Donald Trump hat bestimmt noch nie von der Konzernverantwortungsinitiative gehört. Hätte er den Abstimmungskampf in der Schweiz mitbekommen, dann würde sich der abgewählte US-Präsident wohl die Hände reiben. Seine Saat aus Fake News, alternativen Fakten und Beschimpfungen ist auch in der kleinen und vermeintlich geordneten Schweiz aufgegangen.
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Der Abstimmungskampf zur Konzerninitiative war kein Ruhmesblatt für die politische Kultur, im Gegenteil. Heftige Kampagnen gab es zwar schon früher (EWR, DSI), aber noch nie haben Initianten und Gegner in gleicher Weise in die unterste Schublade gegriffen und mit Halbwahrheiten und Lügen operiert, getreu dem Motto «Der Zweck heiligt die Mittel».
Die Gegner unter Führung von Bundesrätin Karin Keller-Sutter warnten in düstersten Farben vor den Konsequenzen der Initiative für die Schweizer Wirtschaft. Grosszügig ausgeblendet wurde, dass das – mehrheitlich bürgerliche Parlament – bei der Umsetzung eine grosse Machtfülle besitzt und im konkreten Fall den Schongang hätte einlegen können.
Die Initianten machten es ihnen allerdings einfach. Ihre auf maximale Emotionalität abzielende, vor Moralin triefende Kampagne wirkte auf viele Stimmberechtigte eher abstossend als aufwühlend. Die Kirchen und die Operation Libero müssen sich die Frage gefallen lassen, ob sie sich mit ihrem Einsatz für die Konzerninitiative wirklich einen Gefallen getan haben.
Noch am Abstimmungssonntag zeigten sich viele Befürworter in den sozialen Medien als extrem schlechte Verlierer. Da wurde das Nein zur KVI in ein Ja zu Kinderarbeit umgedeutet und rechtliche Konsequenzen für die «lügende» Bundesrätin gefordert. Während die siegreichen Gegner ihren Triumphalismus ungehemmt auslebten.
Dabei ist der Grund für das Nein vermutlich ziemlich simpel und prosaisch: In wirtschaftlich unsicheren Zeiten wollen sich die Menschen besonders in der ländlich-konservativen Schweiz nicht auf Experimente mit ungewissem Ausgang einlassen. Vor zwei Monaten hat dieses Argument schon bei der Begrenzungsinitiative der SVP verfangen.
Das Scheitern am Ständemehr ist zwar unschön, dennoch ist es kein Vertrauensbeweis für die Wirtschaft und schon gar kein Votum gegen Menschenrechte und Umweltschutz. Der hohe Ja-Anteil bei der Konzerninitiative wie auch bei der GSoA-Initiative zeigt vielmehr, dass ein beträchtlicher Teil der Bevölkerung ein ethischeres Verhalten fordert.
Nun tritt der windelweiche Gegenvorschlag in Kraft, doch auf europäischer Ebene sind Bestrebungen im Gang, die Unternehmen verstärkt in die Pflicht zu nehmen. Sie dürften durch Corona nur kurzzeitig gebremst werden. Experten warnen schon lange, der Rohstoffsektor könnte zum nächsten grossen Reputationsschaden für die Schweiz werden.
Es droht eine ähnliche Entwicklung wie beim Bankgeheimnis: Ausländischer Druck zwingt die Schweiz in die Knie. Vielleicht wissen wir es einfach nicht besser. Es ist auch ein Fingerzeig an die Initianten: Die Warnung vor einem solchen Szenario hätte ihnen vielleicht mehr genützt, als die zweifelhaften Glencore- und Holcim-Beispiele aus ihrer Kampagne.
In den USA muss Donald Trump im Januar die Koffer packen. Das sollte auch für uns eine Lehre sein: In der Schweiz sollte der Trumpismus so schnell verschwinden, wie er aufgetaucht ist, bevor unsere politische Kultur nachhaltig beschädigt wird. Auf die illusorische Abschaffung des Ständemehrs zu hoffen, ist jedenfalls keine Option.
Das Hauptargument für ein Nein ist meiner Meinung nach korrekt. Ich denke (fast) niemand der hier nein gestimmt hat würde für Kinderarbeit und Ausbeutung stimmen.
- Gewinner sind in der Pflicht
- Niederlage ist eigentlich ein Sieg
- Gegner niedere Motive unterstellen
- Irgend eine Änderung des Systems verlangen
Und am Schluss war's eine "linke, wirtschaftsfeindliche" Initiative.