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Exilrussen kritisieren Besuch russischer Politikerin in Genf

Exilrussen kritisieren Besuch russischer Politikerin in Genf

30.07.2025, 18:0730.07.2025, 18:07

Rund 200 russische Oppositionelle sowie Unterstützerinnen und Unterstützer haben mit einem offenen Brief gegen die Teilnahme der Präsidentin des russischen Föderationsrates, Walentina Matwijenko, und zweier weiterer Kreml-naher Politiker am Treffen der Interparlamentarischen Union in Genf protestiert. Sie fordern eine Strafuntersuchung.

epa12261771 Chairperson of the Federation Council of the Russian Federation Valentina Matviyenko meets with Russian President Vladimir Putin at the Kremlin in Moscow, Russia, 23 July 2025. EPA/MKHAIL  ...
Walentina Matwijenko.Bild: keystone

Adressiert ist das Schreiben unter anderem an Bundesrat und Parlament. Erstunterzeichnerin ist die in der Schweiz ansässige Organisation «Russland der Zukunft -Schweiz». Unter den Unterzeichnenden sind auch die bekannten Dissidenten Ilja Jaschin und Wladimir Kara-Mursa.

Matwijenko gilt als Vertraute des russischen Präsidenten Wladimir Putin. Sie hatte bereits am Montag am von Nationalratspräsidentin Maja Riniker organisierten Gipfel der Parlamentspräsidentinnen in Genf teilgenommen. In den Tagen darauf leitete sie die russische Delegation an der Versammlung der Interparlamentarischen Union (IPU) der Vereinten Nationen in der Rhonestadt.

Die 76-Jährige steht als glühende Befürworterin des Überfalls auf die Ukraine auf westlichen Sanktionslisten – jenen der USA, der EU und der Schweiz. Neben Matwijenko waren auch die ebenfalls sanktionierten russischen Duma-Politiker Leonid Sluzki und Pjotr Tolstoi bereits am Montag in Genf.

Die Schweiz als Gastgeberland hatte die Sanktionen vorübergehend aufgehoben, um die Teilnahme der drei an der Konferenz zu ermöglichen.

Affront gegen ukrainische Zivilgesellschaft

Matwijenko habe die Abstimmung zur formellen Genehmigung des Angriffskriegs gegen die Ukraine geleitet, hiess es im offenen Brief. Wie Sluzki und Tolstoi habe sie den Angriff auf das Nachbarland immer wieder gerechtfertigt. Die Präsenz der drei, die in dem Schreiben als Kriegsverbrecher bezeichnet werden, sei ein Affront gegen die ukrainische Zivilgesellschaft.

Auch aufseiten der ukrainischen Delegation hatte die Präsenz Matwijenkos, Sluzkis und Tolstois Empörung ausgelöst. Olena Kondratiuk, Vizepräsidentin des ukrainischen Parlaments, hatte sich bereits am Dienstag schockiert gezeigt. Sie forderte die Konferenzteilnehmer auf, alle öffentlichen Veranstaltungen mit ihnen zu boykottieren. Jedes Foto oder Händeschütteln bedeute, sich auf die Seite des Aggressors zu stellen.

Das Eidgenössische Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) hatte Mitte Juli auf Anfrage von Keystone-SDA erklärt, dass die Schweiz als Gaststaat dafür zuständig sei, die Einreise der offiziellen Delegierten zu erleichtern. Falls nötig, sollten die Sanktionen vorübergehend aufgehoben werden, um an internationalen Konferenzen teilzunehmen oder sich an einem politischen Dialog über die Ukraine zu beteiligen. (hkl/sda)

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15 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Firefly
30.07.2025 18:37registriert April 2016
Nicht nur Exilrussen kritisieren dies auch Schweizer Bürger. Ich verlange mindestens eine Erklärung und die sofortige Entlassung der Verantwortlichen. Zudem soll jetzt endlich mal durchgegriffen werden bei den Sanktionen, was sind wir denn, eine "Bananenrepublik" die sowas nicht ordentlich hinkriegt?
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Händlmair
30.07.2025 18:48registriert Oktober 2017
Die Ziele der Interparlamentarischen Union IPU sind:
- Förderung des parlamentarischen Dialogs
- Stärkung der Demokratie und parlamentarischer Institutionen weltweit
- Schutz der Menschenrechte von Parlamentarierinnen und Parlamentariern
- Friedensförderung und internationale Zusammenarbeit
- Gleichstellung der Geschlechter in der Politik
- Jugendbeteiligung in politischen Prozessen

Da muss man sich schon die Frage stellen, was Russland, solange der Zar Putin sein autokratisches Regime führt, an dieser Konferenz zu suchen hat.
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Yolanda Hecht
30.07.2025 18:40registriert Juni 2022
"Die Schweiz als Gastgeberland hatte die Sanktionen vorübergehend aufgehoben, um die Teilnahme der drei an der Konferenz zu ermöglichen." Cassis soll jetzt endlich zurücktreten.
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