«Bürgerliche Parlamentarier sorgen dafür, dass niemand etwas hergeben muss»
Die mittlere Krankenkassenprämie steigt im kommenden Jahr im Vergleich mit 2025 um 4,4 Prozent. Sie wird pro Monat 393.30 Franken betragen (+16.60 Franken), wie Innenministerin Elisabeth Baume-Schneider am Dienstagnachmittag bekannt gab.
Der Prämienanstieg ist damit geringer als in den drei Jahren zuvor mit +6,6 (2023), +8,7 (2024) und +6 Prozent (2025).
Trotzdem ist das Plus von 4,4 Prozent für viele Menschen in der Schweiz zu viel. Gemäss einer Umfrage des Online-Vergleichsdienstes Comparis ist ein Anstieg von mehr als vier Prozent für 57 Prozent der Befragten untragbar.
Das Innendepartement (EDI) begründet die höheren Prämien mit den steigenden Gesundheitskosten. Verantwortlich dafür seien die Alterung der Bevölkerung, neue Behandlungsmöglichkeiten, eine steigende Nachfrage nach Gesundheitsdienstleistungen sowie Tariferhöhungen im stationären und ambulanten Bereich.
SP-Wasserfallen: «Im Gesundheitssystem verdienen Einige sehr gut.»
Obwohl der Anstieg niedriger ist als in den Vorjahren, kommt bei Gesundheitspolitikerin Flavia Wasserfallen von der SP keine Freude auf. Sie sagt: «Der konstante Anstieg der Krankenkassenprämien belastet die Menschen in der Schweiz stark.»
Die Begründung des EDI lässt Wasserfallen nur teilweise gelten. Nach wie vor sei das Schweizer Gesundheitssystem zu ineffizient und die Medikamentenpreise zu hoch. «Die bürgerlich dominierte Mehrheit im Parlament macht viel zu wenig dagegen, gerade letzte Woche hat der Ständerat eine Kosteneinsparung durch günstigere Medikamente aus dem Ausland abgelehnt.»
«Im Gesundheitssystem verdienen Einige sehr gut. Ihre bürgerlichen Interessenvertreter im Parlament sorgen dafür, dass niemand etwas hergeben muss.» Die Verteidigung von Pfründen sowie das Finanzierungssystem nach Fallzahlen würden echte Reformen für eine gute, koordinierte Versorgung sowie die Vermeidung unnötiger Therapien oder Eingriffe verhindern.
Als Teil der Lösung sieht Wasserfallen die Prämien-Rabatt-Initiative der SP, welche Anfang 2026 lanciert wird und die Gesundheitskosten fairer verteilen möchte. «Das System der Kopfprämie ist unsozial, mit unserer Initiative könnten 85 Prozent der Haushalte profitieren.»
SVP-Aeschi: «Ein Versagen von Gesundheitsministerin Baume-Schneider»
«Die Entwicklung ist katastrophal», sagt SVP-Fraktionschef Thomas Aeschi zum erneuten Anstieg der Krankenkassenprämien. «Es ist ein Versagen der politischen Führung, nach Alain Berset nun auch unter SP-Gesundheitsministerin Elisabeth Baume-Schneider.»
Die Ursachen für den stetigen Prämienanstieg seien vielseitig. Als einen der Gründe sieht Aeschi Zuwanderer im Alter von 30 bis 50 Jahren. «Sie kommen in die Schweiz, werden hier alt und sind auf medizinische Hilfe angewiesen. Das treibt die Gesundheitskosten in die Höhe.»
Die SVP verlangt daher eine höhere Mindestfranchise und Krankenkassenprämie für neu Zugewanderte und eine «Bagatell-Gebühr», wenn Personen ohne Not eine Notfallaufnahme aufsuchen. «Auch eine Erhöhung der Mindestfranchise ist dringend nötig.» Zudem möchte die SVP die Löhne von Krankenkassen-CEOs deckeln.
Angesprochen auf Interessenvertreter im Parlament, welche im Sinne ihrer bezahlten Gesundheits-Mandate eine Dämpfung der Krankenkassenkosten verhindern würden, sagt Aeschi: «Von den zehn SVP-Mitgliedern in den beiden Gesundheitskommissionen haben neun keine bezahlten Mandate im Gesundheitswesen, auch ich nicht.»
Eine Abschaffung der Kopfprämie zugunsten einer einkommensabhängigen Prämie lehnt Aeschi entschieden ab. «Damit würde eine neue Steuer eingeführt, die wir einfach anders benennen. Die SVP ist jedoch entschieden gegen neue Steuern und Abgaben.»
EDI: «Massnahmen zur Kostendämpfung im Gange»
Die Dämpfung des Kostenwachstums habe Priorität, schreibt das EDI anlässlich der Präsentation der Prämien für 2026. In den kommenden Jahren würden mehrere, kürzlich beschlossene Massnahmen umgesetzt.
2026 tritt der Gegenvorschlag zur Kostenbremse-Initiative der Mitte in Kraft. Der Bundesrat setzt damit Kostenziele für das maximale Kostenwachstum in der obligatorischen Krankenversicherung fest.
Ab 2026 kommt auch der Gegenvorschlag zur Prämienentlastungs-Initiative zur Anwendung. Er verpflichtet Kantone neu, einen Mindestbeitrag zur Prämienverbilligung zu leisten.
Die Einheitliche Finanzierung der Gesundheitsleistungen (EFAS) tritt im Jahr 2028 in Kraft. Sie soll die Prämienzahlenden insofern entlasten, als dass ambulante Leistungen neu nicht mehr ausschliesslich über die Prämien, sondern auch durch die Kantone bezahlt werden.
Einem weiteren Kostendämpfungspaket hat das Parlament in der Frühlingssession 2025 zugestimmt. Das Einsparpotenzial soll bis zu einer halben Milliarde Franken betragen.
