Die Verteidiger des nach dem Tötungsdelikt an Marie verurteilten Mannes akzeptieren das Urteil nicht. Das Gericht habe es unter öffentlichem Druck gefällt, argumentieren sie.
Der Mann erhielt eine lebenslängliche Freiheitsstrafe und soll lebenslänglich verwahrt werden. Die Anmeldung der Berufung sei eingereicht worden, sagte Verteidigerin Yaël Hayat am Freitag auf Anfrage. Zunächst muss die Verteidigung aber das begründete Urteil abwarten. Danach hat sie 20 Tage Zeit, um die Berufung zu begründen.
Hayat und Verteidiger Loïc Parein hatten nie einen Hehl gemacht aus ihrer Absicht, das Urteil anzufechten. Das Bezirksgericht der Broye hatte es am 24. März eröffnet und die Höchststrafe ausgesprochen. Nach seiner Ansicht gehört der Beschuldigte zu einer kleinen Gruppe von besonders gefährlichen und nicht therapierbaren Serientätern.
In den Augen der beiden Verteidiger war es dem Gericht nicht gelungen, sich vom Druck der öffentlichen Meinung gegen den «Schwerverbrecher» zu lösen. Ausserdem habe es sich nicht an die Europäische Menschenrechtskonvention halten wollen. «Der Kampf geht weiter, wenn nötig bis nach Strassburg», sagte Hayat.
Der Angeklagte hatte am 13. Mai 2003 die damals 19-jährige Marie in Payerne VD in ein Auto gezerrt und entführt. In der Nacht auf den 14. Mai habe er sie «kaltblütig, skrupellos und ohne Mitleid regelrecht exekutiert», wie der Gerichtspräsident bei der Urteilseröffnung sagte.
Zum Tatzeitpunkt sass der Beschuldigte mit einer Fussfessel im Hausarrest. Er war zu 20 Jahren Gefängnis verurteilt worden, nachdem er 1998 seine damalige Ex-Freundin entführt, vergewaltigt und anschliessend erschossen hatte.
Das Bezirksgericht der Broye verurteilte den Mann am 24. März wegen Mordes, sexueller Nötigung, Freiheitsberaubung und Entführung sowie wegen grober Verletzung der Verkehrsregeln zu einer lebenslänglichen Freiheitsstrafe und zu einer lebenslänglichen Verwahrung.
Antonella Cereghetti, Präsidentin der Waadtländer Anwaltskammer, kritisierte im Gespräch mit der Nachrichtenagentur sda die Live-Berichterstattung über Prozesse. Der Inhalt von Live-Tickern, Push-Meldungen und Tweets aus der Verhandlung könne die Ausgewogenheit und Unabhängigkeit der Debatte beeinträchtigen.
Laufende Zusammenfassungen der Verhandlungen sind in Cereghettis Augen «ein echtes Problem, und ich denke, man sollte sie vermeiden», sagte sie. In ihren Augen müsste diese Frage angepackt werden, denn noch sei nichts entschieden.
Dass aber Live-Ticker die Richter im Fall Marie derart beeinflusst haben, dass sie gegen den Beschuldigten die Höchststrafe aussprachen, bestreitet Cereghetti. Die Waadtländer Justiz sei zwar «streng», aber «unabhängig», sagte sie. Das Gericht habe keinem Druck nachgegeben und mit der Verurteilung zu einer lebenslänglichen Verwahrung wohl eher dem Willen des Stimmvolkes entsprechen wollen. (sda)