm (SVP) hat am Prozess in Zürich das Schlusswort genutzt, um sich bei der Klägerin, einer 26-jährigen Prostituierten, zu entschuldigen. Sein Verteidiger forderte bloss eine bedingte Geldstrafe.

Politische Karriere vorbei?

Der Prozess und die «überrissene Anklageschrift» hätten schwere Folgen für Diethelm, sagte der Verteidiger. So sei seine politische Karriere wohl vorbei. Da dessen ungewöhnliches Sexleben öffentlich ausgebreitet wurde, werde er bei der konservativen Wählerschaft wohl kaum mehr Unterstützung finden.

Diethelm selber zeigte sich bestürzt, dass am Prozess «das Sexuelle so zur Schau gestellt wurde». Ohne seine Familie «wäre ich wohl schon in der Limmat gelandet». Strafrechtlich müsse er für das belangt werden, was er getan habe. Er habe aber nie jemandem schaden wollen und werde «als integre Person geschätzt».

Acht Monate bedingte Freiheitsstrafe

Das Bezirksgericht Zürich hat den Schwyzer SVP-Kantonsrat Bernhard Diethelm am Montagabend zu einer bedingten Freiheitsstrafe von acht Monaten verurteilt. Die Richter sprachen ihn von den schwersten Vorwürfen wie versuchter Vergewaltigung frei.

Neben der Freiheitsstrafe sprach das Gericht am Montag eine bedingte Geldstrafe von 120 mal 100 Franken aus. Für beide Strafen gilt eine Probezeit von zwei Jahren. Die Strafen wurden für einfache Körperverletzung und illegale Pornografie ausgesprochen.

Wegen Tätlichkeiten muss Diethelm eine Busse von 1000 Franken bezahlen. Der Klägerin sprachen die Richter eine Genugtuung von 1000 Franken zu.

Leben nicht gefährdet

Die Klägerin habe glaubhaft und fast ohne Widersprüche ausgesagt, sagte der Richter in der Urteilsbegründung. Am Prozess habe sie dann einiges anders gesagt als in der Untersuchung. Da sei etwa der süssliche Geruch, den sie gerochen haben will. Das Gericht gehe davon aus, dass sie sich im Vorfeld über Chloroform informiert hat.

Dass Diethelm sie gewürgt hat, sahen die Richter als erwiesen an. Das zeigten die Verletzungen am Hals. Dafür wird er wegen Körperverletzung verurteilt. Doch es sei nicht bewiesen, dass ihr Leben dabei gefährdet war.

Kein Hinweis auf Chloroform

Bezüglich der Verätzung und der vorgeworfenen versuchten Betäubung seien keine Rückstände gefunden worden, auch in der Wohnung habe sich nichts befunden, führte der Richter aus. Diethelms Suche nach Chloroform im Internet sei der einzige Hinweis. Doch dieses rieche nicht nach Katzenurin.

Da die versuchte Betäubung nicht nachgewiesen werden konnte, fallen die Vorwürfe der versuchten Vergewaltigung oder sexuellen Nötigung weg, wie der Richter festhielt. Es gebe weder Muster noch Hinweise, dass Diethelm je in dieser Hinsicht auffällig war. Das Gericht geht davon aus, dass eine Auseinandersetzung um den Preis der Anlass für den Vorfall war.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

(lst/aeg/sda)

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153 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Miicha
03.07.2023 13:56registriert März 2014
Und es dann vorher noch googeln, manche Kriminelle machen es denn Behörden aber schon sehr einfach! 🤣
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Horst-Rüdiger
03.07.2023 11:48registriert März 2020
Egal wie dieser Prozess ausgeht, der Mann ist sozial unten durch. Die Strafe ist dann wohl nur noch Peanuts.
Bleibt die Frage was mit dem nach ihm benannten Berg passiert.
Wird der nun umbenannt?
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Chrisbe
03.07.2023 13:12registriert Oktober 2019
Na klar war es alles nicht so schlimm, er wollte doch nur spielen..
Ganz ehrlich, es fällt mir schwer die Unschuldsvermutung zu bewahren..
Mal schauen wie das Gericht enscheidet.
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