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Handyverbot: Ist das wirklich Sache der Schule – oder eher der Eltern?

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Handyverbot: Ist das wirklich Sache der Schule – oder eher der Eltern?

Nach Primar- untersagen jetzt auch Oberstufen die Smartphones. Dass das richtig ist, ergibt sich aus der Spieltheorie.
12.08.2024, 06:1612.08.2024, 06:17
Patrik Müller / ch media
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Nach den Primarschulen führen nun mehr und mehr Oberstufen ein Smartphone-Verbot ein. Die «Schweiz am Wochenende» hat darüber berichtet. Oft gilt kein totaler Bann. Es gibt eine Ausnahme über Mittag: Ein einstündiges Zeitfenster, in dem die Teenager ihr Handy benutzen dürfen, meist in einem dafür definierten Raum. In einem Lesermail wurde der recht originelle Vergleich vorgebracht, über Mittag würde ein «Fixerstübli für die Süchtigen» geöffnet.

Handyverbot Kinder
Gehört für die meisten Kinder heute dazu: Das Smartphone.Bild: Shutterstock

In Briefen an Eltern weisen beispielsweise die Oberstufen in den aargauischen Gemeinden Baden und Frick darauf hin, in der Mittagspause seien die Eltern verantwortlich für den Handykonsum ihrer Kinder. Im Umkehrschluss heisst dies: Ausserhalb dieses Zeitfensters liegt die Verantwortung bei der Schule. Das wirft eine Grundsatzfrage auf. Sollten die Schulen oder nicht eher die Eltern den Kindern Regeln auferlegen?

Zunächst einmal: Ohne Verbote geht es nicht mehr. Liberale Lösungen und Eigenverantwortung sind Teil der schweizerischen Identität. Aber das ist kein Dogma. Alkohol ist für Kinder auch nicht erlaubt, härtere Drogen erst recht nicht. Aus Gründen des Jugendschutzes. Und genau darum geht es auch beim Handy. Der Sozialpsychologe Jonathan Haidt hat in seinem Bestseller «Generation Angst» aufgezeigt, dass überbordender Bildschirmkonsum die psychische Gesundheit von Teenagern gravierend schädigen kann.

In den Fängen der Social-Media-Konzerne

Das Prinzip Eigenverantwortung funktioniert bei den heutigen Smartphones und den vielen Apps nicht mehr. Diese wurden von Konzernen im Silicon Valley und in China genau dafür erfunden, Teenager an den Bildschirm zu fesseln. Man braucht nur Jugendliche zu beobachten, die Tiktok nutzen. Video folgt auf Video, die Algorithmen spielen exakt jene Filmchen ab, die dem Bedürfnis des Jugendlichen entsprechen. Sie kommen nicht mehr von den Geräten los, auch wenn sie möchten. So funktioniert das Geschäftsmodell von Tiktok, Instagram, Snapchat, Youtube & Co.

Darum ist zu begrüssen, dass bezüglich Handynutzung ein Meinungsumschwung einsetzt und die Schulen hoheitlich Verbote verfügen. Warum ist das nötig, wieso sollen das nicht die Eltern tun? Dazu gibt es Alltagserfahrungen und eine ökonomische Theorie, die diese untermauert.

Alltagserfahrungen zeigen: Wenn das eigene Kind weniger Freiheiten bekommt als andere in der Klasse, entstehen zu Hause Konflikte. Das eigene Kind wird zum Aussenseiter. Und weil es das Handy oft für soziale Medien nutzt, wird es vom Informationsfluss abgeschnitten. Darum macht eine übergeordnete Regel Sinn. Statt dass viele Eltern zu Hause einen Kampf mit ihren Kindern darüber führen, wie sie das Handy tagsüber nutzen, tut das die Schule. Das reduziert Streit.

Wer es wissenschaftlicher mag, der kann sich auf die Spieltheorie berufen, insbesondere auf das Gefangenendilemma. In diesem Dilemma stehen zwei Spieler vor der Entscheidung, ob sie kooperieren oder nicht. Wenn beide kooperieren (z. B. die Nutzung einschränken), ist das Ergebnis für beide gut. Wenn jedoch einer nicht kooperiert (keine Einschränkungen), während der andere kooperiert, hat der Abweichler einen Vorteil.

Dies spiegelt das Dilemma wider, vor dem Eltern stehen. Wenn alle Eltern die Handynutzung einschränken würden, hätten alle Kinder ähnliche Bedingungen, und das wäre optimal für deren Gesundheit - und die Gesellschaft insgesamt. Aber sobald einige Eltern nicht mitziehen, fühlen sich die eingeschränkten Kinder benachteiligt, was den Druck auf die strengen Eltern erhöht. Meist geben diese dann nach. Die Gesundheit aller leidet.

In solchen Situationen ist auch aus liberaler Sicht eine Lösung «von oben» sinnvoll. Denkt man noch weiter, müssten nach dieser Logik gar kantonsweite Regelungen erwogen werden.

Die Eltern sind damit längst nicht aus der Verantwortung genommen. Die Handynutzung der Kinder in der Freizeit, an den Wochenenden und in den Ferien bleibt ihre Sache. Das ist anspruchsvoll genug. (aargauerzeitung.ch)

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75 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Laborant
12.08.2024 06:53registriert November 2019
So etwas den Eltern zu überlassen, funktioniert wahrscheinlich nicht. Es wird wohl in jeder Klasse dieses eine Kind geben, welches das Handy erlaubt bekommt... und ohne Kindersicherung. Dass dieses Kind dann von anderen Kids beneided wird, ist klar. Und dann kommen andere Kinder nach Hause und Quengeln mit: "Alle anderen haben ein Handy!"

Ich stelle mir hierbei auch die Frage, ob man iPads dermassen in den Unterricht einbinden muss.
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Cherokee
12.08.2024 07:55registriert Juni 2020
In der Schule während des Schulbetriebs muss die Schule die Regeln für optimalen Unterricht festlegen können.
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Phrosch
12.08.2024 07:55registriert Dezember 2015
Da die Schule für Bildung und Lernen zuständig ist, kann es sehr wohl in ihrer Kompetenz und Verantwortung liegen, so ein Verbot zu erlassen. Während des Unterrichts sowieso, und während der Pausen auch, weil da Bewegung und Entspannung wichtig sind, um danach wieder konzentriert zu sein. Ausserdem braucht es für gesunde Augen genügend Sonnenlicht und in die Weite schauen statt mit gesenktem Kopf auf den Bildschirm wenige Zentimeter vor den Aufen.
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